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Tochter des Drachen

Tochter des Drachen

Titel: Tochter des Drachen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ilsa J.Bick
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Quant-tze, Biham Präfektur III, Republik der Sphäre
    24. Dezember 3134
    Die Seeluft war erfreulich kühl und schneidend. Sie schmeckte nach Salz, mit einem winzigen Hauch von Aluminium. Eine leichte Bö fegte über Sir Reginald Erikssons Stirn und durch die schütteren Reste einer einst vollen, seidigen Haarpracht von der Farbe reifer Kornähren, inzwischen weiß gebleicht wie von der Sonne ausgedörrte Knochen. Eriksson klopfte die Haare mit der l ink en Hand in Form, doch dazu musste er ein wenig die Füße versetzen, um auf dem Sand nicht den Halt zu verlieren. Und ein stechender Schmerz bohrte sich in seine rechte Hüfte. Ärgerlich stützte er sich auf den Gehstock, um das Gewicht zu verlagern. Genau wie er war auch der Stock ein Relikt vergangener Tage: Holzofen-getrocknetes Amarant mit leuchtend purpurner Maserung und einem L-förmigen Messinggriff, der von drei Generationen Erikssons glatt geschliffen war. Sir Reginalds einzige Tochter, Rachel, war vor vierzig Jahren im Kindbett gestorben, ihr Baby tot geboren. Mit den beiden war die Hoffnung auf eine Fortsetzung des Adelsgeschlechts gestorben.
    Eine Welle hob sich, brach und fiel in sich zusammen, lief schäumend auf dem lederbraunen Sand aus, bevor sie sich mit gedehnten Fingern und einem leisen Zischen wieder zurückzog. Die Zeit ist wie das Meer, ständig in Bewegung, rastlos und ungeduldig. Und zum unbarmherzigen Meer der Zeit verhielt er sich wohl wie der Sand, der von der verstreichenden Zeit langsam davongetragen wurde.
    Wieder flüsterte der Sand, diesmal jedoch hinter ihm: Schritte. Dann hörte er ihre Stimme. »Du bist schwer zu finden, Sir Reginald.«
    Eriksson lachte trocken, als sie neben ihn trat. »Vielleicht will ich mir damit weniger Entschlossene vom Halse halten, Katana. Ich könnte dich verhaften lassen, das ist dir hoffentlich klar. Anlass hätte ich mehr als genug.« Er musterte sie, und was er sah, gefiel ihm. Mein Gott, sie sah gut aus. Fit. Ihre Haut glänzte in der Sonne. Das tiefschwarze Haar war etwas länger und rahmte das ovale Gesicht wellend ein. Die Frisur gab ihr ein weniger strenges Aussehen und betonte die hohen Wangenknochen, die leichte, an eine Katze erinnernde schräge Stellung der schwarzen Augen. Über den schwarzen Wadenstiefeln aus Leder trug Katana eine olivgrüne Gefechtsmontur. Am linken Kragen prangte eine apfelgrüne stilisierte Katakanaziffer Fünf auf kirschrotem Grund. Über der rechten Brusttasche war das Symbol ihrer Fraktion eingestickt: eine Variation des draco-nischen Drachen-Mons, in der sich der schwarze Drache kreisförmig um ein feuerrotes Feld legte, in deren Mitte sich drei schwarze und eine weiße Raute zu einer größeren Raute formierten, die auf der weißen Spitze stand. Sein Blick glitt abwärts zu ihrer Hüfte, und er zog die Augenbrauen hoch. »Keine Schwerter?«
    Sie lächelte. »Ich gehe nicht davon aus, dich heute retten zu müssen, Sir Reginald. Soweit ich gehört habe, hast du alle Banditen von Biham vertrieben.«
    »Kaum. Aber Biham hat nichts, was das Schmuggeln wert wäre. Ich werde deinen Anblick an jenem Tag nie vergessen. Die gefletschten Zähne, die wirbelnden Schwerter... Ich hatte keine Ahnung, dass sich Hände so schnell bewegen können.«
    Katana rümpfte die Nase und zuckte die Achseln, eine sehr mädchenhafte Geste, und Erikssons Gedanken flogen zurück ins Jahr 3119, als sie siebzehn Jahre alt gewesen war und er fast das Leben verloren hatte. Wäre Katana nicht genau im richtigen Augenblick aus dem Sportzentrum gekommen, hätten diese Schmuggler Hackfleisch aus mir gemacht. Katana hatte die beiden Männer in dreißig Sekunden zerstückelt. Vielleicht sogar noch schneller. Und ihm dabei auch eine Todesangst eingejagt.
    »Worüber lächelst du?«
    Eriksson blinzelte und kehrte in die Gegenwart zurück. »Ach, nichts. Die Gedanken schweifen schon mal ab, wenn man älter wird. Das ist alles.« Er bemerkte, wie ihr Blick zu seinem Gehstock glitt, und zu der Hand, die den Messinggriff umklammerte. Er sah sich durch ihre Augen: die Altersflecken auf seinen Händen, die geschwollenen Gelenke, die Schultern, die seinen Oberkörper zum Ansatz eines Fragezeichens krümmten. »Kein schöner Anblick«, stellte er locker fest.
    »Wir sind beide älter.«
    »Wohl wahr. Du hast dich verändert, und damit meine ich nicht nur den Zahn der Zeit. Was du jetzt tust, Welten erobern und für das Kombinat beanspruchen ... das ist nicht die loyale junge Frau, die ich kannte.«
    Ihr Blick war

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