Tochter Des Krieges
der Hebamme einen Blick zu, aber diese zuckte nur hilflos mit den Achseln.
»Wir müssen sie aufrichten«, sagte Maude.
Erschöpft und am Ende ihrer Kräfte ging Johanna zu Margaret hinüber und beugte sich vor, um ihren Arm zu ergreifen.
In diesem Augenblick gab Margaret ein lautes Stöhnen von sich, und Blut befleckte die Röcke des Leinengewandes, das sie trug.
»Sie blutet!«, sagte Johanna und wich zurück. »Maude… was können wir denn tun?«
Maude blickte hilflos auf das Blut hinab, das sich in immer größeren Mengen um Margaret herum sammelte, und sah dann zu Johanna auf.
»Holt einen Geistlichen, Mylady«, sagte sie mit tonloser Stimme. »Mehr können wir nicht tun.«
Johanna schlug mit entsetztem Blick die Hände vors Gesicht, nickte dann, machte einen Bogen um Maude und Margaret und verließ das Gemach. Johanna war so verstört, dass sie die Tür des Gemachs offen stehen ließ.
Maude wollte aufstehen, und just in diesem Moment richtete sich Margaret plötzlich auf und stieß die Hebamme mit aller Kraft, die sie aufbringen konnte, von sich weg.
Mit einem überraschten Aufschrei verlor Maude das Gleichgewicht und stürzte durch die Tür in den Korridor hinaus.
Sie rollte sich herum, blickte auf und sah Margaret auf dem Boden des Gemachs liegen und mit wildem Blick zu ihr herüberstarren. Bevor Maude etwas tun konnte, gelang es Margaret irgendwie, auf die Knie zu kommen, sich mit ausgestreckten Armen gegen die Tür zu werfen und sie der überraschten Maude vor der Nase zuzuschlagen.
Ein dumpfes Poltern war zu hören, als sei etwas – Margaret vielleicht – gegen die Tür gestoßen.
Maude erhob sich schnell, ebenso wütend wie besorgt. Was hatte sie vor? Wollte sie etwa ohne die heiligen Sakramente sterben?
Maude lehnte sich mit der Schulter gegen die Tür und wollte sie aufstoßen, doch sie bewegte sich nicht.
Mit einem Laut des Erstaunens versuchte sie es noch einmal.
Wieder geschah nichts.
Die Hebamme holte tief Luft und stemmte sich ein weiteres Mal gegen die Tür. Diesmal legte sie all ihr nicht unbeträchtliches Gewicht und ihre Kraft in den Versuch.
Die Tür bewegte sich immer noch nicht.
Stattdessen war auf der anderen Seite ein weiterer dumpfer Schlag zu hören, als hätte sich etwas sehr Schweres gegen die Tür geworfen.
Dann ertönte ein schwacher, aber deutlich zu vernehmender Schrei, und Maude wich von der Tür zurück.
Der Schrei hatte wie eine Mischung aus dem Trällern eines Vogels und dem Fauchen einer Katze geklungen.
Die Hebamme drehte sich um und wäre davongelaufen, wäre nicht in diesem Augenblick Johanna zurückgekehrt, begleitet von Raby, Thomas und Thorseby.
»Maude?«, sagte Johanna. »Was… warum… «
»Sie hat mich rausgeworfen, das Biest!«, sagte Maude. »Und jetzt liegt sie vor der Tür und versperrt den Eingang, und ich kann nicht hinein, und irgendetwas… irgendetwas ist nicht in Ordnung! «
»Was meinst du damit?«, fragte Raby.
»Die Geburt verläuft nicht sehr gut«, sagte Johanna ruhig.
»Nein«, sagte Maude. »Das müsste sie aber, denn dieses Kind ist gerade einmal sieben Monate alt und sollte ohne Schwierigkeiten herauskommen. Aber… «
»Sie hat angefangen zu bluten«, sagte Johanna und blickte ihren Gemahl an. »Maude hat mich gebeten, einen Geistlichen zu holen.«
Raby stöhnte. »Oh, die arme Margaret!« Er erwiderte den Blick seiner Gemahlin. »Sie hat Gloucesters Gattin bei der Geburt beigestanden, als diese im Kindbett verblutet ist. Margaret hatte solche Angst gehabt, dass ihr das Gleiche passieren könnte… «
Johanna dachte nicht weiter darüber nach, warum Margaret Raby das alles anvertraut haben mochte, sondern ergriff nur seinen Arm und biss sich nachdenklich auf die Unterlippe. »Jemand muss die Tür aufbrechen«, sagte sie. »Und wenn auch nur, damit Margaret nicht ohne Beichte sterben muss.«
»Habt Ihr denn gar nichts dazu zu sagen?«, fragte Thorseby Thomas, der hinter Raby stand und den Blick auf die geschlossene Tür gerichtet hielt. »Wenn Ihr die Frau nicht gezwungen hättet, wäre sie nicht… «
»Ach, haltet den Mund! «, fuhr Thomas ihn an und wandte sich dann Raby zu, ohne auf Thorsebys wütenden Blick zu achten. »Wenn wir uns beide mit der Schulter gegen die Tür stemmen, müssten wir sie eigentlich aufbrechen können.«
»Ja!«
Aber als sie auf die Tür zugingen, ertönte dahinter ein Schrei, der klang, als würde er aus einer anderen Welt stammen oder zumindest aus der Kehle eines Geschöpfs aus
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