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Tochter der Schatten - Vara, M: Tochter der Schatten

Tochter der Schatten - Vara, M: Tochter der Schatten

Titel: Tochter der Schatten - Vara, M: Tochter der Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mona Vara
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sah sie an wie etwas, das man lange entbehrt hatte, oder etwas, an das man sich später einmal erinnern wollte. Sie stand nur da, sah ihn ebenfalls an und brachte kein Wort heraus. Darran war der Erste, der sprach. Langsam und stockend. »Die Welt ist grau ohne dich. Dunkel. Kalt.«
    Gabriellas Lippen zitterten. »Ich bin so froh, dass du hier bist. Ich hatte so Angst um dich.« Sie hielt ihm auffordernd und bittend zugleich die geöffnete Hand hin.
    Darran legte seine darüber. Sie lag wie ein Schatten in ihrer. Und doch war die Verbindung da. Ein tiefes Gefühl der Liebe strömte über Gabriellas Hand in ihren Körper, bis in ihr Herz. Ihr Kopf legte sich wie von selbst in den Nacken, um ihm ihre Lippen darzubieten. Er beugte sich über sie. Der Kuss war nicht verspielt wie zuletzt, als sie ausprobiert hatten, inwieweit Geschöpfe aus verschiedenen Welten oder Dimensionen einander küssen konnten, sondern wehmütig. Eine Welle von Trauer und Sorge ging von ihm aus und fand ihren Widerhall in Gabriella.
    »Ich wünschte so sehr, ich könnte dich berühren«, sagte er leise an ihren Lippen. »So wie …« Ein Mann aus Fleisch und Blut, wie Markus Rita berührt und gehalten hatte. Er sah sie zärtlich an. »Was immer ich bin, ich liebe dich, Gabriella.«
    Gabriella lauschte ihrem Namen nach, immer wieder entzückt von diesem vertrauten Klang aus ihrer Kindheit. So wie er sprach ihn sonst niemand aus; dabei konnte er es nur ein einziges Mal von ihrer Mutter gehört haben.
    »Ich weiß, dass du kein Phantom bist«, flüsterte sie. »Mein Vater ist wie du. Einer von euch.«
    »Du weißt es also, Markus war sich nicht sicher.« Er strich mit den Fingerspitzen zärtlich über ihre Wange. »Er sagte es mir. Und ich weiß jetzt, weshalb du mich weggeschickt hast.« Ein Lächeln umspielte seine Lippen und verschwand so schnell, wie es gekommen war.
    »W…was war mit Markus?«
    »Ich musste ihn den Nebeln überlassen.« Darran stockte, als eine Vision der Nebelwesen in ihm emporstieg. War es das? Schrien die Geflohenen deshalb so? Nicht vor Schmerzen, sondern weil sie die Einsamkeit und Leere nicht ertrugen, in die sie durch die Nebel gezogen wurden? Er schüttelte sich unwillkürlich.
    »Du hast doch …«, Gabriella wurde bleich. »Du hast doch nicht … ich meine, du bist nicht auffällig geworden, oder?«
    »Ich weiß nicht genau, was du mit auffällig meinst«, erwiderte Darran, fast ein wenig belustigt, »aber unauffällig war unsere Ankunft auf Amisaya nicht gera…«
    Er unterbrach sich, fröstelte. Gabriella griff mit beiden Händen nach ihm. »Was ist denn?«
    »Ich weiß es nicht … als würde mich ein Sog von dir wegziehen. In … Kälte und Leere.« War das möglich? Konnten die Nebel hier, in diese Welt, eindringen und ihn holen?
    Gabriellas Augen waren dunkel und angsterfüllt. »Was dieser Mann, dieser Blonde, gesagt hat – stimmt es? Bist du jetzt in Gefahr? Und bin ich schuld daran?«
    »Nein, nein«, er strich beruhigend mit seinen Lippen über ihre Stirn, ihre Wange, schloss die Augen, um so viel wie möglich an Erinnerung mit sich zu nehmen, gleichgültig, was geschah. Zweifellos waren sie schon hinter ihm her. Noch spürte er keinen der Jäger in seiner Nähe, aber er wusste, dass Strabo ihn nicht hierlassen würde.
    Er studierte ihr Gesicht, als wollte er es sich für alle Zeiten einprägen. »Was immer geschieht, Gabriella, vergiss nie, dass ich dich liebe. Du hast keine Ahnung, wie sehr. Dass du damals durch mich hindurchgelaufen bist, hat aus einem gefühllosen Schatten erst wieder ein lebendes Wesen gemacht. Und hätte ich dich nicht wiedergetroffen, ich hätte dich den Rest meines Lebens gesucht.«
    Gabriella wollte ihn halten, griff jedoch hindurch. Und dann geschah etwas, das ihm ebenso Angst machte wie ihr: Er löste sich vor ihren Augen auf. Verschwand einfach wie ein Trugbild.
    Zurück blieb der leere Raum und Gabriellas hilflose Verzweiflung.

Fünfzehntes Kapitel
    Das Erste, was Darran spürte, als er erwachte, war der Schmerz. Zuerst nicht weiter schlimm, eher wie ein unangenehmes Ziehen, befremdlich und ungewohnt, aber bald schon wurde es intensiver, und schließlich war es ihm, als brenne jede Zelle seines Körpers. Seine Lunge schmerzte. Er rang nach Atem, riss die Augen auf. Er wollte schreien, brachte aber keinen Laut heraus. Luft. Er konnte nicht atmen. Er zuckte, wollte sich aufbäumen – sein Körper gehorchte ihm nicht. Und dann, endlich, hob sich sein Brustkorb, und seine Lunge

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