TITLE
erbitterte eine Niederlage ganz Paris, führte Aufruhr in den Straßen herbei und trieb ihn von den Straßen bis in die Tuilerien, wo er noch nicht hingedrungen war, denn natürlich würde der König beschuldigt werden, diese Niederlage vorbereitet zu haben, oder sich doch wenigstens darüber zu freuen. Kurz, wenn der König nicht in dem Sturm unterging, wenn das Königtum von Gottes Gnaden triumphierte, zu wessen Nutzen triumphierte es denn? Zum Nutzen Monsieurs und der Emigration, denn Monsieur verbarg seine Absichten nicht länger. Monsieur wollte die Abdankung Ludwig des Sechzehnten und die Regentschaft bis zur Mündigkeit des Dauphin. Besonders die Königin hatte alles zu fürchten, und obgleich ihr energischer Charakter, der dem Marie Karolinens sehr ähnelte, dazu beitrug, daß sie sich mutig der Gefahr entgegenstellte, verhehlte sie sich doch nicht, daß sie weder in Paris noch im Ausland Freunde hatte.
In Paris hatte man sie abwechselnd Madame Defizit oder Madame Veto genannt und das gesamte Volk war ihr Feind. In Koblenz hatte man beschimpfende Lieder auf sie gedichtet und ihre Todfeinde waren Monsieur und der frühere Minister Calonne, der, nachdem er ihr Diener gewesen, sie jetzt haßte, und den Grafen Artois für sich gewonnen hatte, der ihr ehemals freundlich gesinnt gewesen, jetzt aber zu ihren Feinden übergegangen war. So war das siegreiche Frankreich für Marie Antoinette wahrscheinlich die Absetzung. Siegten die Fürsten, so war es noch schlimmer, denn dann blieb ihr nichts übrig, als das Kloster. Der König von Frankreich hatte am 20. April Österreich den Krieg erklärt. Am 28. hatte bei Quiévrain das erste Treffen stattgefunden. Die Revolutionäre waren geschlagen worden, und hatten in einer Scheune den General Theobald Dillon ermordet, den Bruder des schönen Arthur Dillon, den man für den ersten Geliebten Marie Antoinettens ansah. Ja, der Haß gegen die arme Königin von Frankreichwar so groß, daß die Soldaten, welche Theobald mit Arthur verwechselten, diesen aus Haß gegen seinen Bruder umbrachten und über Verrat schrien. Der andere war noch unglücklicher; er starb 1794 auf dem Schafott. Unglücklicherweise wußten die Preußen keinen Nutzen aus, diesen ersten Siegen zu ziehen. Sie besaßen ein so großes Selbstvertrauen, daß der Herzog von Braunschweig, an den die Königin geschrieben, um ihren Schwager und ihre Schwester zu empfehlen, ihr antwortete: »Eure Majestät möge sich beruhigen. Wir sind im Begriff nicht einen Krieg zu führen, sondern einen militärischen Spaziergang zu machen. Unsere Tagemärsche sind im voraus bezeichnet und ungefähr am 15. September werden wir in Paris sein.« Und wirklich nahm der General Clerfayt am 23. August Longwy nach einem vierundzwanzigstündigen Bombardement und am 2. September nahm der König von Preußen selbst Verdun und rückte gegen Paris. Vor diesen etwas beruhigenden Nachrichten jedoch hatten wir unheilvolle Mitteilungen erhalten. Am 10. August waren die Tuilerien mit Sturm genommen und am 13. der König mit der königlichen Familie in den Temple gebracht worden. Dann kam die Nachricht von dem Blutbad in den Gefängnissen. Im ersten Augenblicke meldete man der Königin, daß alle Gefangenen gemordet worden seien, daß man keine einzige Ausnahme gemacht hätte, und daß der König und die Königin mit den anderen umgekommen seien. Marie Karoline glaubte vor Wut und Schmerz wahnsinnig zu werden. Zugleich aber erhielt man einen Brief von Herrn v. Breteuil, dem Agenten Ludwig des Sechzehnten, und einen anderen von Herrn v. Mercy-Argenteau, welche die Königin von Neapel in bezug auf diesen Punkt beruhigten, indem sie ihr meldeten, daß der König und die Königin noch lebten, daß man aber davon spräche, gegen den König einen Prozeß einleiten zu wollen. Herr von Mercy-Argenteau meldete unter anderem in einem Postskriptum, daß die Vendée sich empört hätte. So hatten die Republikaner das Schwert des Auslandes vor den Augen, den royalistischen Dolch in der Flanke.
Zu gleicher Zeit hörten wir von dem Sieg bei Balmy, von der Proklamation der Republik, der Anklage gegen den König und dem wahrscheinlichen Frieden mit Preußen. Der militärische Spaziergang Seiner Majestät des Königs Friedrich Wilhelm hatte sich nicht über die Grenze des Argonnerwaldes ausgedehnt und im Lager von la Lune Halt gemacht. Jetzt entschloß sich Marie Karoline die neapolitanische Regierung mit ins Treffen zu führen. Daserste Zeichen von Feindseligkeit,
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