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Tochter Des Krieges

Tochter Des Krieges

Titel: Tochter Des Krieges Kostenlos Bücher Online Lesen
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der Herzogin zu und blickte Mary an, die hilflos an der anderen Seite des Bettes stand. »Holt Lord Gloucester. Sofort! «
    Als Mary davongeeilt war, verschwand die Strenge aus Thomas’ Gesicht und es wurde weich und mitfühlend. Er beugte sich zu Eleonore herab – die nun vor Erleichterung weinte – und nahm ihr die letzte Beichte ab.
    Als Gloucester schließlich eintraf, kam er zu spät, um sich von seiner Gemahlin zu verabschieden.

Kapitel Sechs
     
    Komplet an Allerseelen
    Im einundfünfzigsten Jahr der Regentschaft Eduard III. (Dienstagnacht, 2. November 1378)
     
    – III –
     
     
     
    Thomas betrat das Zimmer leise und beinahe unbemerkt. Die Wachen hatten ihn mit einem Nicken eintreten lassen.
    Es war bereits tiefe Nacht: Thomas hatte viele Stunden bei der toten Herzogin verbracht und um ihre Erlösung und die ihres Kindes gebetet. Gloucester war vielleicht eine Stunde lang bei seiner Gemahlin geblieben und war dann gegangen, das Gesicht starr vor Trauer und, soweit Thomas feststellen konnte, Wut.
    Seine Wut war auch der Grund, weswegen Thomas nun hier war. Er konnte nicht einfach in sein Gemach zurückkehren, ohne zu wissen, gegen wen sich Gloucesters Zorn richten würde.
    Er blieb an der Tür des Zimmers stehen. Gloucester stand vor einem Kohlebecken, Raby neben ihm, verlegen und wütend zugleich. Auf einem Stuhl in den Schatten saß der schwarze Prinz, das Gesicht in die Hand gestützt, und musterte die beiden schweigend.
    Gloucesters Gesicht wirkte schmal und empfindlich und war im Augenblick wutverzerrt. Thomas kannte diesen Blick nur zu gut. Die meisten der männlichen Plantagenets waren groß, kräftig und hellhäutig, mit offenen, strengen Gesichtszügen. Nur einige wenige – vielleicht das Erbe einer schüchternen ausländischen Braut – wurden mit Gloucesters schmalem und feinfühligem Gesicht geboren, das auf eine Vorliebe für Musik und die schönen Künste hinwies. Gloucester war Förderer einer Reihe von Künstlern und Schulen, er besaß eine große und ständig wachsende Bibliothek und konnte stets für ein philosophisches Gespräch gewonnen werden, um damit die langen dunklen Winterabende zu verkürzen.
    Unglücklicherweise verbarg sich unter dieser Empfindsamkeit aber auch ein oft ungerechter und aufbrausender Geist – und diesen stellte Gloucester gerade unter Beweis.
    Margaret stand mit gesenktem Kopf vor Gloucester, die Hände vor der Brust gefaltet. Ihr Haar hing in einem langen dicken Zopf herab, der golden glänzte, wenn das Licht der Lampe auf ihn fiel, die in dem vom Öffnen und Schließen der Tür verursachten Luftzug langsam hin und her pendelte. Thomas nahm außerdem fast unbewusst wahr, dass Margaret dasselbe blassgraue Kleid trug, in dem er sie das erste Mal gesehen hatte, und ihm wurde klar, dass sie bisher nie etwas anderes getragen hatte. Von dort, wo er stand, erhellt von mehreren Lampen, konnte Thomas erkennen, dass die Nähte am Rücken von Margarets Kleid schon viele Male ausgebessert worden waren.
    Thomas runzelte die Stirn. Raby hätte seiner Mätresse doch sicher bessere Kleider geben können.
    »Wenn Ihr Euch mehr um sie gekümmert hättet, wäre meine Gemahlin noch am Leben!«, sagte Gloucester, und Thomas sah, dass Margaret zusammenzuckte.
    »Herr«, sagte sie mit tiefer und zittriger Stimme – fürchtet sie sich tatsächlich, dachte Thomas, oder tut sie nur so? – »Ich bin keine Hebamme und…«
    »Wo war dann die Hebamme? Warum habt Ihr nicht darauf geachtet, dass meine Gemahlin gut versorgt wird?«
    »Herr, ich habe nach ihr schicken lassen, aber sie war nicht auffindbar!«
    »Ihr habt nach ihr schicken lassen? Ist das alles, was Ihr zu sagen habt?«
    »Herr…«
    »Ich möchte keine Ausflüchte mehr hören! Wenn Ihr die Hebamme nicht finden konntet, warum habt Ihr dann nicht die Festung auseinander genommen? Warum habt Ihr mich nicht rufen lassen… mein Gott, Weib, ich hätte die halbe Armee mobilisiert, um sie zu finden! Und als Ihr gemerkt habt, dass die Hebamme nicht auffindbar war – und ich bin nicht überzeugt davon, dass Ihr jede Anstrengung unternommen habt, um sie zu finden –, warum habt Ihr dann nicht aus einem der Dörfer in der Umgebung eine Hebamme holen lassen? Verflucht, im Umland wimmelt es nur so von Bauern und es muss demnach auch jede Menge Hebammen geben, die sich um ihre Frauen kümmern. Also?«
    Margaret sank zitternd auf die Knie. »Herr, ich habe nicht daran gedacht. Ich hatte selbst solche Angst, ich wusste nicht, was ich

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