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Tochter des Lichts: Ein Hildegard von Bingen-Roman (insel taschenbuch) (German Edition)

Tochter des Lichts: Ein Hildegard von Bingen-Roman (insel taschenbuch) (German Edition)

Titel: Tochter des Lichts: Ein Hildegard von Bingen-Roman (insel taschenbuch) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Lise Marstrand-Jørgensen
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an ihrem Kleid herum.
    »Wann kommt Vater zurück?«, fragt Hildegard, und Mechthild, die sich normalerweise darüber ärgert, dass das Kind so oft nach seinem Vater fragt, ist erleichtert und streicht ihr übers Haar. »Er ist im Gefolge des Herzogs nach Worms geritten«, erinnert sie ihre Tochter, »und erst in ein paar Tagen wieder zurück.«
    »Darf ich ihm von dem Tier erzählen?«, fragt Hildegard und tunkt noch ein Stück Brot in das Bier.
    Mechthild erschreckt sich über ihre eigene Stimme, als sie nein sagt. Es klingt, als breche sie das Wort in der Mitte entzwei. Hildegard lässt sich nichts anmerken, stopft nur das letzte Stück Brot in den Mund und steht auf. Dann fasst sie den Kopf ihrer Mutter mit beiden Händen und drückt einen Kuss auf ihre Stirn.
 

 

14
      
»Kann Hildegard nicht am Unterricht teilnehmen, zusammen mit den anderen?«, fragt Mechthild Hildebert, als sie nach der Abendmahlzeit endlich alleine sind.
    Unruhig rutscht sein großer Körper auf dem Stuhl herum, und er sieht Mechthild von der Seite her an. Ihr gerader Rücken und die steifen Bewegungen haben ihm schon während der Mahlzeit verraten, dass sie etwas auf dem Herzen hat, und jetzt fragt er sich, ob es nur das ist.
    »Ich glaube, es wäre gut für sie, nicht den ganzen Tag lang nur Umgang mit Agnes zu haben.« Sie heftet den Blick konzentriert auf die Spindel in ihren Händen.
    Es ist selten, dass er seine Frau mit einer Handarbeit beschäftigt sieht. Sie behauptet, ihre Augen sähen nicht mehr scharf genug, aber er ist sich sehr wohl im Klaren darüber, dass es nur eine willkommene Ausrede für Müßiggang ist. Nicht dass sie faul wäre, Mechthild, es wäre verkehrt, das zu sagen. Sie hat nur die Fähigkeiten nicht. Es liegt ihr mehr, das Haus in Ordnung zu halten und nach den Tieren zu sehen.
    »Was ist mit Agnes?«, fragt er und versucht, dabei gleichgültig zu klingen. Seit damals, als er aus Verzweiflung und Entbehrung bei dem Kindermädchen lag, das sie vor Agnes hatten und an dessen Namen er sich nur mit Mühe erinnern kann, haben sie über Dienstmädchen im Großen und Ganzen nicht mehr miteinander gesprochen. Damit findet er sich ab, es passt ihm sogar gut. Wenn es nach ihm geht, kann sich Mechthild gerne um diesen Teil der Hauswirtschaft kümmern.
    »Nichts ist mit Agnes«, erwidert sie scharf.
    Zuerst antwortet Hildebert nicht. Sie hieß Edel, fällt ihm jetzt wieder ein. Mit grauen Augen und einem herzförmigen Gesicht. Als sie schwanger wurde, begannen die Leute zu reden, und sie musste nach Mainz geschickt werden, wo sie in das Haus eines Handelsreisenden kam. Über das Kind weiß er nichts. Er gab Edel Geld, bot aber keinerlei Rechte für das Kind an, wohl wissend, dass Mechthild sich dagegen zur Wehr setzen würde, die Hurenkinder ihres Mannes ins Haus zu bekommen.
    »Warum willst du dann, dass sie am Unterricht teilnehmen soll, wenn sie gerade einmal sechs Jahre alt ist?« Er lässt sich vom Tonfall seines Eheweibs nicht einschüchtern.
    »Ich denke nur daran, was das Beste für sie ist«, sagt Mechthild ungehalten, und es wundert ihn, dass sie sich nicht mehr Mühe gibt, ihre Sache durchzusetzen.
    »Sie ist gescheit«, sagt er, und der Gedanke an seine Jüngste bessert seine Laune.
    Mechthild nickt. Sie legt eine Hand auf seine, und er lässt sie liegen. Zart wie die der Frau des Hauses, zart wie die einer Dirne, es ist eigentlich dasselbe. Er nimmt ihre Hand in seine, sie ist so klein in seiner großen Pranke, er wendet und dreht sie, als sei sie ein Gegenstand, dessen Wert er einschätzen will. Dann führt er sie hinauf an seine Lippen, drückt einen Kuss auf ihren Handrücken und lässt los. Noch einige Sekunden lang lässt sie ihre Hand mit der gleichen Geistesabwesenheit vor seinem Gesicht in der Luft hängen, mit der sie in die Glut starrt. Die Handspindel ist auf den Boden geglitten, doch sie scheint es nicht bemerkt zu haben.
    »Sie gedeiht nicht unter Müßiggang«, stellt Mechthild fest, ohne den Blick vom Feuer abzuwenden. »Sie hat eine ungezähmte Fantasie.«
    Hildebert weiß nicht, was er sagen soll. Es ist ein Rad, das sich dreht und dreht, und sie kommen niemals an demselben Wegstein vorbei. Er steht auf, kann Mechthilds Erzählungen, Hildegard habe dies gesagt und Hildegard habe das gesagt, jetzt nicht ertragen. Es ist, als habe sie das Mädchen nie wirklich angenommen, als halte sie sie die ganze Zeit über am ausgestreckten Arm wie etwas Fremdes, das sie studiert, das sie züchtigt,

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