Tochter Der Traumdiebe
Ein roter Blitz, der rasch in unsere Richtung flog, immer weiter beschleunigte und mit gewaltigem Dröhnen heranbrauste, als zupfe jemand an den Saiten einer riesigen Gitarre, die verstärkt wurde, bis sie in der ganzen Schöpfung zu hören war.
Elric kam hastig auf die Beine und gesellte sich zu uns. Er grinste und keuchte wie ein Wolf. In den Augen stand wilde Mordlust. Ein triumphierender, hungriger Ausdruck.
Er sagte nichts zu uns, sondern sah zur roten Wolke hinüber, die sich wieder Gaynors Lager und den Zehn Söhnen näherte, die am Rand des Lagers tanzten.
Dann hob Elric den Kopf, riss das Runenschwert in einer triumphierenden Geste hoch und begann zu singen.
Ich kannte das Lied. Ich kannte Elric. Ich war Elric gewesen. Ich wusste, was es bedeutete. Ich wusste, was es sagte. Doch ich konnte nicht wissen, welche Wirkung es haben würde. Ich glaube nicht, dass ich trotz aller Konzertbesuche jemals im Leben etwas so außergewöhnlich Schönes gehört habe. Eine Drohung mochte darin zum Ausdruck kommen, auch Triumph und grausame Verzückung - und doch war es wunderschön. Es war, als hörte ich einen Engel singen. Eine vielschichtige, modulierte Melodie, vorgetragen mit einer einzigen fremdartigen Stimme. Sie trieb mir die Tränen in die Augen. Sie ließ mich an Kummer und Trauer denken. Ich trauerte um den Tod des Mannes, dessen Hinrichtung ich gesehen hatte. Ich hörte das Leiden mit einer Stimme sprechen, wie sie noch nie in der Welt vernommen worden war.
Elrics Lied ließ die Troogs auf der Stelle innehalten.
Ich sah Oona an. Sie weinte. Sie verstand etwas an ihrem Vater, das mir ein Rätsel blieb.
Das Lied schwoll an und ich bemerkte, dass Rabenbrand eingestimmt hatte. Es war ein beinahe körperlich spürbarer Klang. Ich fühlte, wie er mich umhüllte. Ich spürte körperlich das verworrene Lied. Tausend verschiedene Gefühle regten sich gleichzeitig in meinem Blut und meinen Nerven. Etwas in mir wurde durch das Lied gestärkt, doch körperlich schwächte es mich, bis ich kaum noch auf den Beinen stehen konnte.
Dann kam ein weiteres Lied dazu. Es kam aus der Ferne des grauen Horizonts. Ich sah Fetzen von rotem Licht von einer unsichtbaren Quelle ausgehen. Rote Finger wanden sich wie Seile durch die Felssäulen und griffen über die Reihen der riesigen Armee hinweg. Eine gewaltige Hand wurde durch die Höhle ausgestreckt. Die Hand Gottes. Oder die Hand Satans. Die Flammenhand wurde zur Faust geballt und die Faust zog die Zehn Söhne in sich hinein, die aufgeregt zu wirbeln und zu summen begannen und sich der Züchtigung des Altvaters widersetzen wollten. Das weiße Feuer flackerte und tobte, doch die Hand wurde weiter ausgestreckt, um es ganz zu umfassen.
Gaynors Lager war in hellem Aufruhr. Ich sah eine Gestalt aus seinem Zelt stürzen und auf eins der blinden Pferde steigen. Ich hörte Signalhörner und Trommeln. Verwirrung brach aus, als halb bekleidete Männer versuchten, die Pferde unter Kontrolle zu halten. Die blinden Kannibalen rannten ziellos umher und versuchten, im Durcheinander ihre Waffen zu finden. Nur die Troogs wussten genau, was ihnen bevorstand. Viele von ihnen rannten bereits in die Dunkelheit davon, fort vom Nebelgrund, während die rote Hand des Altvaters die wilden, kreischenden Söhne einsammelte. Ihr wildes Ausweichen, als er sie packen wollte, löste Felsnadeln von der Höhlendecke und ließ die Steine fliegen.
Ein Strom von Fackeln bewegte sich ungeordnet in allen Richtungen, als Gaynor mehr Licht verlangte.
Wir konnten ihn jetzt sehen. Er saß auf einem großen Albinopferd. Es verdrehte wild die roten Augen, schnaubte und witterte, spielte aufgeregt mit den Ohren und versuchte, die Quelle der Geräusche zu finden. Doch Gaynor beherrschte den Hengst allein mit einer Hand und den Knien. In der zweiten Hand hielt er das Elfenbeinschwert. Das Schwert, das Miggea mit ihrer Magie geschaffen hatte. Er trieb das Pferd in unsere Richtung, aber für mich sah es so aus, als wüsste er nicht genau, was vor sich ging. Hauptsächlich wollte er wohl die fliehenden Troogs und die Wilden zum Umkehren bewegen. Seine Männer folgten auf ihren eigenen Pferden. Sie schlugen die Fußsoldaten, brüllten sie an und vergrößerten die Panik dadurch nur noch. Zwei Nazis ritten hinter den Troogs, die sich gerade auf den Angriff vorbereiteten.
Eine gemeinsame Sprache hatten sie nicht. Die Nazis brüllten, die Troogs brüllten zurück.
Elric tauchte plötzlich aus der Deckung auf und rannte mit
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