Tochter der Hoffnung (German Edition)
schwieriger, die Fährte zu finden. Ailish bewunderte mit Ehrfurcht das zerklüftete Felsengebirge, das sich nun vor ihr auftat. Die Felsen an denen sie vorbei kamen hatten eine schwarz-weiße Färbung angenommen. Sie durchquerten enge Schluchten und einige kleine Bäche, die sich durch die Landschaft zogen. Als sie an einen größeren Fluss gelangten, folgten sie diesem eine Weile. Die Vogelrufe und das Glitzern des Wassers vermittelten ein friedliches Gefühl. Doch sie wussten beide, dass dieses Gefühl trügerisch war. Ailish war dankbar dafür, als die Sonne langsam unterging, denn die Temperaturen waren so oder so schon zu hoch. Als Duncan keine Fährte mehr fand, brachte sie ihren Wallach zum stehen. Als sie vom Pferd abgestiegen war, schloss Ailish ihre Augen und konzentrierte sich auf die Energien in ihrer Umgebung. Die einzelnen Farben zeichneten sich deutlich ab und schon nach kurzer Zeit konnte sie Liamh`s Energie wahrnehmen. Sie hatte einen angenehmen Türkisfarbenden Ton. Diese Energie zog Ailish magisch an und es kostete sie einige Mühe, sich wieder auf ihre Aufgabe zu konzentrieren. Er war nicht weit von ihnen entfernt und schien sich sehr langsam fortzubewegen. Je näher sie ihm kamen, desto höher stiegen sie in die Berge hinauf, bis sie schließlich die Pferde an einen Baum festbinden mussten und zu Fuß zwischen Felswänden hindurch kletterten. Da Duncan auf Ailish Rücksicht nahm, kamen sie nur langsam voran. Mit einem Zeichen bedeutete Duncan ihr, dass sie von nun an nicht mehr sprechen sollten. Wenn der Grund nicht so ernst gewesen wäre, hätte es Ailish richtig Spaß gemacht, hier zwischen den Felsen herum zu klettern. Nach einiger Zeit erreichten sie einen Weg, der anscheinend öfter benutzt wurde. Duncan hörte die Stimmen zuerst. Mit der Hand deutete er in die Richtung. Erst als sie sich langsam anschlichen, um keine Geräusche zu verursachen, hörte auch Ailish verschiedene Frauenstimmern und eine Männerstimme, die im barschen Tonfall Befehle erteilte. Sie folgten jedoch nicht dem Weg, sondern umgingen ihn ein Stück und suchten dann hinter einem Felsen Schutz. Von ihrem Standort aus hatten sie eine gute Sicht auf den Weg und die Gruppe von Menschen. Ailish unterdrückte einen Aufschrei, als sie Liamh am Boden liegen sah. Er blutete an der Stirn und war anscheinend bewusstlos. Doch Duncan hatte den kurzen Augenaufschlag bemerkt, mit dem Liamh die Umgebung kontrollierte. Als einer der Schergen ihm einen Fußtritt in die Rippen gab, zuckte Liamh nicht einmal zusammen und gab weiterhin vor, bewusstlos zu sein.
Im Flüsterton erklärte Duncan: „Liamh ist nicht bewusstlos, er wartet nur auf einen günstigen Moment, in dem er zuschlagen kann. Kannst du ihm irgendwie mitteilen, dass wir in der Nähe sind?“ Ailish kaute nervös auf ihrer Unterlippe herum, nickte dann jedoch zaghaft. Wieder schloss sie die Augen und stellte sich Liamh`s Energie vor. Als sie sie vor ihrem geistigen Auge sehen konnte, versuchte sie ihm den Eindruck von Wärme zu vermitteln. Das Aufblitzen von Verärgerung zeigte ihr, dass es funktioniert hatte. Sie ließ den Wind leicht über seine Wange und seine Lippen streichen. Liamh musste sich ein Lächeln verkneifen, um nicht aufzufallen. Ailish wurde immer besser. Als er sich kurz umgeschaut hatte, konnte er einen kurzen Blick auf seine Mutter und seine Schwester werfen. Außerdem hatte er den Anführer erkannt. Der Mann war einmal ein angesehenes Mitglied der Wache des Königspaares gewesen. Anscheinend hatte er den Eid, den er geleistet hatte, nicht sehr ernst genommen. Bis jetzt funktionierte sein Plan wunderbar. Er hatte sich gefangen nehmen lassen und seinen Feind in Sicherheit gewiegt. Liamh verdrängte den Schmerz aus seinem Bewusstsein, der ihn bei jedem Atemzug wie tausend Messerstiche durchzuckte. Was ihm nun am meisten Sorgen bereitete, war, dass Ailish in der Nähe war. Wieso gehorchte eigentlich niemand seinen Befehlen? Ailish hatte ihn unmöglich alleine gefunden, Duncan war sicher bei ihr. Damit hatte er zwar Verstärkung bei der Rettung der Frauen, dennoch, sie durften ihre Gegner nicht unterschätzen. Als sie ihn vor den Frauen zusammen geschlagen hatten, konnte Liamh einen kurzen Blick mit seiner Mutter tauschen. Sinéad wusste sofort, was er vorhatte und nickte ihrem Sohn grimmig zu. Soweit er gesehen hatte, waren seine Mutter, seine Schwester und die anderen Frauen unverletzt. Da alle dachten, er wäre bewusstlos, hatte man ihn nicht gefesselt. Das
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