Tochter Des Krieges
ausdrucksloser Stimme.
»Nein… Das will ich nicht, obwohl ich nicht erwarte, dass Ihr mir glaubt.« Mit einer Geste der Unsicherheit oder vielleicht auch der Hilflosigkeit hob Margaret die Hände, fuhr sich mit den Fingern durch ihr glänzendes, dichtes Haar und schob sich dabei die Kapuze vom Kopf.
Das Mondlicht fiel auf ihr Gesicht und ihre ohnehin schon hübschen Gesichtszüge schienen dadurch noch schöner.
»Ich habe von denen, die es zweifellos wissen müssen, erfahren«, sagte Thomas leise, den Blick ruhig auf ihr Gesicht gerichtet, »welches Schicksal mich erwartet, sollte ich in meiner Entschlossenheit wanken. Das Böse wird sich meiner Seele bemächtigen und die Menschheit wird untergehen… aber nur, wenn ich einer Frau meine Seele schenke.«
Margaret überraschte ihn mit einem trockenen Lachen. »Wovor fürchtet Ihr Euch dann, Thomas? Vor mir? Ich will Eure Seele nicht! Außerdem müsst Ihr der Frau Eure Seele schenken, nicht wahr? Sie wird Euch nicht entrissen oder gestohlen, Ihr müsst sie freiwillig hergeben. Ihr werdet also nur versagen«, ihr Gesicht verzog sich zu einer Grimasse, »wenn Ihr Euch Eurer irdischen Schwäche hingebt.«
Dann wurde sie wieder ernst. »Ich bin keine Gefahr für Euch, Thomas, es sei denn, Ihr erlaubt mir, Euch gefährlich zu werden.«
Sie streckte die Hand aus und berührte so rasch sein Gesicht, dass er nicht zurückweichen konnte. »Ich kann Euch nur gefährlich werden, wenn Ihr Euch der Liebe hingebt… und ich glaube nicht, dass diese Gefahr besteht. Was meint Ihr?«
Und bevor Thomas noch etwas erwidern konnte, hatte sich Margaret umgedreht und war in der Nacht verschwunden.
Nachdem sie Thomas verlassen hatte, schlenderte Margaret noch eine Stunde ziellos durch die Nacht. Es kümmerte sie nicht, wohin sie ging, sie wollte nur nicht in die Burg zurückkehren.
Sie brauchte Zeit, um nachzudenken und sich die wenigen Minuten mit Thomas noch einmal vor Augen zu führen.
Der Herr allein wusste, warum sie zu ihm gegangen war. Wahrscheinlich hatte sie nur mit ihm sprechen wollen, dachte sie. Einfach nur mit ihm zusammen sein, auch wenn das bedeutete, seine schroffen Worte ertragen zu müssen.
Einmal blieb sie kurz stehen und legte die Hände auf ihren Bauch. Sein Kind wuchs in ihr heran, ihr Gesicht wurde sanfter, und sie lächelte. Ein Kind. Sie hatte sich schon immer Kinder gewünscht.
Sie ging weiter und versuchte sich dabei mithilfe des wenigen, das sie über Thomas wusste, vorzustellen, wie es wäre, das Lager mit ihm zu teilen. Die einstige magische Begegnung bedeutete Margaret nur wenig. Sie wollte wissen, wie es sich anfühlen würde, Thomas in ihrem Körper und ihrem Geist zu haben. Wie es wäre, wenn er ihr zärtliche Worte ins Ohr flüsterte, seine Hände über ihren Körper strichen, sein Mund ihre Brust liebkoste…
»Ach, Margaret, du bist eine Närrin, dass du dir solche Dinge ausmalst!«, murmelte sie schließlich. »Thomas würde niemals mit Freuden dein Lager teilen und dir erst recht keine Koseworte ins Ohr flüstern!«
Dennoch trug sie sein Kind in sich, und sicherlich würde ihm das irgendwann einmal etwas bedeuten…
Margaret ging zurück zur Burg und in das Gemach, das sie mit Raby teilte, und träumte von einer Zukunft, die wohl niemals Wirklichkeit werden würde.
Kapitel Vier
Matutin an Allerseelen
Im einundfünfzigsten Jahr der Regentschaft Eduard III. (Dienstag am frühen Morgen, 2. November 1378)
– I –
Im Gegensatz zu Margarets Worten verbrachte Ralph, Baron Raby, die verbleibenden Stunden der Nacht nicht damit, mit dem schwarzen Prinzen und König Johann zu zechen.
Nachdem die königlichen Herrschaften und der Hochadel das Fest verlassen hatten, hatte er sich tatsächlich im Gemach des schwarzen Prinzen eine Stunde lang der angenehmen Unterhaltung und dem noch angenehmeren Wein hingegeben, doch dann hatte sich der alte König Johann, stark angetrunken, in seinen Bereich der Burg zurückgezogen, wo ihn sein Bett und der warme, weiche Leib einer Magd erwarteten.
Raby, der schwarze Prinz und Lancaster hatten ihm höflich eine Gute Nacht gewünscht, es sich dann etwas bequemer gemacht und ihre Pokale mit verdünntem Wein nachgefüllt. Kurze Zeit, nachdem König Johann sich zurückgezogen hatte, hatten Bolingbroke und Gloucester sich zu ihnen gesellt.
Die Männer waren nüchtern und bei klarem Verstand.
»Sollen wir mit Philipp verhandeln?«, fragte der schwarze Prinz. Er ging langsam auf und ab,
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