TITANIC-WORLD
nicht vergönnt, die TITANIC-WORLD in Ruhe erleben zudürfen. Madame hatte ihm durch ihre giftigen Kommentare gründlich den Spaß daran verdorben. Die Nachbauten fand sie sterbenslangweilig, denn wen interessierte es schon, in welch‘ entsetzlichem Mobiliar die Menschen des letzten Jahrhunderts hatten wohnen müssen? Die Cyber-Welten sollte man Antoinettes Meinung nach, einfach in die Luft sprengen; möglichst mit Besuchern vollgestopft – schließlich wollten die doch den Tod mal selbst erleben, haha!
Verbittert trank Yves seinen Cognac aus und bestellte gleich einen zweiten. Verwundert bemerkte er, dass es ihn nicht im Mindesten interessierte, ob Anoinette die TITANIC-WORLD nach ihm absuchte oder nicht. Vielleicht war sie so gekränkt, weil er sie einfach stehen gelassen hatte und war wütend alleine ins Hotel zurück gefahren. Von ihm aus hätte sie auch gleich ihre Koffer packen und nach Timbuktu weiter reisen können. Es war ihm egal wohin, nur möglichst weit weg von ihm! Wieder kam ihm der Gedanke an eine Scheidung. Er würde frei sein; frei, um endlich mit einer Frau leben zu können, die ihn glücklich machte. Er dachte an Amélie und der Gedanke, wie schön es wäre, mit ihr durch die TITANIC-WORLD zu schlendern, brachte ihn auf eine Idee. Auf dem Weg zum Rauchsalon war er an dem Souvenir-Shop vorbei gekommen. Da hatte er nicht daran gedacht, ein Geschenk für Amélie zu kaufen; zu groß waren Wut und Hass auf Antoinette gewesen. Doch das würde er jetzt nachholen. Er trank seinen Cognac aus und war gerade im Begriff sich zu erheben, als er Antoinette mit grimmiger Miene auf sich zukommen sah. Wie vom Blitz getroffen, sank er zurück und wappnete sich gegen den Angriff, der unweigerlich kommen musste.
Inspektor Parker und Sergeant Hays saßen auf der kleinen Terrasse des Vodka Revolution in der Bedford Road . Sie hatten hier, auf dem Weg zur TITANIC-WORLD angehalten, um endlich etwas zu essen. Es ging bereits auf sechzehn Uhr zu und beide hatten nur gefrühstückt. Nachdem sie bestellt hatten, kratzte Mike sich nachdenklich am Kopf und sagte: „Die Millers und Philip Jeffries können wir wohl getrost von unserer Liste der Verdächtigen streichen. Keiner der drei wirkte fanatisch oder gar radikal. Außerdem fand ich interessant, was Abbey Miller zu den Ausfällen in den Cyber-Dingern sagte.“
Jon nickte lächelnd und fügte hinzu: „Ja, mir hat die Antwort auch gefallen, obwohl ich nicht an Gott glaube. Wie sagte sie noch gleich?“ Er dachte einen Moment nach und zitierte dann: „Als die TITANIC gebaut war, hieß es: Nicht einmal Gott könne sie versenken! Beim Bau der TITANIC-WORLD wurde vergessen, dass Gott auch einhundert Jahre später noch da ist und sich immer noch nicht verspotten lässt!“
„Für Abbey Miller ist es eine göttliche Fügung und für Craig Forrester ein böswilliger Akt der Sabotage – was ist es wirklich?“
„Wir werden es herausfinden, Mikey.“ Jon trank einen Schluck Cola. „Fakt ist jedoch, dass wir uns in erster Linie auf die Angestellten der TITANIC-WORLD konzentrieren werden.“
„Das gefällt mir nicht, Jon“, antwortete Mike kopfschüttelnd. „Sir Connor hat tausendMal betont, wir sollen diskret vorgehen.“
„Das werden wir. Mach dir deswegen keine Gedanken.“ Jon sah seinen Partner ernst an und erklärte: „Keiner von uns, noch nicht mal der Commissioner, hat ernsthaft in Betracht gezogen, dass einer von 1.503 lost souls in diese Sache verwickelt ist. Wir müssen dem nur nachgehen, weil wir uns sonst mit einem milliardenschweren Industriellen angelegt hätten und du kennst die Scheißregel in dem Scheißspiel – Geld und Macht sprechen ihre eigene Sprache.“ Als Mike nickte, fuhr sein Partner fort: „Wir spielen mit – aber nur du und ich wissen, dass wir gezinkte Karten und ein paar Asse im Ärmel haben.“
„Tu mir einen Gefallen, Jon“, unterbrach ihn Mike mit einem kläglichen Grinsen. „Vergiss die Metaphern und wird‘ endlich deutlich.“
„Klar, sorry.“ Mit einem entschuldigenden Lächeln fuhr er fort: „Nach außen hin überprüfen wir selbstverständlich alle Vereinsmitglieder gründlich; Bill Pepper kann das proforma erledigen. In der Zwischenzeit werden wir die Angestellten genauestens unter die Lupe nehmen – auch die in den Führungspositionen. Ich kann es nicht genauer erklären, aber irgendetwas sagt mir, dass hier eine ganz große Sache im Anmarsch ist.“
Mike musterte seinen Kollegen eine Weile schweigend.
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