Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Tochter Der Traumdiebe

Tochter Der Traumdiebe

Titel: Tochter Der Traumdiebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Moorcock
Vom Netzwerk:
bemerken. Und genau wie manche Haustiere gewissenhafte Besitzer haben, gibt es andere, die schlechten Menschen gehören. Deshalb kann man zwar sagen, jeder habe einen Schutzengel, doch die Unglücklichen unter uns haben achtlose Engel.«
    Wir lagen auf einer breiten Terrasse und blickten in ein Tal hinunter, das wahrscheinlich noch nie von irgendeinem Licht erhellt worden war. Jetzt wurde es von den marschierenden Wirbelstürmen ausgeleuchtet, von den Zehn Söhnen, die als lockere Gruppe von wirbelnden, kreischenden Lichtern herumsprangen. Offenbar wurden sie von irgendetwas unter Kontrolle gehalten, denn sie folgten fügsam den Fackeln der blinden Kannibalen, die Gaynor befehligte. Die Fackeln waren nicht für sie gedacht, sondern für Gaynor und seine Nazis, deren Pferde ebenfalls blind waren. Ab und zu fiel ein riesiger Schatten auf eine Mauer aus altem fleischfarbenem Fels. Die riesigen Troogs, die blinden Wilden, und die Nazis mit ihren schwarzen und silbernen Uniformen. In der Tat, ein übles Bündnis. Tiere und Menschen. Halb Menschen und halb Tiere. Sie watschelten und hopsten, schlurften und tanzten, schritten und ritten. Einige stolperten. Ironischerweise hatten viele gelernt, sich in der Dunkelheit zurechtzufinden, wurden aber jetzt vom Licht geblendet. Eine zerlumpte Armee. Eine hässliche Armee. Eine widerliche Armee, die erbarmungslos gegen den Nebelgrund marschierte.
    »Kann es sein«, fragte ich, »dass wir schon von unseren Engeln verlassen sind? Habt ihr schon einmal so etwas Groteskes gesehen?« Ich deutete auf Gaynors Armee.
    »Kaum«, antwortete Oona. Ihr liebliches, wunderschönes Gesicht, eingerahmt vom langen weißen Haar, wurde mit einem traurigen, klugen Ausdruck kurz in meine Richtung gedreht. Einen Moment lang, als sie den Blick wieder abwandte, hatte ich ein ganz außergewöhnliches Gefühl. Ich glaube, ich war dabei, mich in sie zu verlieben. Und natürlich machte ich mir Gedanken, ob es moralisch vertretbar sei.
    Oona war nicht meine, sondern Elrics Tochter. Doch an welchem Punkt konnte ein Wesen, das sich seines Platzes im Multiversum sicher war, entscheiden, die Beziehungen zu ignorieren, die es zu Millionen anderen Geschöpfen hatte? Ich konnte gut verstehen, wie nachteilig es war, sich voll bewusst zu sein. Vor Jahren, am Anfang seiner Ausbildung in der Zauberkunst, hatte Elric möglicherweise vor der Entscheidung gestanden, ob er wissend oder unwissend sein wollte und sich entschlossen, dem Multiversum gegenüber unwissend zu bleiben. Denn sonst wäre er möglicherweise nie mehr fähig gewesen zu handeln.
    Wie mag es sein, wenn man sich der Tatsache bewusst ist, dass jede Handlung, zu der man sich irgendwo entschließt, überall in Raum und Zeit Folgen hat? Man würde natürlich sehr vorsichtig werden, wenn es um die Frage geht, mit wem man sich einlässt. Auch in Bezug auf die Dinge, die man sagt oder tut. Man könnte erstarren und völlig handlungsunfähig werden. Oder man flieht in einen Zustand umfassender Ignoranz und weist jegliche Kenntnis zurück.
    Oder man wird zum Draufgänger und ist wie Elric bereit, jederzeit alles aufs Spiel zu setzen. Denn wenn man alles riskiert und verliert, ist die Belohnung immerhin noch seliges Vergessen. Vergessen war es, wonach sich die arme, gequälte Seele so häufig sehnte. Diese Sehnsucht machte Elric zu einem unsicheren Bundesgenossen. Nicht jeder schließlich wollte im Kampf das Vergessen suchen. Etwas in mir freute sich immer noch darauf, in die Ruhe meines alten Anwesens zurückzukehren und mich den stillen Freuden eines Lebens auf dem Lande hinzugeben. Nicht dass es so aussah, als könne sich dieser Wunschtraum in der nächsten Zeit erfüllen.
    Elric dachte stirnrunzelnd nach, er schien irgendwelche Berechnungen anzustellen. Ich sah ihn nervös an und hoffte, er würde nicht wieder einen seiner tollkühnen Angriffe unternehmen. Wir drei konnten es mit diesen eigenartigen Heerscharen nicht aufnehmen.
    Vorsichtig und jede verfügbare Deckung nutzend, arbeiteten wir uns näher an Gaynors entsetzliche Armee heran. Die Winddämonen schienen sich zum Schutz der Flanken und der Nachhut postiert zu haben. Ich konnte mir nicht erklären, wie mein Vetter sie steuerte.
    »Woher kennen Sie diese lebenden Tornados?«, flüsterte ich. »Sind Sie ihnen schon einmal begegnet?«
    »Nicht allen zehn auf einmal«, erwiderte er. Er schien ungehalten über die Störung. »Einmal habe ich ihren Vater beschworen. Diese Wind-Wesen herrschen über

Weitere Kostenlose Bücher