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Tochter des Ratsherrn

Tochter des Ratsherrn

Titel: Tochter des Ratsherrn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Tan
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bin sehr gespannt«, gestand Walther.
    »Wir beide lieben dieselbe Frau«, begann Johann Schinkel.
    »Ja«, pflichtete ihm Walther bei und fügte ungehaltener, als er beabsichtigt hatte, hinzu: »Jedoch mit dem kleinen Unterschied, dass es mir als ihrem Gemahl wohl gestattet ist und Euch nicht.«
    »Ihr habt recht, Nu … Spielmann«, gab der Ratsnotar unvermittelt zu. »Sogar aus zweierlei Gründen sind meine Gefühle Runa gegenüber unerhört: Zum einen ist sie Euer angetrautes Eheweib, und zum anderen bin ich ein Geistlicher, dem jegliche Fleischeslust untersagt ist. Und dennoch – ich konnte mich all die Jahre einfach nicht dagegen erwehren, zu fühlen, was ich fühle. Ich wünschte sehr, es wäre anders, doch das ist es nicht. Ich liebe Runa nach wie vor und werde sie wohl immer lieben.«
    »Habt Ihr mich tatsächlich deshalb rufen lassen?«, blaffte Walther ihn nun wütend an. »Hofft Ihr etwa auf meine Vergebung? Oder wollt Ihr meinen Platz einnehmen, jetzt, da ich fort bin? Ich sage Euch, darauf könnt Ihr lange warten, Ratsnotar.«
    »Nein, deshalb bin ich nicht gekommen.«
    »Warum dann? Was erlaubt Ihr Euch eigentlich? Mein Weib und meine Kinder habe ich Euretwegen verlassen, weil Runa Euch nicht vergessen konnte, und nun sitzt Ihr hier vor mir und wollt mit mir darüber plaudern, wie sehr Ihr mein Weib begehrt? Ihr seid ja noch schamloser als ich dachte! Dieses Gespräch ist für mich beendet!« Walther spie seine Worte förmlich aus und erhob sich.
    »Setzt Euch wieder!«, fuhr Johann ihn barsch an. »Glaubt mir, unsere Unterredung ist noch lange nicht beendet, und sie wird, zu meinem größten Bedauern, noch viel unangenehmer werden, als sie es jetzt schon ist.«
    »Was wollt Ihr damit sagen? Wollt Ihr mir etwa drohen?«, brauste Walther auf.
    »Herrgott noch mal, nun macht doch nicht alles noch schwieriger, als es ohnehin schon ist. Ich habe Euch rufen lassen, weil sich seit Eurem Verschwinden schreckliche Dinge in Hamburg zugetragen haben, die Runa betreffen.«
    Walther ließ sich tatsächlich zurück in seinen Sessel fallen. Es war seltsam, den Namen seiner Frau aus dem Munde eines anderen Mannes zu hören. Unter anderen Umständen hätte Johann Schinkel niemals gewagt, sie so zu nennen, und Walther spürte, dass das, was nun folgen würde, furchtbar sein musste.
    »Runa ist im Verlies. Sie wurde auf dem Kranfest von Vater Everard angeprangert, eine Hexe zu sein. Sobald ihr Kind geboren ist, wird sie peinlich befragt werden, und zu meinem größten Missbehagen wurde ich dazu erwählt, das Verhör zu führen.«
    Walther rang einen Moment lang sichtlich um seine Fassung. »Was sagt Ihr da?«, fragte er schließlich tonlos. »Wieso? Ich meine, wann ist all das passiert? Runa sollte doch längst mit den Frauen fort sein. Und wie habt Ihr mich überhaupt gefunden?«
    »Bitte erwartet nicht zu viele Antworten von mir. Auch ich habe noch immer Fragen«, gestand Johann Schinkel dem bestürzten Spielmann. »Ich habe Euren Brief, welchen Ihr in Eurem Haus für Euren Schwager hinterlegt habt, in meiner Kurie versteckt. Durch einiges Geschick konnte ich ihn Vater Everard entreißen, bevor er ihn womöglich vernichtet hätte. In diesem Brief erwähntet Ihr zwar Euer Verschwinden, jedoch nicht, wo genau Ihr seid. Dass ich Euch hier gefunden habe, ist also entweder göttliche Fügung oder Zufall. Nennt es, wie Ihr wollt.«
    Walthers Kopf schwirrte. Er hatte so viele Fragen und war so entsetzt, dass es ihm schwerfiel, den Worten des Ratsnotars zu folgen.
    »Wie es aussieht, ist es Runa gar nicht erst gelungen, bis zu dem Pferdewagen vorzudringen, der sie alle aus der Stadt bringen sollte. Stattdessen ist sie Vater Everard an der Trostbrücke in die Arme gelaufen. Zu diesem Zeitpunkt wart Ihr offenbar schon nicht mehr in der Stadt.«
    Stocksteif saß Walther auf seinem Sessel, schüttelte den Kopf und fuhr sich mit beiden Händen über die Stirn. Die Erkenntnis, so unsagbar falsch gehandelt zu haben, presste ihm schier die Luft aus den Lungen. Er hatte Runa alleingelassen. Sie den Fängen seines grausamen Ziehvaters ausgeliefert. Everard musste das alles von langer Hand geplant haben, und er hatte nichts davon gemerkt. Völlig unvermittelt sprang Walther auf und sagte entschlossen: »Ich muss zu ihr! Noch heute werde ich zurück nach Hamburg reisen und mit dem Bürgermeister reden. Er wird wissen, dass die Anschuldigungen gegen Runa haltlos sind.«
    »Wartet!«, rief Johann Schinkel ihm nach; erstaunt darüber, wie

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