Tochter Des Krieges
Thomas und der Prior warteten.
Im Kamin brannte ein Feuer, und Harold setzte sich auf einen Schemel, das Kind in seinem Schoß. Er faltete vorsichtig das Leinentuch auseinander und schürzte besorgt die Lippen.
»Das ist kein voll entwickelter Säugling.«
»Nein«, sagte Thomas. »Ich glaube, Margaret war im siebten Monat.«
Harold schüttelte den Kopf. »Das Kind wird nicht überleben. Seht, es kämpft jetzt schon mit dem Atem. Seine Lungen werden feucht und verkümmert sein.«
Er tippte mit einem breiten Finger sacht gegen die Brust des Kindes. »Seht Ihr, wie viel Mühe ihm das Atmen bereitet? Es erhält nicht genug Luft. Es tut mir leid, mein Sohn, aber das Kind wird langsam ersticken. Es wird diesen Mittag nicht überleben.«
»Aber… « Thomas hob hilflos die Hand.
»Es tut mir leid«, sagte Harold erneut und blickte dann den Prior an. »Wurde das Kind schon getauft?«
Der Prior schüttelte den Kopf und holte ein kleines Fläschchen Weihwasser hervor, das er an seinem Gürtel trug. Er entkorkte es, tauchte einen Finger hinein und machte dann das Zeichen des Kreuzes über dem Kopf des Mädchens und berührte seine Stirn mit dem feuchten Finger.
»Ich taufe dich im Namen des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes«, sagte er. Es war eine rein formale Taufe, denn eigentlich hätte man dem Kind Salz in den Mund legen und Paten benennen müssen, die in seinem Namen sprechen würden… aber unter den gegebenen Umständen war es das Einzige, was getan werden konnte. Und eigentlich reichte es auch aus.
Der Prior sah Thomas an. »Wie lautet der Name des Kindes?«
»Der Name des Kindes? Ja…« Thomas dachte fieberhaft nach und versuchte, sich an den Namen zu erinnern, den Margaret ihm genannt hatte. »Rosalind«, sagte er. »Ihr Name ist Rosalind.«
Der Prior lächelte sanft und empfand Mitleid für den Mann. Er mochte ein der Sünde anheimgefallener Mönch sein, aber er war auch ein Vater, und als solcher stand er gerade die schlimmsten Ängste durch.
»Ein schöner Name«, sagte er und legte die Finger sanft auf das Gesicht des Mädchens. »Ich taufe dich auf den Namen Rosalind.«
Thomas sah wieder Harold an. »Helft ihr, bitte!«
»Ich kann nichts tun, mein Sohn! Nun… zumindest kann ich sie waschen und ein weiches Wolltuch besorgen, in das wir sie wickeln können. Hier, Ihr könnt mir helfen.«
Harold holte etwas warmes Wasser und wusch vorsichtig das Geburtsblut vom Körper des Kindes, während Thomas es festhielt. Als das Mädchen abgetrocknet war, wickelte Harold es in ein Stück beigefarbenes Wolltuch und gab es Thomas zurück.
Das Kind atmete nun kaum noch.
Thomas blickte zu Harold auf. »Was können wir tun?«, flüsterte er. Wieder stand er hilflos da, hielt das kleine Mädchen in den Armen, wie in dem Traum, den er in Frankreich gehabt hatte. Gütiger Himmel, er musste das Kind retten… sein Kind…
Thomas drückte das winzige Mädchen eng an seine Brust und ging zu Margarets Gemach zurück. Er hatte daran gedacht, in die Kapelle zu gehen, hatte den Gedanken jedoch verworfen. Das Kind würde Margarets Stimme und ihre Wärme sicher mehr brauchen als die Kälte einer steinernen Kirche.
Maude und Lady Johanna waren immer noch bei Margaret und wirkten etwas überrascht, als Thomas mit dem Kind eintrat, als hätten sie es ganz vergessen.
»Das Kind lebt noch?«, fragte Maude und zuckte dann mit den Achseln, ohne eine Antwort abzuwarten. Es kümmerte sie ohnehin nicht.
Johanna erhob sich und lächelte Thomas zu. Dann schob sie vorsichtig mit dem Finger das Tuch vor dem Gesicht des Kindes beiseite.
»Es ist so winzig«, flüsterte sie.
Thomas sah zu Margaret hinüber.
Sie war bewusstlos und lag auf dem Rücken auf dem Bett, die Decken bis zu den Schultern hochgezogen. Ihr Haar lag sorgfältig gebürstet über ihrer Schulter.
Ihr Gesicht war hager und grau, ihre Wangen und geschlossenen Augen wirkten, als sei sie dem Tode nahe.
Thomas warf Johanna einen fragenden Blick zu.
»Wir glauben nicht, dass sie es überleben wird«, sagte Johanna mit leiser Stimme. »Sie hat eine Menge Blut verloren. Vielleicht kann ihr einer der Brüder aus der Krankenstube helfen.«
»Harold? Dieser verfluchte Bruder könnte nicht einmal einer Maus mit einem Dorn im Schwanz helfen«, sagte Thomas. »Ich werde eine Weile bei Margaret sitzen. Allein, wenn es Euch nichts ausmacht.«
Johanna musterte ihn einen Moment lang und nickte dann. »Maude«, sagte sie, »komm mit.«
Neben dem Bett
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