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Titel: TITLE Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Dumas
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ab, sie bis an ihre Hütte zu begleiten und mit eigenen Augen den Schaden zu sehen, den er angerichtet. Hier angekommen, rief er zwei Bauern, Nachbarn der Frau, und ersuchte sie, den Schaden zu taxieren. Die Bauern machten ihre Berechnung und schätzten den Schaden auf zwanzig Dukaten. Der König nahm aus seiner Tasche sechzig Dukaten und gab davon der Witwe vierzig, indem er sagte, es sei nicht mehr als recht, daß ein König doppelt so viel bezahle wie ein Privatmann. Die noch übrigen zwanzig Dukaten wurden zwischen die beiden Schiedsrichter geteilt.
    Einen Tag in der Woche gab der König Audienz in Capodimonte, einem Palast, welcher vom König Carl dem Dritten ausdrücklich für die Schnepfenjagd erbaut worden. An diesem Tage konnte jeder ohne Audienzbrief zu ihm gelangen und brauchte bloß zu warten, bis die Reihe an ihn kam. Natürlich waren die Vorzimmer allemal gedrängt voll. Ein alter Pfarrer aus der Umgegend von Capodimonte, der sich eine Gnade beim König ausbitten wollte, beschloß von diesem öffentlichen Audienztag Gebrauch zu machen und sich direkt an Se. Majestät zu wenden. Da er aber sich darauf gefaßt machen mußte, kürzere oder längere Zeit im Vorzimmer zuzubringen, so traf er Vorsichtsmaßregeln gegen den Hunger und steckte ein Stück Brot und Käse in die Tasche, nicht etwa um dieses Stück Brot in dem Vorzimmer zu verzehren, denn um keinen Preis hätte er einen solchen Verstoß gegen die Ehrerbietung begangen; da er aber drei Stunden Weges zu Fuß zurückzulegen hatte, um wieder in sein Dorf zu gelangen, so gedachte er, nachdem er seine Audienz gehabt, auf dem Rückwege an dem ersten besten Brunnen Halt zu machen, hier sein Brot und seinen Käse zu essen, einige SchluckWasser dazu zu trinken und, nachdem er sich auf diese Weise gestärkt, sich wieder auf den Weg nach seiner Pfarre zu machen. Als er drei oder vier Stunden gewartet, kam endlich die Reihe an ihn und er trat in das Kabinett des Königs. Der König saß in einem Lehnsessel und zu seinen Füßen lag ein großer Jagdhund, der wegen der Feinheit seiner Witterung sein Liebling war. Kaum war der Geistliche eingetreten, so öffnete der Hund die Nüstern, hob den Kopf empor, machte freundliche Augen und wedelte mit dem Schwanze. Alle diese freundlichen Demonstrationen galten dem Pfarrer oder vielmehr dem Stück Käse, welches er in der Tasche hatte. Man kennt die unwiderstehliche Vorliebe, welche die Jagdhunde für diese Delikatesse haben. So wie der Geistliche unter einer Menge Verbeugungen näher kam, richtete der Hund sich ganz auf und ging ihm mit der freundschaftlichsten Miene entgegen. Der Geistliche, welcher vielleicht nicht glaubte, daß die Demonstrationen des Hundes so freundschaftlich seien, wie sie es wirklich waren, sah seine Annäherung mit Unruhe. Diese Unruhe verwandelte sich in Furcht, als er den Hund hinter sich schleichen sah. Noch ärger aber ward die Sache, als er, während er sein Gesuch vortrug, fühlte, wie die Schnauze des Hundes sich in seine Tasche hineinbohrte. Die Liebe des Königs zu den Hunden war bekannt. Es konnte für den Geistlichen keine Rede davon sein, sich des Lieblingshundes des Königs durch einen Fußtritt zu entledigen, und dennoch begann das Tier die Indiskretion bis zur Zudringlichkeit zu treiben. Was den König betraf, so belustigte dieser Auftritt ihn, der für einen feinen Scherz unzugänglich war, über alle Maßen. Er unterbrach den Geistlichen mitten in seiner schon ohnehin sehr unsicheren Anrede.
    »Ich bitte um Entschuldigung, mein Vater,« sagte er, »aber was haben Sie denn in Ihrer Tasche, da mein Hund es durchaus sehen will?«
    »Ach, Sire,« antwortete der Priester zögernd, »weiter nichts, als ein Stück Käse, welches ich zu meiner Abendmahlzeit bestimmt habe. Es ist, wie Sie selbst sehen, vier Uhr nachmittags, ich habe noch drei Stunden zu gehen, um nach meiner Pfarre zurückzukommen und ich bin nicht reich genug, um in der Stadt zu speisen.«
    »Meiner Treu, Sie haben recht,« hob der König wieder an, »denn eben ist es Jupiter,« – so hieß der Hund – »gelungen, sich des Käses zu bemächtigen. Fahren Sie in Ihrer Darlegungfort, denn nun ist es wahrscheinlich, daß er Sie in Ruhe lassen wird.« Der Geistliche sagte demgemäß, während Jupiter seinen Käse schmauste, was er dem König zu sagen hatte, der ihn mit der größten Aufmerksamkeit anhörte.
    »Es ist gut,« sagte Ferdinand, als der Geistliche zu Ende gesprochen, »wir werden uns die Sache überlegen.«

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