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Tochter der Träume / Roman

Tochter der Träume / Roman

Titel: Tochter der Träume / Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathryn Smith
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sah hundeelend aus, was mich umso mehr daran erinnerte, dass uns die Zeit davonlief. Er stand um zehn Uhr am Samstagmorgen vor meiner Tür, während ich bei Toast und meinem dritten Kaffee saß in dem Versuch, meine grässliche Laune zu bessern.
    »Was ist mit dir passiert?«, fragte er beim Hereinkommen und betrachtete meine Wange, auf der Karatos ein weiteres Andenken hinterlassen hatte – einen Vorgeschmack auf das, was mir blühte, sollte ich seine Pläne durchkreuzen.
    Aber das hatte ich trotzdem vor.
    »Karatos«, erwiderte ich und schloss die Tür hinter ihm. »Wer sonst, Teufel noch mal.«
    Falls Noah meinen gereizten Ton bemerkt hatte, überging er ihn geflissentlich. Er stellte sich dicht vor mich, wie es seine Art war, und begutachtete eingehender die Verletzung, die der Dämon mir beigebracht hatte. Sein Haar stand nach allen Seiten ab, sein Bart war ungleichmäßig lang und sein Gesicht blass unter der Zornesröte, die ihm in die Wangen stieg. Ich fand ihn schön.
    Wir sahen uns an, und es fiel mir schwer, seinem Blick standzuhalten. In seinen Augen war kein Leben zu sehen, nur Wut, und das ängstigte mich mehr, als Karatos es je könnte. Und es bewirkte, dass meine schlechte Laune schlagartig verflog. »Es ist alles in Ordnung, Noah.«
    Das nahm er mir offenbar nicht ab. Mist, ich nahm es mir ja selbst nicht ab, aber die Worte waren ausgesprochen und schienen seine Wut immerhin ein wenig zu mildern.
    Kühle Finger berührten vorsichtig meine Wange, mieden die verletzte Haut meiner Wunde. »Tut es weh?«
    Ich schloss die Augen, als mich eine Welle von Gefühlen durchströmte, denen ich nicht nachgeben wollte – jetzt nicht. Seine Besorgnis bewirkte, dass ich am liebsten in seinen Armen dahingeschmolzen wäre und mich gern für eine Weile darin vergraben hätte. Dabei hatte ich nur eine kleine Schramme, was nichts war im Vergleich zu dem Verlust, gegen den er ankämpfen musste. Ich würde nicht davonlaufen. Ich war stärker.
    Ich nahm seine Hand, zog sie sacht von meinem Gesicht und hielt seine Finger fest umschlossen. »Ich werde das später heilen. Es wird nicht einmal eine Narbe bleiben.«
    »Das wird ihm nicht gefallen. Narben und Striemen sind Trophäen für Scheißkerle wie ihn«, meinte er mit einem fast selbstgefälligen Lächeln.
    Der düstere Tonfall seiner Stimme jagte mir einen Schauer über den Rücken, und ich fragte mich, wie viele Narben Noah wohl besaß. Bei den Gelegenheiten, bei denen ich seinen Körper erforscht hatte, hatte ich nicht viele entdecken können, aber nicht alle Narben waren äußerlich. Um
das
zu wissen, musste ich keine Psychologin sein.
    »Wie geht es dir?«, fragte ich mit dem dringenden Bedürfnis, das Thema zu wechseln.
    Er zuckte mit den Schultern. »Ganz gut.«
    Ich hob eine Braue. »Wieso habe ich das Gefühl, dass du aus den Ohren bluten könntest und mir immer noch das Gleiche erzählen würdest?«
    Er lachte leise. »Es geht mir gut, Doc. Nicht großartig, aber gut.«
    Seine Worte machten mich so glücklich, wie ich es kaum beschreiben konnte. Es war, als zog jemand in meinem Innern eine Jalousie hoch und ließ den hellen Sonnenschein eines ganzen Tages hereinfluten. Vielleicht sollte ich nicht ganz so hoffnungsfroh sein angesichts dessen, was uns noch bevorstand, und der Tatsache, dass zwischen Noah und seiner Besitzergreifung durch den Dämon nur ich stand – aber so war es nun einmal.
    Ich wollte mich später noch mit Antwoine auf einen Kaffee treffen, mochte Noah aber nicht das Gefühl geben, dass ich ihn abwimmelte. »Willst du mitkommen?«
    Er schüttelte den Kopf. »Ich muss noch etwas erledigen. Ruf mich an, wenn du fertig bist, und sag Bescheid, wo ich dich treffen kann.«
    Sein Gesichtsausdruck wirkte seltsam verhalten, wachsamer als sonst. »Was hast du vor?«
    »Du bist nicht nur dickköpfig, sondern auch neugierig«, brummte er und seufzte dann. »Ich treffe meinen Anwalt.«
    Er hatte einen Anwalt. Einen, den er offensichtlich regelmäßig traf. Manchmal vergaß ich schlichtweg, dass Noah recht viel Geld besaß. »Oh?« Eine leichte Furcht beschlich mich, als wüsste ein Teil von mir bereits, weshalb er seinen Anwalt aufsuchen wollte.
    »Ich will mein Testament aufsetzen.«
    »O Noah. Nein.« Plötzlich wollte ich laut schreien.
    Er schloss mich in seine Arme und hielt mich fest an seine harte Brust gedrückt. »Sch, das ist keine große Sache. Wenn jemand dieses Ding vernichten kann, dann du. Ich weiß, dass du das kannst. Aber ich will

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