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Tochter der Schatten - Vara, M: Tochter der Schatten

Tochter der Schatten - Vara, M: Tochter der Schatten

Titel: Tochter der Schatten - Vara, M: Tochter der Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mona Vara
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seinerseits vorsichtig in Strabos Gedanken zu forschen. Er fand in der Tat ein ungewöhnliches Interesse für Gabriella. Zuneigung sogar, Angst um sie. Es stimmte, Markus hatte nicht gelogen, Gabriella war Strabos Tochter und er liebte sie …
    Strabos Zorn traf ihn wie ein Hammer. Er stürzte zu Boden, ohne jedoch den Griff um Markus zu lösen, und zerrte, als er fiel, den ehemaligen Jäger mit sich zu Boden.
    Markus war schneller wieder auf als er und zog ihn mit sich hoch. »Was, bei allen Nebeln, hast du getan?«, fluchte er, während Darran nur mit Mühe taumelnd auf die Füße kam.
    »Genauer hingesehen«, erwiderte er gepresst. Er sammelte Kräfte für einen neuerlichen Angriff, aber Strabo schlug kein zweites Mal zu, auch wenn seine Augen vor Zorn glühten.
    »Lass den Mann los, damit er eintreten kann, Jäger!«
    Darran packte Markus nur umso fester. »Das könnte ihn töten.«
    »Du bist verrückt«, sagte Markus mit gepresster Stimme. »Lass mich gehen.«
    »Ich verlange«, fuhr Darran fort, »dass er ungehindert eintreten kann.« Er konnte nicht riskieren, dass Markus tatsächlich in den Nebeln starb. Gabriellas wegen nicht. »Dieser Mann hat einer Frau das Leben gerettet.«
    »Du erzählst mir nichts, was ich nicht schon wüsste.« Strabos Stimme war tief. Er ging langsam um Markus und Darran herum. Noch immer hatte Darran das Tor nicht völlig verlassen. Zum ersten Mal überlegte er, ob darin nicht die Zwischenwelt bestand, in der er lebte: nicht hier und nicht dort, immer in einer Passage gefangen.
    »Du hast also Gefühle.«
    »Ist das alles, was dir dazu einfällt?« Darran spürte nicht nur Markus’ Besorgnis, die wie ein kalter Strom durch seine Hand lief, sondern auch die Neugier anderer Jäger, die von diesem außergewöhnlichen Schauspiel angezogen wurden. Eine Bewegung links von ihm ließ ihn den Kopf leicht wenden. Die Nebelwesen rückten näher. Er presste die Lippen zusammen. Markus würden sie nicht bekommen. »Nicht wenn auch nur noch ein Funken Gerechtigkeit in dieser Welt herrscht.« Strabo sah ihn an und Markus ebenfalls. Er hatte diese Worte unbewusst laut ausgesprochen. Und nun wiederholte er sie.
    Strabo sah zu Boden. Plötzlich spürte er ihn in seinem Geist. Nicht fordernd, nicht zornig, sondern mit seltsamer Müdigkeit. »Ich kann sie nicht fortschicken. Sie gehorchen mir nicht.«
    Darran war es, als hätte ein Eiswind ihn ergriffen.
    »Sie urteilen. Sie richten«, fuhr Strabo fort. »Nicht ich.«
    »Sie sind deine Henker«, widersprach Darran.
    Ein Zucken lief über Strabos Gesicht. Er wandte sich ab. »Nein. Und ich kann nichts tun.«
    »Lass es gut sein«, flüsterte neben ihm Markus. »Lass mich los und mach dich aus dem Staub, wie die Menschen so bildhaft sagen.« Markus ließ die Nebelwesen nicht aus den Augen, eine wabernde silbergraue Masse, die drohend heranglitt. »Geh zu Gabriella. Es wird die letzte Gelegenheit für euch sein, jetzt, wo Strabo über dich Bescheid weiß.« Ein flüchtiges Lächeln, traurig und müde. »Nützt sie gut. Jede Sekunde.«
    Darran löste seine Finger, langsam, widerwillig, einen nach dem anderen. Markus wurde von einem Sog erfasst, der ihn durch das letzte Stück des Tors in die reale Welt Amisayas zerrte. Er sah, wie er auf die Knie sank, sah, wie er sich krümmte, die Nebel ihn berührten, erfassten, einhüllten. Er hielt seinen Blick fest, bis Markus ganz in den wabernden Wolken verschwand. Kein Schrei. Kein Laut mehr. Stille.
    Hass flammte in Darran hoch. Er wartete nicht darauf, dass Strabo ihn ergreifen ließ. Er verschwand. Zu Gabriella.
    Er musste sie noch einmal sehen. Markus hatte recht, er würde sie verlieren, wie Markus Rita verloren hatte. Und wahrscheinlich auch sein Leben.
    ***
    Seit sie heimgekommen war, saß Gabriella über ihrem Tagebuch und zeichnete. Stundenlang malte sie Männchen hinein. Eine Frau mit langem Haar, das sie wie ein Samurai trug. Sie klebte, aufgespießt von einem Schwert, an der Wand, und eine Figur, die Gabriella darstellen sollte, stand daneben, lachte höhnisch und applaudierte.
    Sie hatte Rita nach Hause begleitet, und dort waren sie bereits von der Polizei erwartet worden. Ihren Georg hatte man kurz davor ins Krankenhaus verfrachtet. Seine Verletzung war nicht lebensgefährlich, er war mit einer Platzwunde und einer ordentlichen Beule davongekommen. Gabriella zeichnete mit satter Genugtuung einen Kerl mit einer riesigen Beule auf dem Kopf, so groß, dass er nicht mehr gerade stehen konnte, sondern

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