Tochter der Hoffnung (German Edition)

Schritte hineingegangen war, erhellte das schwindende Licht die Höhle nur sehr dürftig. Lag da etwa ein Diamant? Der Stein war durchsichtig und schaute nur zur Hälfte aus der Steinwand hervor. Als Ailish ihn mit den Fingerspitzen berührte, fing der Stein heller an zu Leuchten, bis die Farben orange, gelb und rot im Stein zu tanzen schienen. Als sie einen Schritt zurücktrat, legte Liamh von hinten beide Hände auf ihre Schultern. Erschrocken schaute Ailish zu dem Krieger auf, dieser jedoch deutete mit einem Kopfnicken nur in Richtung des Steins. Angefangen von dem nun leuchtenden Stein zogen sich züngelnde Flammen auf der linken Seite die Wand entlang und erhellten somit das Innere des Ganges. Langsam ging Ailish auf die Flammen zu und hielt ihre Hand an die Flammen. Nichts, sie spürte weder Wärme noch Kälte.
    Zu den anderen meinte sie: „Ich spüre nichts. Die Flammen sind nicht heiß.“ Kopfschüttelnd meinte Duncan. „Das muss so eine Art Wegweiser durch die Höhlen sein. Man wollte wahrscheinlich vermeiden, dass man sich in der Dunkelheit oder in den Gängen verirrt.“ Nacheinander ging die kleine Gruppe weiter in das Innere. Liamh bildete die Vorhut, Duncan ging als Letzter. Je mehr sie in das Innere des riesigen Berges kamen, desto öfter verzierten Malereien die Wände auf der rechten Seite. Es waren Bilder von Frauen, Kindern, wunderschönen Pferden und auch Landschaften. Nach einiger Zeit erreichten Sie eine Art kreisförmigen Hohlraum, von dem aus mehrere Gänge in verschiedene Richtungen führten. Die Flammen hatten sich derweil auch hier ausgebreitet und erhellten diese mit einem warmen Licht.
    „Na toll und was jetzt?“ Fragend schaute Ailish die Anderen an.
    „Es muss irgendwo einen Hinweis geben, wohin welcher Gang führt“, beantwortete Danil Ailish`s Frage. Also suchten sie wieder die Wände nach irgendwelchen Hinweisen ab.
    Über einem Gang waren die Worte ´ an bealach seo ` eingraviert. Leise sprach Ailish die Worte nach und strich mit den Fingern darüber. Liamh, der ebenfalls die Schrift entdeckt hatte, schaute Danil fragend an.
    „Weißt du, was das bedeutet?“ Diese jedoch schüttelte nur resigniert den Kopf.
    „Es bedeutet so viel wie ´hier entlang`, “ erwiderte Ailish.
    Auf die erstaunten Blicke der Anderen hin sagte sie: „Im Tagebuch meiner Großmutter stand, dass ich ausschließlich diese Sprache gesprochen habe, als man mich fand.“
    „Wie kommt es, dass du so vieles nicht mehr weißt, du dich aber an die alte Sprache erinnerst? Und in dieser anderen Welt haben die Leute auch die alte Sprache benutzt?“ Fragte Duncan.
    „Nun, ich bin in Irland gefunden worden und habe auch dort sehr lange gelebt. In dieser Welt nennt man diese Sprache Gälisch und sie wird eigentlich nur noch selten gesprochen. Es gibt Teile des Landes, da wird sie häufiger benutzt als in anderen. Jedes Land hat meistens für sich genommen eine eigene Sprache. Aber es gibt eine Sprache, Englisch, die in fast allen Ländern gelernt wird, sodass man sich darüber verständigen kann.“
    Auf die verwirrten Blicke der Anderen hin lächelte Ailish ein wenig. Es war schön, nicht immer nur diejenige zu sein, die nichts verstand.
    „Sprechen denn in diesem Land alle Menschen nur eine Sprache?“ Danil antwortete ihr.
    „Nun, es gibt unsere Hauptsprache, diese nennen wir Bèarla, und es gibt die alte Sprache“, mit diesen Worten zeigte Danil auf die Schrift an der Wand.
    „Die alte Sprache wird jedem Kind von klein an gelehrt, doch seit Alasdair den Thron bestiegen hat, verschwindet unser Wissen. Bei den Männern fing es an, dann fielen die Frauen diesem Fluch zum Opfer. Ich kann mittlerweile nur noch ein paar Wörter. Auch an die meisten Heilkräuter kann ich mich nicht mehr erinnern. Niemand weiß, warum wir unser Wissen, unsere Macht verlieren. Jeder, der sich gegen Alasdair aufgelehnt hatte, wurde entweder sofort getötet oder verschleppt und damit erwartete ihn ein noch viel schlimmeres Schicksal. Die Magie, die uns einst zur Verfügung stand, bediente sich oft der Sprache. Das heißt, durch das Aussprechen eines Wunsches, eines Spruches, gewann dieser an Kraft und der Aussprechende bündelte so seine Gedanken. Doch nun, da unser Wissen schwindet, scheinst du die Einzige zu sein, die das Wissen unserer Vorfahren nicht verloren hat.“
    Grübelnd setzte Ailish sich mit dem Rücken zur Wand auf den Boden und starrte vor sich hin. War sie wirklich diesen Erwartungen gewachsen, die alle an sie