Tochter des Drachen
Nur jemand, der auf Ancha groß geworden war, erkannte, dass das Torfmoor, einmal aufgewühlt, gute fünfhundert Meter tief und so gefährlich wie Treibsand war. Dieses Moor erstreckte sich mit Ausnahme dieses Engpasses hier fünf Kilometer in beide Richtungen, und Buck zählte auf... Na ja, er zählte auf die Arroganz der Dracs und auf sein Glück.
Wieder hob er das Fernglas. Die Mechs schossen in Sicht. Die Digitalanzeige meldete ihm, dass es hier in etwa fünf Minuten sehr hektisch zu werden versprach. Er spie einen Strahl schwarzen Tabaksaft in den Sumpf, zog sich den Stetson vom Kopf, wischte sich mit dem Unterarm den Schweiß von der Stirn und knallte sich den Hut wieder auf. »Jungs? Es wird Zeit, ein paar Mechs zu schießen.«
Frage: Wie erledigt ein BattleMech verräterische Renegaten?
Antwort: Mit links.
Der Kerl mit dem verrückten Hut andererseits ... Nun, der war zumindest ungewöhnlich. Hoch oben in der Kanzel seines glänzenden, fünfundsiebzig Tonnen schweren Rokurokubi suchte Chu-sa Terry Merrick vom 4. Schwert des Lichts das Gelände vor sich ab. Geistesabwesend kratzte er sich im Nacken und war dankbar, dass er einen der neuen, leichteren
Neurohelme trug, die auf dem Kopf saßen, statt ihn ganz zu umschließen. Er und seine Lanze waren noch zwei Kilometer vom Kamm entfernt, und er sah auf den ersten Blick, dass der Plan des Hutträgers Spuren von Brillanz verriet. Das Tal hatte die ungefähre Form einer etwa fünf Kilometer durchmessenden Schüssel. Ein feiner Nebel hing wie ein riesiges Spinnennetz über der aufgewühlten Erde. Sie war problemlos zu überqueren. Das Einzige, was entfernt problematisch wirkte, war der Rand einer steil aufragenden Klippe gerade voraus. Zungen aus grauweißem Geröll auf dem Hang reichten bis zu Felsbrocken, die am Fuß aufgehäuft waren. Er erkannte mit einem Blick, dass die Felsen keinen Halt boten. Der Granit war mit brüchigem Kalkstein versetzt.
Es summte im Helmlautsprecher, und der Pilot des Katapult meldete sich. »Merrick-san, ich zeichne Körperwärme hinter den Felsen dort oben. Kasu. Der Abschaum könnte ebenso gut ein Hinweisschild aufstellen.«
»Wahrscheinlich warten sie darauf, dass wir den ersten Zug machen.« Das kam aus dem Rudeljäger. »Darf ich vorschlagen, dass wir ausschwärmen, statt geradewegs auf die Klippe zuzuhalten, Chu-sa?«
»Hai, genau das habe ich mir auch überlegt. Wir marschieren einen halben Klick weit ins Tal. So bleiben wir außer Reichweite der Panzer und des Schmitt.«
»Kein Grund zur Besorgnis«, lachte der KatapultPilot. »Ich brauche nur einen klaren Schuss, Merrick-san, und der Kono yaro ist Geschichte.«
»Ich will hoffen, das ist keine leere Prahlerei.« Merrick verspürte weniger Begeisterung, als er erwartet hatte. Ein paar hundert Blaue ins Jenseits zu schicken, machte ihm nichts aus, und er war stolz auf seinen Mech, wusste, dass dessen zehn Meter langes Katana dem Gegner echte Angst einjagte. Die gesamte Konstruktion war sorgfältig und bewusst darauf ausgerichtet, einen Samurai in voller Rüstung darzustellen, und so sollte es auch sein. Denn Merrick gehörte zum Schwert des Lichts, der absoluten Eliteeinheit des Kombinats.
Aber war das hier wirklich auch ein ehrenhafter Kampf? Man erzählte sich, dass Sakamoto Angriffe auf zivile Ziele befohlen hatte, als gäbe es die seit Jahrhunderten existierende Ares-Konvention nicht. Nur jämmerliche Schläger ermordeten Zivilisten, und sie waren Krieger. Es lag keine Ehre darin, wehrlose Zivilisten zu töten. Oder auf Gegner zu feuern, die offensichtlich den Befehl haben, sich zurückzuhalten. Der Zorn hatte ihnen in stilisierten Kämpfen halbherzige Hiebe versetzt und damit ihre Abneigung gezeigt, gegen Brüder im Geiste zu kämpfen. Und wir haben mit tödlicher Gewalt darauf geantwortet. Auch darin liegt keine Ehre.
Verärgert schüttelte Merrick den Kopf. Was sollten diese Gedanken? Ich lebe, um zu dienen. Meine Ehre liegt im Gehorsam, und meine Pflicht ist der Kampf. Was auch immer er über dieses ganze Unternehmen dachte, etwas war sicher: Inzwischen würde der Zorn sie töten, wenn er die Gelegenheit erhielt.
Also war für Moral später noch genug Zeit. Merricks Ansichten über Sakamotos Taktik mussten warten. Sie hatten einen Feind zu bekämpfen - und wenig Zeit dafür. Was konnten ein paar Dutzend Infanteristen und altersschwache Panzer schon gegen das Schwert des Lichts ausrichten?
»Temae!«, befahl Merrick und grinste, als der willkommene und
Weitere Kostenlose Bücher