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Tochter der Träume / Roman

Tochter der Träume / Roman

Titel: Tochter der Träume / Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathryn Smith
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tat höllisch weh. Ich rang nach Atem, während ich mich mühsam auf den Beinen hielt. Graue Nebelschwaden waberten vor meinen Augen, als ich meinen Blick auf den Dämon richtete.
    Die Schwaden wurden dichter, umhüllten ihn und zogen ihn in sich hinein, bis ich nicht mehr sicher war, ob Karatos tatsächlich verschwunden war oder der Nebel ihn nur verschluckt hatte.
    Der Nebel begann nun, auch mich zu umschließen. Ich hatte nur Vergeltung für das geübt, was der Dämon mir angetan hatte, aber der Nebel hielt
mich
für das abnorme Wesen, nicht ihn. Seine Furcht vor mir verflüchtigte sich allmählich. Ich konnte ihn wispern hören – rauh und leise. Er würde mich verletzen, wenn er könnte, aus Rache für das, was ich ihm zuvor angetan hatte.
    Doch ich verschwendete keine Zeit darauf, abzuwarten, wie seine Rache aussehen würde. Ich war zu schwach, um etwas anderes zu unternehmen, außer zu meinem Portal zu laufen und hindurchzuhechten, während der Nebel wie ein tollwütiger Spaniel nach meinen Fersen schnappte.
    Als ich in mein Schlafzimmer torkelte, blutete ich tatsächlich am Fuß. Ich schlich auf Zehenspitzen ins Badezimmer, um keine Blutspur auf dem Teppich in meinem Zimmer und dem Fußboden im Flur zu hinterlassen.
    Ich reinigte mein Gesicht und den Fuß grob mit Toilettenpapier, säuberte dann beide Wunden mit Seife, Wasser und Hamamelis, trug antibiotische Salbe auf und deckte sie mit einem Mullpflaster ab. Frisch verarztet wankte ich zurück in mein Zimmer und kletterte ins Bett.
    Ich sang mir ein La-la-la-Liedchen vor, um besser einschlafen zu können und mich von den Schmerzen in Gesicht und Fuß abzulenken. Mein Körper vibrierte, und ich fühlte mich auf seltsame Weise gut. Ich hatte Karatos die Hölle heißgemacht, und ich war nicht so leicht zu kriegen gewesen, wie er es sich gedacht hatte. Und das erfüllte mich mit Triumph.
    Was für eine mörderische Art, den Freitagabend zu verbringen.

[home]
    Kapitel 23
    K urz vor Sonnenaufgang spürte ich ein vertrautes Zupfen an meinem Traum-Ich. Ich war absichtlich nicht noch einmal in körperlicher Gestalt in die Traumwelt gegangen, sondern hatte mir stattdessen einen kleinen, paradiesischen Strand erschaffen. Ich lag auf einer Decke im Sand und genoss die warmen Strahlen der spätnachmittäglichen Sonne, als meine Mutter mich rief.
    Sie hatte offenbar von meinem Vater gelernt, wie man aus den Träumen eines Wesens in die eines anderen kam. Ich hatte zwar erwartet, dass einer der beiden Verbindung mit mir aufnehmen würde, um zu erfahren, wie meine Begegnung mit Karatos verlaufen war, doch es überraschte mich, dass es meine Mutter war. Ob Morpheus vermutete, dass es einen Verräter in den eigenen Reihen gab? Oder hatte meine Mutter beschlossen, zu mir zu kommen, weil sie wusste, dass ich mich diesmal nicht von ihr abwenden konnte?
    Ich setzte mich auf und erhob mich schließlich. Ich trug einen schlichten blauen Tankini, der mir ausgezeichnet stand. Wie immer in den Träumen, die ich lenkte.
    Ich folgte der Wesensessenz meiner Mutter – ihrer »Signatur«, wenn man so wollte. Es war, als folgte ich der Duftspur ihres Parfums, als erhaschte ich einen winzigen Blick, als hörte ich ein hauchzartes Wispern – und das alles gleichzeitig. Es war ein schwaches, aber untrügliches Zeichen, und so lief ich ihm über den Strand entgegen, den glatten, warmen Sand unter den Füßen.
    Ich ging die Promenade hinauf und öffnete meinen Verstand für einen fremden Traum. Die Kulisse wechselte, während ich weiterging. Mein kleines Paradies am Meer wich einem Park mit schmiedeeisernen Bänken und gepflegten Rasenflächen. Der Park erinnerte mich an einen alten botanischen Garten, und dann erkannte ich, dass es ein Park in Nova Scotia war, den ich als Kind mit meiner Familie besucht hatte.
    Ich zog mich um, damit ich anständig in diesem Traum aussah – wer auch immer ihn träumen mochte. Jeans und eine Bluse erschienen mir passender für diesen Tag im Spätfrühling, der mich mit warmer Sonne und dem Duft von Rosen und Popcorn empfing. Über mir kreischten die Möwen, als ich an einem trüben Teich vorbeikam, auf dem unzählige Enten und ein schneeweißes Schwanenpaar schwammen. Unter meinen Schuhen knirschte der Kies, was den Kontrast zwischen der ländlichen Kulisse des Parks und dem lebhaften Verkehr draußen vor seinen eisernen Toren noch verstärkte.
    Auf einer Bank auf der gegenüberliegenden Seite des Teichs saßen meine Mutter und meine Schwester Ivy, ihr

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