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Titel: TITLE Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Dumas
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selbst gekämpft, sondern bloß hatten kämpfen sehen. Nicht ohne Grund argwöhnte die Königin, daß die in Frankreich proklamierten neuen Prinzipien ihren Widerhall in Neapel finden würden. Der ganze mezzo ceto, welcher größtenteils aus Advokaten, Ärzten, Künstlern und dergleichen bestand, war von diesen Prinzipien durchdrungen. Ganz besonders die Jugend, welche die Bücher Voltaires, die Werke Rousseaus, die Schriften der Philosophen und der Enzyklopädisten begierig verschlungen und welche diese einen Augenblick lang erlaubten Bücher jetzt mit Strenge verboten und mit Eifer verfolgt sah, fragte sich, mit welchem Rechte man sie, wenn ein Nachbarvolk sich zum Lichte hindurchkämpfte, in der Finsternis erhalten wolle.
    Allerdings gab es zum Gegensatze zu der fortschrittsfreundlichen, liberalen und aufgeklärten Bevölkerung einen Adel, der keinen andern Ruhm und keine andere Hoffnung kannte als die bei Hofe und die Gunst des Königs, ferner eine verderbte unwissende Geistlichkeit, welche in dem Siege der französischen Prinzipien den Sturz ihrer Macht und den Verlust ihres Vermögens sah, und endlich ein fanatisches Volk, welches dem Könige Ferdinand aufrichtig ergeben war, nicht bloß, weil er der angestammte König war, sondern auch, weil er in bezug auf das Volk vertraulich und liberal, mit diesem infolge seiner gemeinen Sprache, seiner ordinären Beschäftigungen und seiner niedrigenInstinkte eine Ähnlichkeit hatte, welche aus dem Sohne Carls des Dritten nicht das machte, was er hätte sein sollen, nämlich der erste Edelmann des Königreichs, sondern das Oberhaupt der Lazzaroni vom Hafendamme.
    Man muß ihm übrigens die Gerechtigkeit widerfahren lassen, zu sagen, daß er alle diese Kriegsrüstungen, zu welchen die Königin, der Chevalier Acton und Sir William ihn trieben, vornahm, ohne sich über die Triumphe, welche dieser Armee, die er organisierte, beschieden sein würden, große Illusionen zu machen. Er hatte sich einmal verbindlich gemacht, in dem großen Kampfe, der sich vorbereitete, eine Rolle zu spielen und es gab nur eins, wozu er fest entschlossen war, nämlich sein eigenes Leben nicht unklug auf's Spiel zu setzen. Mittlerweile verging die Zeit und man näherte sich dem 12. Juni, dem für die Flucht des Königs bestimmten Tage. Die Königin sprach mit mir über diesen verzweifelten Versuch ihres Schwagers und ihrer Schwester alle Tage und verhehlte sich nicht, daß sie auf diesen Wurf alles setzten, um alles zu gewinnen. Marie Caroline ließ, ohne zu sagen zu welchem Zwecke, für den 12. Juni in allen Kirchen öffentliche Gebete anbefehlen. Diese seltsame Persönlichkeit vereinte zwei Extreme in sich. Sie war zu gleicher Zeit abergläubisch und freigeisterisch und die bigotten Instinkte kämpften in ihr mit der philosophischen Erziehung.
    Der 12. Juni kam. Die Königin brachte fast den ganzen Tag in der Kapelle des Schlosses auf den Knien zu. Mir erlaubte sie nicht, sie dahin zu begleiten, denn sie fürchtete, daß ich als Ketzerin ihr Unglück bringen könnte. Am Abende jedoch ließ sie mich holen, behielt mich die ganze Nacht bei sich und verbrachte einen Teil der Nacht damit, daß sie auf einer Landkarte diese Flucht verfolgte, welche ihre Gedanken so sehr beschäftigte. »Jetzt müssen sie die Tuilerien verlassen,« sagte sie. »Jetzt müssen sie in Bondy sein, jetzt in Meaux, jetzt in Montmirail.« Erst um fünf Uhr legte sie sich nieder, und erst um acht Uhr schlief sie ein. Am Abend traf ein Kurier aus Frankreich ein, welcher einen Brief von Marie Antoinette brachte. Ich war bei der Königin, als dieser Brief ankam; sie hatte den ganzen Tag nicht erlaubt, daß ich sie verließe. Mit zitternder Hand öffnete sie den Brief, und gleich nachdem sie die erste Zeile gelesen, rief sie ungeduldig: »Denke dir, Emma, sie sind den 12. nicht abgereist.«Mit diesen Worten zog sie ihr Tuch, trocknete sich den Schweiß von der Stirne und, fuhr dann fort zu sprechen, indem sie zugleich weiter las: »Frau von Rochereul, die Geliebte eines Adjutanten Lafayette's, hatte bis zum 13. abends Dienst bei dem Dauphin. Man fürchtete, daß die Sache verraten werde.« – »Man hat klug gehandelt,« murmelte sie, »aber es wäre besser gewesen, wenn man eher daran gedacht hätte.« Sie las wieder einige Zeilen. »Die Abreise ist nun bis auf den 18. verschoben,« sagte sie. »Also noch acht Tage der Angst und Unruhe.« Sie zerknitterte das Papier in der Hand, anstatt es aber von sich zu werfen, steckte sie es

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