Tochter des Drachen
leises Knistern durchdrang die plötzliche seltsame Stille auf der Brücke, als würden sämtliche Besatzungsmitglieder den Atem anhalten. Dann ertönte eine Männerstimme: »Grüße, Tai-shu Sakamoto. Katana Tormarks Agenten halten sich auf Junction auf. Man wird sich um sie kümmern. Die Verräterin selbst ist inzwischen auf dem Weg nach Klathandu
IV, aber sie wird nur von einem alten Mann begleitet. Ihre restlichen Kommandeure sind auf ihre Posten zurückgekehrt. Ihr Weg ist frei. Möge Ihr Tag mit einem ehrenvollen Sieg enden.«
Sakamoto wartete, aber das war die gesamte Botschaft. Mehr war auch nicht vonnöten. Er drehte sich langsam um, ließ den Blick über die Gesichter der Brückenbesatzung schweifen: den Funkoffizier, den Armierungsoffizier, den taktischen Offizier. Schließlich erreichte er Worridge, die schräg hinter ihm stand. Sie stand kerzengerade und mit ausdrucksloser Miene da, in Gefechtsuniform.
Ah, du bist ein stilles Wasser, Tai-sho. Sein Blick wanderte über ihr Gesicht, suchte nach Spuren von Schwäche oder Zweifel, fand aber nichts. Solange du tust, was ich verlange, darfst du dir deine privaten Gedanken machen - sonst könnte dir schnell der Kopf fehlen, den du brauchst, um sie länger aufzubewahren.
Worridge runzelte leicht die Stirn, als Sakamoto grinste. »Tai-shu?«
»Nichts.« Er winkte ab, dann verschränkte er die Hände im Rücken und sprach zur Brückenbesatzung. »Der Koordinator hat mir versichert, ich soll erst handeln, wenn die Zeit reif ist, Ich sage, es gibt keine bessere Zeit als genau diese jetzt. Kapitän?« Er blickte zum Skipper des Schiffes. »Wenn Sie so gut wären, Gefechtsalarm zu geben.«
Aus den Bordlautsprechern des Schiffes gellte der Alarm, und Sakamoto nickte Worridge zu. »Jetzt.«
Luftraum über Sharpendale, Uranday, Chichibu Präfektur II, Republik der Sphäre
26. April 3135
Um 3 Uhr liebte Major Todd Hammond seine Frau. Um 4 Uhr 30 beugte er sich über die Wiege seiner Tochter. Als er ihr einen Kuss auf die runde kleine Wange drückte, stieg ihm der süße Duft von Babypuder und warmer Milch in die Nase, und er blieb einen Moment länger dort unten, um ihn sich einzuprägen. Um 5 Uhr 15 saß er bei einer Einsatzbesprechung auf einem Metallstuhl, der so kalt war, dass er ihm die Wärme aus den Knochen zog. Und um 7 Uhr 20 machte sich Major Todd Hammond bereit zu sterben.
Die nächste Turbulenz krachte frontal in seinen Luft/Raumjäger und schlug mit einer Gewalt auf den Bug seiner Maschine, dass Hammonds Zähne klirrten. Das Triebwerk des Luzifer stieß ein hohes, stotterndes Winseln aus, als wollte es jeden Moment den Dienst verweigern. Fluchend kämpfte der Major mit dem Knüppel, als sein Jäger bockte, senkrecht wegsackte und sich dann wieder himmelwärts kämpfte. Gott sei Dank flog er keinen leichten Sperber. In einem derartigen Sturm hätte es ihn ebenso durchgeschüttelt wie eine einzelne Erbse in einer Konservendose. Alles in allem konnte er vermutlich froh sein, dass ihm zumindest dies erspart blieb. Der Sperber flog als Kundschafter vor Hammonds Doppelschwarm voraus und hielt Ausschau nach dem Feind.
Seine Aufgabe war es, den Gegner zu finden, Flugrichtung und -winkel festzustellen und weiterzuleiten, und dann davonzubrettern, so schnell der Vollschub ihn beschleunigen konnte, bevor er in seine Atome zerlegt wurde - falls er noch konnte.
Das Gewitter war unerwartet hereingebrochen, wenn auch nicht annähernd so unerwartet wie vier Tage zuvor die Dracs. Die Kurita-Angreifer hatten sie mit heruntergelassener Hose beim Nasebohren erwischt. Zwei Sprungschiffe und annähernd genug Landungsschiffe, um den ganzen Planeten zu entvölkern, falls sie das planten. Und angesichts der Tatsache, dass sie gestern erst einen Doppelschwarm Republik-Jäger atomisiert hatten ... Das war eine ziemlich unmissverständliche Botschaft über die Absichten der Dracs. Laut und deutlich.
Natürlich hätte eigentlich nichts davon passieren dürfen. Nach all der Unruhe, die die Dracs in Präfektur I stifteten, und den Gerüchten, sie würden sich in III auf Tormark stürzen, war niemand darauf vorbereitet gewesen, am allerwenigsten das Oberkommando der Republik. Terra hatte alle Jäger für den Kampf gegen die Stahlwölfe und den Schwertschwur abgezogen. Wer auch immer für diese brillante Entscheidung verantwortlich zeichnete, er hatte damit de facto jede Hoffnung eines erwähnenswerten, geschweige denn effektiven Widerstands auf Chichibu zunichte gemacht. Die
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