Tochter der Hoffnung (German Edition)
sich etwas unruhig in ihrem großen Himmelbett und doch wachte sie nicht auf. Ein Tiegel mit Farbe und einer Schreibfeder auf dem Tisch fiel um und die schwarze Flüssigkeit breitete sich auf dem Tisch und einem weißen Stück Papier aus. Der Wind spielte auch hier mit der Flüssigkeit und auf dem weißen Untergrund erschienen bald Formen und Striche mit einem kunstvollen Schwung. Zum Schluss strich die warme Briese noch einmal zärtlich über Ailish`s Wange und verschwand dann durch einen kleinen Spalt im Mauerwerk in den Sturm hinaus, um IHM zu trotzen und der jungen Frau im Zimmer noch ein wenig mehr Zeit zu verschaffen.
Duncan klopfte noch vor Sonnenaufgang an ihre Tür und gab ihr somit das Zeichen zum Aufstehen. Ailish hatte doch länger geschlafen, als sie gedacht hatte. Verschlafen strich sie sich die Haare aus dem Gesicht und strich liebevoll über das Amulett, dass sie um den Hals trug. Auch wenn sie sich kaum an ihre leiblichen Eltern erinnern konnte, dieses Amulett war eine Verbindung zu ihnen. Schnell suchte sie ihre wenigen Sachen zusammen, die im ganzen Zimmer verstreut herum lagen und machte sich mit Hilfe einer Wasserschüssel mit warmen Wasser frisch, die ihr jemand vor die Tür gestellt hatte. Zum Zähneputzen kaute sie auf einem Kraut herum, das nach Pfefferminze und etwas Undefinierbarem schmeckte. Die Alte hatte ihr einiges von dem Kraut eingepackt, so musste sie wenigstens keine Angst haben, nach und nach ihre Zähne zu verlieren. Verwundert bemerkte Ailish, dass auf dem Tisch Farbe ausgelaufen war. Beim genaueren hinsehen stellte sie fest, dass auf dem Papier eine Art Karte eingezeichnet war. War das eine Botschaft oder eine Falle? Anderseits, als Ailish das Blatt Papier anfasste, spürte sie nichts Dunkles, im Gegenteil, eine eigenartige Wärme schien sich ihrer zu bemächtigen. Schnell rollte sie das Papier zusammen und steckte es zwischen ihre kleine Tasche. Zuerst hatte sie eine andere Aufgabe zu erfüllen, dann würde sie sich über die Karte weitere Gedanken machen.
Als Ailish auf den Hof trat, hatte Duncan bereits zwei Pferde gesattelt.
„Liamh ist erst vor kurzem aufgebrochen.“ Ailish nickte zur Antwort und nachdem sie ihre Habseligkeiten in der Satteltasche ihres Wallachs verstaut hatte, machten sich die beiden auf den Weg. Nach einiger Zeit erhellten einige rötliche Sonnenstrahlen den schwarzen Nachthimmel und auch die Vögel begrüßten den neuen Tag mit ihren Gesängen. Die Sonne stieg immer höher und wärmte die Reisenden mit ihren warmen Strahlen. Sobald Liamh eine Rast einlegte, machten es ihm Ailish und Duncan nach. Ailish war froh, dass sie nun etwas trainierter war und mittlerweile ohne Schmerzen einige Stunden im Sattel sitzen konnte. Ihr Ritt verlief Anfangs schweigend, beide waren in ihre eigenen Gedanken vertieft. Die Reise zog sich jedoch über zwei Tage hin. Duncan vertrieb ihnen beiden dann am zweiten Tag die Zeit mit Erzählungen über Jugendgeschichten von ihm und Liamh.
„Als Jugendliche suchten wir überall Streit, weil wir als Halbstarke dachten, wir müssten uns erst beweisen. Doch diese Zeit verflog schnell und jeder ging seinen Pflichten nach. Ich habe meine Eltern schon sehr früh verloren und Geschwister habe ich ebenfalls nicht. Zumindest keine Leiblichen.“ Die letzten Worte sprach Duncan mit einem schiefen Lächeln auf den Lippen aus. Ailish war klar, dass Duncan und Liamh so etwas wie Brüder waren, wenn auch nicht blutsverwandt.
„Liamh`s Mutter hat mich sozusagen mit aufgezogen. Später geriet ich immer mal wieder in Schlägereien und Liamh hat mich immer rausgeholt oder er stand mir zur Seite. Ich weiß nicht, wie er auf die Idee gekommen ist, dieser Gefahr alleine entgegen zu treten. Es ist doch Sonnenklar, dass es sich um eine Falle handelt. Doch sein Ehrgefühl verbietet es ihm, uns in Gefahr zu bringen. Und mit Verlaub kleine Prinzessin, du bist meiner Meinung nach durchaus in der Lage, dich selbst zu schützen. Das hast du nun schon oft genug bewiesen.“ Ailish erwiderte das fröhliche Lächeln und hoffte im Stillen, dass Duncan Recht hatte. Denn selbst traute sie sich nicht so viel zu. Als der Nachmittag anbrach und das Licht schon etwas schlechter wurde, veränderte sich die Landschaft. Das flache Land mit den Wäldern und Feldern wich einer hügeligen Landschaft bis hin zu einem Sandsteingebirge. Bis hier her war Duncan den Spuren von Liamh`s Pferd ohne Probleme gefolgt, doch nun wurde das Gelände steinig und es wurde immer
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