Tochter Des Krieges
beiden wünschte oder erwartete eine große Feier, und selbst wenn sie es gewollt hätten, war London so sehr mit der bevorstehenden Krönung beschäftigt, dass ihrer Hochzeit ohnehin niemand viel Beachtung geschenkt hätte.
»Gut.« Lancaster zögerte einen Moment und nahm sich eine in Honig eingelegte Feige von einem Teller. Er biss hinein, kaute genüsslich und sprach dann weiter. »Wenn die Krönung erst einmal vorbei ist und Richard zum ersten Mal Hof gehalten hat, wäre es das Beste, wenn Ihr Margaret und das Kind nach Halstow Hall bringt. Ihr werdet Euer neues Zuhause ohnehin besichtigen müssen.«
Thomas neigte den Kopf.
»Dann«, sagte Lancaster und drehte den Rest der Feige hin und her, »hätten Hal und ich gern, dass Ihr Euch seinem Haus anschließt, vielleicht als Hals Sekretär, aber auch, wie ich hoffe, als sein Freund.«
Hal lächelte breit. »Nun?«
Thomas war fassungslos über das Angebot. Sekretär bei einem Adligen zu sein, der so viel Macht besaß wie Hal, war eine überaus einflussreiche Stellung. Thomas wäre Hals Vertreter und Sprecher und würde seine Ländereien und Güter verwalten.
»Ich danke Euch sehr«, sagte Thomas und blickte beide Männer an, »und nehme das Angebot an. Aber…«
Die beiden sahen ihn erwartungsvoll an.
»… es wird eine ermüdende Aufgabe sein, Tag und Nacht hinter Lord Bolingbroke herzulaufen.«
Lancaster lachte und blickte seinem Sohn in die Augen. »Bolingbroke wird bald gezähmt sein«, sagte er, »denn in diesem Sommer wird er Lady Mary de Bohun zur Gemahlin nehmen.«
Thomas wandte sich Hal zu und gratulierte ihm. Lady Mary de Bohun war eine der reichsten Erbinnen Englands, und ihre Ländereien, Titel und Vermögen würden Hals Macht nur noch mehr vergrößern.
Hal täuschte Bestürzung vor, rollte mit den Augen und gab ein herzzerreißendes Stöhnen von sich. »Du bist nicht der Einzige, der mit dem Ring durch die Nase zum Altar geführt wird, Tom«, sagte er. »Aber zumindest können wir uns gegenseitig Trost spenden.«
Sie redeten noch eine Zeitlang über Belanglosigkeiten, dann fragte Thomas, ob es Neuigkeiten aus Frankreich gäbe. Er war so lange im Norden gewesen, dass ihn nur wenige Nachrichten erreicht hatten.
Die Heiterkeit schwand ein wenig aus Lancasters und Hals Gesichtern.
»Karl und Philipp sind nach wie vor die engsten Busenfreunde«, sagte Lancaster. »Ich habe Berichte gehört, dass sie ihre Armee so weit verstärkt haben, dass sie womöglich schon im Sommer versuchen könnten, den Süden zurückzuerobern.«
»Es heißt auch, das Mädchen Jeanne sei weiterhin an Karls Seite«, warf Hal ein. »Offenbar entleert Karl nicht einmal seinen Darm, ohne vorher ihren Rat eingeholt zu haben.«
»Und wir?«, fragte Thomas. »Können wir…«
Lancaster seufzte tief. »Der Verlust meines Vaters und Bruders hat uns stark geschwächt. Wie jeder neue und unerfahrene König muss Richard erst einmal sein eigenes Reich sichern, bevor er nach einem anderen greifen kann. Ich glaube nicht, dass wir vor… nun, vor Frühjahr nächsten Jahres zu einem weiteren Feldzug aufbrechen können. Gott hat uns schlechte Karten ausgeteilt.«
»Und in der Zwischenzeit«, sagte Hal mit finsterer Miene, »können wir nur beten, dass Jeanne d’Arc Karl nicht zu allzu vielen heldenhaften Taten anstiftet. Frankreich wird noch uns gehören. Es muss einfach.«
In der Kapelle waren nur wenige Menschen, um Thomas’ und Margarets Hochzeit beizuwohnen. Lancaster und seine Gemahlin Katherine; Raby und seine Frau Johanna; Hal; und überraschenderweise Geoffrey Chaucer, der der Krönung wegen in der Stadt war und bei der Gelegenheit auch an der Hochzeit teilnehmen wollte.
Lancasters Kaplan hielt eine einfache Messe und jede Würde, die er der Angelegenheit verliehen haben würde, wurde von Hal untergraben, der neben ihm stand und grinste, als wäre Thomas’ Heirat etwas, das er selbst eingefädelt hatte.
Margaret war ernst und blass und antwortete mit leiser Stimme. Sie trug ein Kleid aus dunkelgrünem Samt, das am Saum und an den Ärmeln scharlachrot eingefasst war. Es war tief ausgeschnitten und eng anliegend und zeigte, dass die Schwangerschaft sich nicht im Geringsten auf ihre Figur ausgewirkt hatte. Sie sah Thomas nur selten an und schenkte auch sonst niemandem einen Blick. Thomas hatte befürchtet, dass sie Raby eine peinliche Szene machen würde, aber zu seiner Beruhigung schien sie kaum zu bemerken, dass der Baron anwesend war.
Sie hatte gesagt, dass
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