Tochter Der Traumdiebe
durch welchen Zauber sie hergekommen war. Oder durch welchen Zauber sie es geschafft hatte, uns herzubringen. Ich wollte nicht fragen, ich wollte es nicht wissen.
Nachdem er Fackeln in Löcher gesteckt hatte, die offensichtlich zu eben diesem Zweck in die Wände geschlagen worden waren, bedeutete Elric mir, ich solle absteigen und ihm zurück zum Eingang des Tunnels folgen. Er wollte sicher sein, dass Gaynor uns nicht gefunden hatte. Wir bewegten uns vorsichtig und rechneten halb damit, die Verfolger zu sehen - aber wir waren ihnen entkommen. Draußen war es stockdunkel. Ich hörte Elric schnüffeln und spürte seine Hand an mir zupfen, da ich ihm folgen sollte.
Wir bewegten uns durch stockdunkles Gelände, doch Elrics Füße traten sicher auf. Er benutzte die Ohren ebenso wie den Geruchssinn. Wieder wurde mir bewusst, wie sehr wir uns doch voneinander unterschieden. Er war ein Melniboneer, seine Sinne waren weitaus schärfer als die meinen.
Als er völlig sicher war, dass Gaynor und seine Männer weitergeritten waren und keine Ahnung hatten, wo wir uns versteckt hielten, führte er mich durch den Tunnel zurück in die große Höhle, wo Oona schon dabei war, ein Feuer aufzubauen und etwas von der Nahrung, die wir dem Troog abgenommen hatten, zuzubereiten.
Wir aßen sparsam. Elric saß ein Stück abseits, die Stirn gerunzelt, wölfisch. Offenbar in tiefem Nachdenken versunken, wollte er nicht gestört werden. Oona und ich wechselten einige Worte. Sie beruhigte mich. Wir versteckten uns nicht nur, erklärte sie mir. Wir brauchten einen Platz wie diesen, weil noch mehr Zauberei vonnöten sei. Sie war nicht sicher, wie lange ihr Vater noch genug Energie finden würde, aus welcher Quelle auch immer, um weiterzumachen. Es sei noch zu viel zu tun, murmelte sie. Dabei achtete sie darauf, dass ihr Vater uns nicht hörte.
Als wir fertig waren, winkte Elric uns aufzustehen und nach draußen zu gehen. Als er sicher war, dass Gaynor sich nicht mehr in der Nähe aufhielt, trug er mir auf, die Pferde zu holen. Zu dritt drangen wir dann wieder in die Dunkelheit ein, nur beim Licht einer kleinen, langsam brennenden Wachskerze, die Elric hielt, um uns den Weg zu weisen. Mehrere Kilometer ritten wir über den Felsboden der Höhle, bis er stehen blieb. Wieder eine vorsichtige Pause, dann nahm er eine unserer Fackeln heraus und zündete sie an. In diesen Teil der unterirdischen Welt war Gaynors Armee nicht vorgedrungen. Alles wirkte so unberührt, wie es immer gewesen war. Doch bei einer Gruppe Stalagmiten, die einem Kreis von Off-Moo ähnlich sahen, die den Kopf zum Gebet gesenkt hatten, lag etwas.
Es war eine der großen schwarzen Katzen, die von den Troogs gefürchtet wurden und die Gaynor irgendwie verzaubert hatte.
Das Tier war riesig. Elric ging zu ihm und versuchte es anzuheben. Oona kam ihm zu Hilfe, dann auch ich. Erst zu dritt konnten wir das Tier anheben.
»Wir müssen sie mitnehmen«, sagte der Melnibonöer. »Wir benutzen die Pferde.«
Die Pferde waren nicht begeistert, so nahe zu einem der Panther geführt zu werden, ganz zu schweigen davon, auch noch einen davon zu tragen. Wir bauten eine Schlinge und schafften es nach einigen Rückschlägen endlich, den riesigen Körper in unser Versteck zu schleifen.
Oona und ich waren erschöpft, doch Elric wurde von einer fieberhaften Energie getrieben. Er schien sich auf das, was er zu tun hatte, sogar zu freuen.
»Warum haben wir dieses Tier hierher geschleppt?«, fragte ich schließlich.
Er winkte abwehrend.
»Eine weitere Beschwörung«, erklärte er. »Zuerst aber brauchen wir ein passendes Opfer.« Ich sah Oona an. Wollte er einen von uns töten?
18. Alte Schulden und neue Träume
Oona nickte knapp und rannte aus der Höhle. Elric ließ sie laufen. Auf mich achtete er überhaupt nicht. Ich fragte mich, ob dies der Grund dafür war, dass er mit denen, die er möglicherweise bald würde töten müssen, von vornherein keine enge Beziehung einging. Eine Ironie, dachte ich, dass mein eigenes Schwert meine Seele trinken sollte.
Nach einer Weile stand er auf, nahm ein Pferd und lief zurück zum Eingang.
»Soll ich hier bleiben?«, fragte ich.
»Wie du willst«, sagte er.
Also folgte ich ihm. Meine Neugierde war weitaus stärker als die Furcht, er könne sich gegen mich wenden.
Er war aufgesessen und trieb das Tier durch die Dunkelheit. Glücklicherweise war mein Pferd gern bereit, dem Artgenossen zu folgen. Auf diese Weise verlor ich nicht den Anschluss zum
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