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Tochter Der Traumdiebe

Tochter Der Traumdiebe

Titel: Tochter Der Traumdiebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Moorcock
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einem Erdbeben erschüttert? Das abgehackte Grollen, das auf das Beben folgte, klang wie höhnisches Lachen.
    Ich sah Oona fragend an, doch sie schüttelte den Kopf. Auch Elric war verblüfft.
    Wieder ein Beben, wieder fielen Steine herunter. Als würde ein Riese hinter uns her stampfen.
    Wenn ich es nicht besser gewusst hätte, dann hätte ich angenommen, dass starke Sprengladungen gezündet worden waren. Ich hatte ähnliche Eindrücke gehabt, als ich mit meinem Bruder, der Ingenieur war, die Baustelle eines Eisenbahntunnels besucht hatte. Mein Bruder war gefallen, als er drei Tage nach Kriegsausbruch einen Schützengraben aushob.
    Ich sah mich nach den riesigen Steinsäulen um. In der Höhle konnte man nicht weit sehen und es war schwer, Entfernungen zu schätzen. Allerdings glaubte ich, in der Ferne flackerndes, wütendes Feuer zu erkennen. Der Phosphor vom See hatte sich zusammengeballt und einen Wirbelsturm gebildet.
    Mehrere solcher schlanken Wirbelstürme näherten sich uns. Kreischender Wind und heulendes weißes Licht zogen durch die Trümmer der Stadt und ordneten sie zu neuen, noch verrückteren Formen an. Etwas an diesen Naturereignissen weckte in mir den Verdacht, sie wären bewusste Wesen oder würden wenigstens von einem denkenden Wesen gesteuert.
    Wir wussten, dass wir um unser Leben laufen mussten. Es galt, einen Graben oder eine Spalte zu finden, in die wir kriechen konnten, damit die Wirbelstürme über uns wegspringen konnten, wie es ihre oberirdischen Gegenstücke taten. Doch das war eine schwache Hoffnung.
    Jetzt schien klar, welche Kräfte Gaynor gegen unsere Freunde entfesselt hatte. Zweifellos hatte ihm irgendeine übernatürliche Macht die Kraft der Ishass geschenkt. Winddämonen. Auch in der irdischen Mythologie hatte ich schon von ihnen gehört. Sie tauchten vor allem in den Märchen der Wüstenvölker auf und wurden oft Ifrit genannt.
    »Kann jemand wie Gaynor sie dem eigenen Willen unterwerfen?«, wollte Oona von Elric wissen.
    »Offensichtlich«, meinte der Albino trocken, während er losrannte.
    Ich bildete die Nachhut, keuchte vor Anstrengung und war außerstande, auch nur eine der vielen Fragen zu formulieren, die mir durch den Kopf schossen.
    Oona gab uns ein Zeichen. Sie blieb stehen und deutete nach vorn. Vor uns lag die dunkle Öffnung einer kleinen Höhle. Da wir die Ishass kommen hörten und es nicht einmal mehr wagten, uns umzuschauen, quetschten wir uns ohne Zögern in das Loch, das kaum groß genug war, um uns alle aufzunehmen. Die Nähe unserer Körper tröstete mich. Es fühlte sich an, als wären wir zu dritt in einen sicheren, leicht zu verteidigenden Mutterschoß zurückgekehrt. Draußen wurde das Kreischen und Krachen lauter und lauter, als die Wirbelstürme dicht über uns hinwegzogen. Dann wurde es still. In der Ferne hörte man weitere Wirbelstürme, doch sie konnten uns nicht gefährlich werden.
    »Das ist eine mächtige Kraft«, überlegte Elric. »Es erfordert großes Geschick, sie zu beschwören. Bedeutende Abmachungen müssen getroffen werden. Ich glaube nicht, dass Ihr Vetter, Graf Ulric, bei all seiner Klugheit einer solchen Sache körperlich gewachsen wäre. Diese Dämonen sind in der Unterwelt berühmt. Man nennt sie die Zehn Söhne, die Ishass. Dies bedeutet, dass er mit dem Chaos verbündet ist, denn die Ishass werden nicht der Ordnung dienen und die Ordnung, außer wenn sie höchst instabil geworden ist, wird nie diese Kräfte für sich einsetzen.«
    Ich bekam Schuldgefühle, weil ich die Off-Moo so voreilig verurteilt hatte. Kein sterbliches Wesen konnte sich solchen Mächten widersetzen. Es war, als wollte man einen Herbststurm allein mit Mut und moralischer Integrität zum Schweigen bringen. Die Off-Moo hatten trotz ihres hohen Entwicklungsstandes nichts, was sie vor diesen Ishass schützen konnte.
    Die Winddämonen zogen in der Nähe vorbei. Sie kläfften und kreischten und bellten wie wilde Hunde, ließen alte Steine herunterkrachen, warfen Säulen um, die Millionen Jahre gebraucht hatten, um zu wachsen. Welchen Sinn hatte diese ungezielte Zerstörungswut? Warum hatte Gaynor sich überhaupt noch die Mühe gemacht, die Zehn Söhne gegen eine bereits besiegte Stadt loszulassen? Was hatten manche Sterbliche nur in sich, dass sie in solcher Zerstörung Befriedigung fanden? Welches schreckliche Bedürfnis befriedigten sie, wenn sie die Werke und die Schönheit zerstörten, die zu schaffen Jahrhunderte gedauert hatte? Glaubten sie die Welt dadurch von

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