Tochter des Drachen
hatte denken wollen, spielte keine Rolle mehr. Denn in diesem Augenblick brodelte etwas Schwarzes aus dem Fels. Erst hielt sie es für Dampf von explodierenden Geschossen, aber der Winkel stimmte nicht. Es stieg nach oben statt abwärtszusinken. Dann wurde das schwarze Brodeln immer größer und größer, wogte, waberte ... und sie erkannte plötzlich Beine. Krallen. Flügel.
Oh, mein ... »Hoch! Max 4, hören Sie? Hochziehen, hoch, HOCH!«
Die Nayaraptoren flogen nicht aus den Höhlen, sie explodierten, schossen in einer riesigen, zwitschernden schwarzen Wolke aus stachelbesetzten Schwänzen, nadelspitzen Zähnen und rasiermesserscharfen Krallen ins Freie.
»Feuer einstellen!«, brüllte McGinnis und stopfte sich den kleinen Finger ins Ohr. »Feuer einstellen!« Das Kreischen der Raptoren war so schrill, dass es schmerzte, wie Fingernägel auf einer Schiefertafel. Die Härchen auf seinen Unterarmen und in seinem
Nacken stellten sich dabei auf. Er brüllte weiter den Befehl ins Mikrofon, weil er keine Ahnung hatte, ob ihn bei diesem Höllenlärm überhaupt irgendjemand hörte. Aber zumindest in seiner Umgebung reduzierte sich das Feuer auf ein paar vereinzelte MG-Schüsse und einen letzten Laserblitz.
Und dann stand er nur noch mit weit offenem Mund und hängenden Schultern da und starrte nach oben. McGinnis hatte noch nie einen Raptorschwarm geschlossen auffliegen sehen. Natürlich nicht. Wenn man auf Deneb Algedi lebte, betete man, das niemals sehen zu müssen, denn wenn man es sah ... konnte man aller Wahrscheinlichkeit nach mit dem Leben abschließen. Die Nayaraptoren schossen himmelwärts, strömten aus den Felswänden wie ein tiefschwarzer, um einhundertachtzig Grad gedrehter Wasserfall ... höher, immer höher, bis sie auf etwas trafen, das ihre Aufmerksamkeit wert war.
Genau wie die Dracs, dachte McGinnis.
Stellen Sie sich ein recht großes Wespennest vor -und dann das, was passiert, wenn man einen Stock nimmt und es von der Wand schlägt. Und dann nehmen Sie das mal zwanzig. Nein, mal fünfzig. Oder besser mal hundertfünfzig Trillionen.
Nicht einmal in den schlimmsten Albträumen hatte Hines jemals so etwas gesehen. Der Himmel war eine einzige brodelnde Masse Raptoren, wogend und wabernd, wie eine turmhohe Gewitterfront, und erfüllt von einem unheiligen heiseren Kreischen, das
Hines durch den Helm hindurch hörte und bis in die Zehenspitzen fühlte. Weit unter sich sah sie ihre Hubschrauber abdrehen, nach links und rechts aus dem Weg der geflügelten Reptilien schwenken. Aber Hubschrauber waren keine Luft/Raumjäger. Sie brauchten viel mehr Zeit und Platz, um abzudrehen, zumindest solange sie nicht in der Luft standen. Und sie konnten nicht einmal annähernd so schnell aufsteigen.
Mad Max 4, den Staffelführer, erwischten sie zuerst. Ein senkrecht aufwärtskreischender Raptor, wie von einer unsichtbaren Hand in den Himmel gezerrt, krachte in den Balac, als die Maschine gerade hart nach steuerbord schwenkte und sich dabei zwangsläufig abwärts neigte. Plötzlich erfüllte ein Schauer, nein, eine Fontäne von Blut und Fleischfetzen die Luft um den Hubschrauber. Der Balac hüpfte aufwärts, als seine Rotorblätter das Reptil erfassten und in Stücke hackten. Als die traurigen Überreste des Nayaraptors vom Rumpf des Kampfhubschraubers abprallten, kippte die schwerfällige Maschine weg und stürzte wie ein Stein.
»Nein!« Hines konnte nur entsetzt zuschauen, wie der Balac in einen Donar schlug, dessen Flugbahn er kreuzte. Die Hubschrauber kollidierten und brachen in einer spektakulären Explosion auseinander. Brennende Trümmerstücke regneten auf die Insel hinab, und eine Pilzwolke aus orangefarbenen und gelben Flammen stieg in Richtung Sonne empor.
Dann knisterte die Luft vor Laserfeuer, das sich zwischen den vier verbliebenen Hubschraubern kreuzte. Die Schüsse erwischten ein paar Raptoren, brannten ihnen das Fleisch von den Knochen und bohrten sich durch dunkle Schuppenleiber, doch das machte die restlichen Tiere nur noch wütender, und der ganze Schwarm schwenkte herum, stieß dieses infernalische Kreischen aus und stürzte sich auf die vier Maschinen.
»Bringen Sie mich runter, RUNTER!«, schrie Hines den Piloten an. Ihr Magen blieb irgendwo in der Luft hängen, als der Pilot die Krähe in einen steilen Sturzflug drückte. Hines fummelte an ihren Kontrollen und schaltete die Sichtprojektion auf Zielerfassung um. Die Krähe hatte keine Raketen und nur einen Laser, aber bei Gott, sie wollte
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