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Tochter Des Krieges

Tochter Des Krieges

Titel: Tochter Des Krieges Kostenlos Bücher Online Lesen
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einer anderen Welt.
    Und dann war das Geräusch von etwas sehr Schwerem, Feuchtem zu hören, das über den Fußboden schleifte.
    Danach herrschte vollkommene Stille.
    Raby und Thomas standen wie erstarrt. Gebannt blickten sie die Tür an.
    Das schwere, feuchte Geräusch war erneut zu hören und dann klang es, als würde sich etwas Großes wild hin und her werfen.
    Die Tür knarrte leicht, als würde sie jeden Augenblick zerbrechen.
    Alle starrten die Tür an.
    »Margaret?«, flüsterte Raby.
    Nichts war zu hören… dann ein Schluchzen… und das dünne Wimmern eines Kindes.
    »Margaret! «, rief Raby und warf sich mit der Schulter gegen die Tür, Thomas neben sich.
    Langsam und widerstrebend gab die Tür nach, und die Männer gingen nun etwas vorsichtiger zu Werk, da sie sich gegen Margarets Körper stemmten.
    »Gütiger Himmel!«, sagte Raby, als es ihm gelungen war, durch den Spalt zu schlüpfen, den sie geöffnet hatten.
    Thomas folgte direkt hinter ihm.
    Margaret lag am Boden, nunmehr unbekleidet. Ihr zerrissenes Gewand hatte sie von sich geschleudert, ihr Haar war verfilzt und ihre Glieder verrenkt.
    Der erste Gedanke, der den Männern in den Sinn kam, war, dass sie selbst in diesem Zustand noch schön war.
    Im nächsten Moment begriffen sie, dass sie tot sein musste.
    Alles schien mit Blut besudelt zu sein: Margaret, der Fußboden, selbst die Tür und die Wände waren blutbespritzt.
    Maude drängte sich an den beiden Männern vorbei, brach bei dem Anblick, der sich ihr bot, in Jammern aus, beugte sich jedoch sofort zu Margaret hinunter. Sie tastete mit der Hand nach einem Beutel an ihrem Gürtel, nahm einen Bindfaden und ein kleines Messer heraus und hantierte zwischen Margarets Beinen herum.
    Dann richtete sie sich auf.
    »Nehmt das«, sagte sie zu Thomas und legte etwas Warmes und Feuchtes in seine Arme, »und tauft es im Namen unseres Herrn. Es wird nicht lange in dieser Welt weilen.«
    »Mein Fürst?«, sagte Maude zu Raby. »Könnt Ihr mir helfen, die Lady aufs Bett zu legen?«
    Während Raby Maude zur Hand ging, richtete Thomas den Blick auf das, was er in den Armen hielt.
    Es war ein kleines Mädchen, so winzig, dass es beinahe in die Fläche seiner Hand gepasst hätte. Sein nackter Körper – es war so dünn! – war mit Margarets Blut bedeckt, ein Stück der Nabelschnur, die mit Bindfaden grob abgebunden war, hing an seinem Bauch herab.
    »Bringt es weg! «, sagte Maude zu ihm. »Es ist seiner Mutter jetzt zu nichts mehr nütze, und wir können vielleicht noch ihr Leben retten.«
    »Kommt«, flüsterte Johanna Thomas ins Ohr. Sie legte ihm die Hände auf die Schultern und schob ihn sanft aus dem Gemach.
    Als er draußen war, schloss Johanna die Tür hinter ihm. Thomas stand im Flur mit seiner winzigen, sterbenden Tochter im Arm, allein mit Thorseby, der endlich einmal zu erschüttert war, um etwas zu sagen.

Kapitel Achtzehn
     
    Die Prim am Donnerstag
    vor dem dritten Sonntag der Fastenzeit
    Im ersten Jahr der Regentschaft Richard II.
    (Tagesanbruch, 10. März 1379)
     
    – II –
     
     
     
    Das kleine Mädchen tat einen Atemzug, und dies bereitete ihm solche Mühe, dass sein ganzer Körper bei der Anstrengung zitterte.
    Thomas erwachte aus seiner Erstarrung und legte die Fassade der kalten Herzlosigkeit ab, die er seit Alice’ Tod so gewissenhaft gepflegt hatte.
    Gütiger Herr im Himmel, er musste das Kind warm halten!
    Thomas drängte sich an Thorseby vorbei und rannte fast, so sehr beeilte er sich, in die Eingangshalle zu gelangen. Lancaster war dort geblieben und stand neben dem Prior, der zurückgekehrt war.
    Beide blickten zu Thomas hinüber, als dieser in die Halle gelaufen kam, das kleine nackte Bündel in den Händen.
    Thomas ließ den Blick von Lancaster zum Prior gleiten. »Helft mir!«, sagte er.
    Es war der Prior, der als Erster handelte. Er nahm ein Leinentuch von einem Tisch in der Nähe und reichte es Thomas.
    »Wickelt das Kind darin ein«, sagte er. »Rasch! « Mit einiger Mühe gelang es Thomas, das Mädchen in das Tuch einzuwickeln, und er betete mit jeder Faser seines Wesens darum, dass er dabei nicht eines seiner zarten Glieder brach.
    »Bruder Harold kümmert sich bei uns um die Krankenstube«, sagte der Prior. »Er weiß am besten, was zu tun ist. Thomas, kommt bitte mit.«
     
     
    Bruder Harold war ein schmaler, hagerer Mann mit dem freundlichsten Lächeln, das Thomas jemals gesehen hatte.
    »Gebt mir das Kind«, sagte er, sobald er die Krankenstube betreten hatte, wo

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