TITANIC-WORLD
wurden und vielleicht zwanzig aus den Jahrgängen siebzig bis achtzig. Die jüngeren Generationen – falls sie Aktivisten sind – schließen sich eher Umweltorganisationen, wie Greenpeace oder wwf an; das Moralisieren eines Unglücks, dass hundert Jahre zurückliegt, interessiert sie nicht.“
„Komm endlich zur Sache, Bill“, unterbrach ihn Mike und verdrehte die Augen. „War sonst irgendetwas Brauchbares dabei?“
„Bei 1.503 lost souls ? Nein, ich glaube nicht. Mein Nachbar Dave hat den Verein ins Leben gerufen, aber der Vorsitzende ist ein Mann namens Philip Jeffries. Hier in Southampton gibt es fünfzehn Mitglieder die Informatiker sind und etwa zweihundert, die über eine technische Ausbildung verfügen. Ich habe diese Personen in der Akte rot angestrichen, falls ihr da nachhaken wollt. Das ist alles.“
„Gibt es irgendwelche Querverbindungen zu den Angestellten oder den Sicherheitsleuten?“
Sergeant Pepper sah Parker vorwurfsvoll an. „Unser Computer ist gut, Jon – aber allwissend ist es nicht. Besorg mir die Personalakten oder zumindest ein Personalverzeichnis, dann wissen wir bald mehr.“
Inspektor Parker nickte nur bedächtig. Er hatte genau vor, dass zu tun. Ihm fiel etwas ein und er fragte Bill: „Warum glaubst du, dass das Alter der Mitglieder eine Rolle spielt?“
Der dachte einen Moment nach, bevor er antwortete: „Jungen Menschen traut man diese Form der Sabotage zu, weil sie im Allgemeinen mit der modernen Technik Schritt halten können; bei älteren Menschen ist das seltener der Fall. Außerdem neigen Jüngere auch eher dazu, ihre Ziele mit rabiateren Mitteln durchzusetzen. – Im vorliegenden Fall jedoch, handelt es sich um Menschen, die sich zusammen geschlossen haben, um den Opfern der Katastrophe ihre Stimme zu leihen und mit weniger Aufsehen erregender Aktionen gegen die TITANIC-WORLD protestieren. Sie stellen Mahnwachen auf und suchen den Kontakt zu Mitbürgern und Touristen, um sie auf die Pietätlosigkeit einer Erlebniswelt – deren Ursprung immerhin eine der größten maritimen Katastrophen ist – aufmerksam zu machen. Sie verteilen Flyer und sammeln Unterschriften, um eine Schließung der TITANIC-WORLD herbeizuführen. In dieses Bild passt einfach nicht der vorliegende Tatvorwurf. Außerdem besteht eineeinstweilige Verfügung gegen alle Mitglieder; sie dürfen sich der Pier, an der die Erlebniswelt ankert, nur bis auf einen Kilometer nähern.“
Nachdem sich Parker sich bei Bill Pepper bedankt und ihn entlassen hatte, starrte er lange Zeit ins Leere. Auch Sergeant Hays war in Gedanken versunken. Schließlich durchbrach er die Stille, in dem er fragte: „Und jetzt?“
Jon Parker sah auf die Uhr und antwortete: „Wir werden uns die Leute, die Bill in dem Ordner markiert hat, mal genauer ansehen. Den Anfang können wir gleich machen und zunächst dem älteren Ehepaar einen Besuch abstatten. Danach werden wir noch einmal in die TITANIC-WORLD fahren und uns eine Liste der Angestellten beschaffen. Vielleicht ergibt sich daraus ja ein Hinweis.“
„Nun, sieh‘ dir das einmal an.“ Die nörgelnde Stimme von Madame Leroc wehte durch die Hall of Silence auf dem B-Deck. „Ein Paar Socken; ein altes, löchriges Paar Socken. Was, zum Teufel, soll daran interessant sein?“
„Sie lagen rund neunzig Jahre auf dem Grund des Atlantiks und stammen von der wohl berühmtesten Schiffskatastrophe aller Zeiten“, antwortete Yves. Mit feiner Ironie fügte er hinzu: „Vielleicht macht es sie deswegen so ansehenswert.“
Antoinette warf ihrem Mann einen übelgelaunten Blick zu. Zum wiederholten Male reagierte er heute mit einer ironischen Bemerkung auf ihre Worte und das war etwas völlig Neues. Denn normalerweise antwortete er ihr nur selten und wenn, dann einsilbig. Doch Yves Kommentare verblüfften Antoinette nicht nur, sie ärgerten sie auch. Wenn er so mit ihr sprach, hatte sie das unangenehme Gefühl, etwas Dummes oder Überflüssiges gesagt zu haben. Wortlos trat sie an die nächste Vitrine. Dort waren eine Reisetasche, ein Portemonnaie, aus dem zwei Dollarscheine herausragten und eine Zeitung ausgestellt. Bei näherer Betrachtung ergab sich, dass es sich hierbei um ein Exemplar des Southampton Echo , vom 10. April 1912 handelte. Yves besah die Ausstellungstücke einen Moment. Dann beugte er sich ein wenig vor und las die Beschreibung. Als er sich danach wieder der genaueren Betrachtung zuwandte, hörte er, wie seine Frau meckernd ausrief: „ Mon Dieu ! Was soll denn
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