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TITLE

Titel: TITLE Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Dumas
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beschwichtigen. Ich war nahe daran zu ersticken. Der Lakai kam zurück, öffnete mir die Tür und forderte mich auf eintzutreten. Sir William saß an einem Tisch und las die Korrektur des Werkes, welches er unter dem Titel: »Beobachtungen über den Vesuv« im Begriff stand herauszugeben. Ich blieb auf der Schwelle der Tür stehen und wartete, bis er den Kopf emporrichten würde. Er gewahrte mich, verhielt sich einen Augenblick unbeweglich und sah mich an. Dann erhob er sich, kam einen Schritt auf mich zu und fragte: »Was wollen Sie, schönes Kind?« – Die Stimme versagte mir. Ich konnte bloß einen Schritt auf ihm zugehen und dann halb ohnmächtig auf den Teppich niedersinken. Als er meine Blässe und das Zittern bemerkte, welches sich meiner bemächtigt, zog er die Klingel, um Hilfe herbeizurufen. Der Lakai trat wieder ein. »Es ist ihr unwohl geworden, du siehst das selbst,« rief Sir William. »Komm', hilf mir!« – Der Lakai half Sir William mich auf ein Sofa tragen. Bei dieser Bewegung lösten die Bänder meines Hutes sich auf und mein Haar fiel herab. Wenn ich dies absichtlich und aus Koketterie herbeigeführt hätte, so hätte es nicht besser gelingen können, denn ich besaß das schönste Haar von der Welt. »Riechsalz! Riechsalz!« befahl Sir William.
    Der Lakai brachte ihm ein Flacon; er setzte sich neben mich, lehnte meinen Kopf an seine Schulter und ließ mich das Salzatmen. Ich schlug die Augen wieder auf, welche ich während der letzten Minute mehr aus Furcht denn aus Mutlosigkeit geschlossen gehalten.
    »Ach, Mylord,« murmelte ich, »wie gütig sind Sie!« Und mit diesen Worten ließ ich mich zu seinen Füßen niedergleiten. Er betrachtete mich mit wachsendem Erstaunen.
    »Sie müssen etwas Unmögliches von mir verlangen wollen, Miß, da Sie zweifeln, es zu erhalten,« sagte er. Ich ließ mein Gesicht auf die Hände niedersinken und brach in Schluchzen aus.
    »O Mylord, Mylord,« sagte ich, ohne den Kopf emporzurichten, »wenn Sie wüßten, wer ich bin!«
    – »Und wer sind Sie denn?«
    – »Die Person, welche Sie auf der ganzen Welt am meisten hassen, Mylord.«
    – »Ich hasse niemand, Miß,« sagte Sir William.
    – »Nun denn, welche Sie am meisten verachten.« – Er legte seine flache Hand auf meine Stirn und lichtete dieselbe in die Höhe. »Emma Lyonna,« stammelte ich.
    – »Unmöglich!« sagte er, indem er ein wenig zurückwich, »unmöglich!«
    – »Warum unmöglich, Mylord?«
    – »Mit einem solchen Gesicht ist man keine Verlorene.«
    – »Ein edles Herz wie das Ihres Neffen, Mylord, würde sich auch keiner Verlorenen gewidmet haben.«
    »Ist aber denn das, was man mir gesagt hat, wahr, oder ist es nur ein Gewebe von Lügen?«
    – »Und was hat man Ihnen gesagt, Mylord? Ich bin bereit, Ihre Fragen offen und freimütig zu beantworten. Offenheit ist in meiner Lage die erste Tugend.« –
    »Man hat mir gesagt, Ihre Mutter sei eine Bauernmagd und Sie selbst hätten die Schafe gehütet.«
    – »Das ist wahr, Mylord.«
    – »Dann wären Sie Rinderwärterin in einer kleinen Provinzialstadt gewesen.«
    – »Auch das ist wahr.«
    – »Dann wären Sie nach London gekommen und hätten ein Asyl bei einem wackeren Arzte, Mr. Hawarden, gefunden, der Sie als Verkäuferin in einem Bijouterieladen untergebracht. Ihre schlimmen Neigungen hätten Sie jedoch bald bewogen, diese bescheidene Stellung wieder zu verlassen.«
    – »Alles dies ist wahr.«
    – »Hier aber beginnt ohne Zweifel die Lüge. Sie werden die Geliebte des Commodore Sir John Payne, dann die des jungen Sir Harry Featherson.« – Ich machte eine einfache Kopfbewegung, welche ein Zugeständnis andeutete. »Dann steigen Sie tiefer, immer tiefer herab. Sie werden die Mitschuldige des Charlatan Graham, die Maitresse des Malers Romney, endlich die meines Neffen, dem Sie sich, wie man mir versichert, nur unter der Bedingung ergeben, daß er Sie heirateund von welchem Sie sich ein Eheversprechen unterzeichnen lassen, mit dessen Hilfe Sie ihn zwingen, Ihr Sklave zu sein.«
    »Ich bitte um zehn Minuten Zeit, Mylord, um mich zu rechtfertigen,« antwortete ich. Mit diesen Worten erhob ich mich und eilte aus dem Zimmer hinaus.
    – »Wo gehen Sie hin,« rief Sir William, »wo gehen Sie hin?«
    – »Ich komme sogleich wieder, Mylord.« – Ich eilte mehr fliegend als gehend die Treppen hinunter, sprang in eine eben vorüberfahrende Droschke und rief: »Nach Cavendish Square.« – Fünf Minuten später war ich in Romneys Wohnung. Das

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