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Tochter des Drachen

Tochter des Drachen

Titel: Tochter des Drachen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ilsa J.Bick
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Glühwürmchen. Das Knirschen der Aktivatorgetriebe in Knien und Knöcheln des Rokurokubi drang durch die Kanzel. Dann sah er sie, durch einen grauen Dunst von Pulverdampf: Die Soldaten des Zorn brodelten hüpfend, Haken schlagend, sich duckend über den Klippenkamm - wie Termiten im verrotteten Inneren eines alten Baumstammes.
    Der Katapult stand links von ihm und leicht voraus. Er sah, dass die Maschine in Schwierigkeiten steckte ... Nein, in mehr als nur Schwierigkeiten. Auch wenn die Autokanone trotzig Granaten aus abgereichertem Uran auf die Klippe feuerte und der Mech Tonnen leichter war als seine Maschine, so war er auf seinen rückwärts geknickten Vogelbeinen fast bis zum Gyroskopgehäuse versunken.
    Dann sah Merrick aus dem linken Augenwinkel ein paar Rauchwolken, und sein Blick zuckte herum ... Raketen!. »Vorsicht!«, brüllte er und riss den Mechtorso in einer wilden, verzweifelten Drehung herum, feuerte gleichzeitig einen knisternden blauen PPK-Blitz ab, um die Geschosse abzufangen. Aber er war zu langsam. Die zischenden Raketenpfeile sausten vorbei, dann krachte eine Serie von gewaltigen Donnerschlägen, die Merrick trotz ausgeschalteten Außenmikros hörte, als sie in die rechte Schulter des Katapult einschlugen. Der Mech wankte ... und dann zündeten seine beiden fünfzehnrohrigen Raketenlafetten. Erst die rechte, dann, nur ein paar Millisekunden später, die linke. Merrick kniff die Augen zusammen. Die grellen orangefarbenen Feuerbälle der Munitionsexplosionen brannten sich in sein Gehirn. Der Boden bebte heftig genug, um Granitfelsen die Klippe herabzuschleudern. Merrick stellte sich die schrillen Schreie in den Tod stürzender Soldaten vor, teils lang anhaltend, wenn sie immer tiefer in dem gnadenlos ins Verderben saugenden Morast versanken, der an ihren Beinen zerrte, ihren Armen -und schließlich ihre Lunge füllte. Andere endeten kurz und abrupt, wenn sie auf einem Felsen zerschellten.
    Dann traf die Druckwelle der Detonationsserie Merricks Maschine. Der Mech kippte nach links, er riss den Knüppel nach rechts, zu stark, und spürte, wie sich der Koloss in einem absurden Winkel neigte. Er stürzte. Er fiel in ... !
    Nein, nein, neineineineineineineineinein! Merrick blieb gerade genug Zeit zu registrieren, dass sich die Welt träge um ihre Achse drehte, der Himmel vorbeizog und der Klippe gerade voraus Platz machte, dann dem Katapult, dessen Torso in ein Halo aus Flammen und brodelndem Qualm gehüllt war, und dann dem schwarzen Morast, der auf ihn zustürzte ... Er schrie und spannte den rechten Arm, rammte den Ellbogen des Rokurokubi in den Sumpf. Sein Cockpit hing acht Meter über dem Moor, und dieses Manöver verschaffte ihm höchstens etwas Zeit, mehr aber auch nicht.
    Ein dumpfes Wummern, und der Chu-sa zuckte zusammen, als der Katapult auseinanderflog. Der Fusionsreaktor in seinem Innern war aufgebrochen wie das kollabierende Herz einer sterbenden Sonne. Klumpen von geschmolzener Panzerung und Endost-ahl regneten in einem feurigen Hagel auf das Moor herab, und ein Stück des Katapult - Merrick hatte keine Ahnung, welches - flog auf sein Kanzeldach zu. Er zog den Kopf ein, drehte sich weg. Ein ohrenbetäubender KNALL! Das Kanzeldach riss weder, noch brach es auf wie eine Eierschale. Es implodier-te. Panzerglassplitter prasselten auf ihn herab, und er war hilflos, hatte keine Möglichkeit, ihnen auszuweichen. Er hörte das hohle Hämmern der Glassplitter auf dem Neurohelm, und jetzt wünschte er sich, er besäße einen der alten Neurohelme, denn der Splitterhagel zerfetzte seine Wangen. Das Blut lief ihm über den Hals. Glasscherben schlugen auf seine Brust. Seine Kühlweste riss auf, graue Kühlflüssigkeit spritzte heraus, vermischte sich mit seinem Blut, verfärbte sich zu einem schmutzigen, giftigen Schiefergrau. Er schrie auf, als sich ein Splitter, scharf wie ein Messer und lang wie ein Speer, durch seine rechte Schulter bohrte, Muskeln und Knochen durchschlug und ihn an die Pilotenliege nagelte. Brennende Schmerzen explodierten in seiner Brust und er stieß einen langen, heulenden Schrei aus.
    Das Einzige, was verhinderte, dass er auf der Stelle starb, war die simple biologische Tatsache, dass das menschliche Herz links sitzt.
    Vor Merricks Augen funkelte es erst orange, dann rot, dann schwarz, als Übelkeit seine Kehle heraufstieg. Würgend versuchte er flach zu atmen, betete zu Gott, bitte, bitte ... Aber jeder Atemzug war eine neue Qual, und dann wurde es immer schwieriger, Luft

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