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Tochter des Ratsherrn

Tochter des Ratsherrn

Titel: Tochter des Ratsherrn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Tan
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nahmen sich, was sie tragen konnten.
    Die Überfälle lohnten sich, denn die Ritter durften einen Teil der Beute behalten. Zusätzlich belohnte Graf Gerhard II. diejenigen seiner Gefolgsleute, welche sich auf diese fragwürdige Weise besonders verdient machten, mit Lehen und Titeln.
    Heute jedoch war keiner unter ihnen in der Stimmung zu kämpfen. Sie alle hatten gestern bis spät in die Nacht gesoffen und gehurt, sodass ihnen noch immer der Schädel brummte. Und so trottete der bedrohlich anmutende Tross in einem gemächlichen Schritt den staubigen Weg entlang – scheinbar ohne erkennbares Ziel. Die Sonne brannte heiß herunter und ließ die Männer unter ihren Rüstungen schwitzen.
    »Marquardus, wohin führst du uns?«, fragte der junge Lüder von Bockwolde den unausgesprochenen Anführer der Gruppe mit müder Stimme.
    Der Angesprochene drehte sich auf seinem Pferd um und nahm seinen schweren Topfhelm herunter. Sein Haar war verschwitzt und sein Gesicht rot vor Hitze, doch sein Mund war zu einem breiten Grinsen verzogen. »Die reichen Pfeffersäcke haben Glück, Lüder. Mir steht heute nämlich nicht der Sinn nach einem Kampf. Es gelüstet mich vielmehr wieder nach den rosigen Schenkeln eines Weibes. Ich denke, wir sollten dem Bauern Mates und seinen drei Töchtern einen Besuch abstatten. Was meint ihr?«, fragte er dann an seine Kameraden gewandt.
    Die Antwort der Ritter war ein so raues Gelächter und lautes Gegröle, dass die Vögel aus den umliegenden Bäumen aufflogen.
    Ulrich von Hummersbüttel war wie immer der lauteste unter ihnen. Auch er nahm nun seinen Helm ab. Der Hüne hatte einen blanken Schädel und kräftig vorgewölbte Augenbrauenknochen. Unter den Rittern war er außerdem für sein großes Gemächt bekannt, das er bei jeder Gelegenheit zur Schau stellte. Keine Frau auf der Burg des Grafen war vor ihm sicher. Mühelos bediente er sich bei seinen Gespielinnen gleich zwei-, dreimal hintereinander, ohne dass sein Glied erschlaffte. Bei Marquardus’ Vorschlag war seine Übelkeit wie weggeblasen. Mit einem wilden Gesichtsausdruck packte er sich zwischen die Beine und sagte: »Ich kann es kaum erwarten, sie alle drei auf einmal zu schänden. Lasst uns schneller reiten, sonst platze ich.«
    In genau diesem Moment wurde das Feixen der Männer von einem unliebsamen Geräusch unterbrochen. Ungefähr drei Pferdelängen hinter ihnen ertönte plötzlich ein Husten und Würgen. Die Ritter rissen die Köpfe herum und sahen, wie Eccard Ribe sich in seinem Sattel auf die Seite beugte, um einen mächtigen Strahl gelblicher Brühe auszukotzen, der über die Schulter seines Pferdes rann. Gerade noch rechtzeitig hatte er seinen Helm abnehmen können.
    Einen kurzen Moment war es still, dann brachen die Männer in schallendes Gelächter aus. Giselbert von Revele schossen vor Lachen die Tränen in die Augen, und Heinrich von Borstel hatte große Mühe, sich auf seinem Pferd zu halten. Immer wieder wurde ihr Lachen von Neuem entfacht, sobald einer von ihnen seinen Spott über den Unglücklichen ergoss.
    »Eccard hat tatsächlich sein Pferd angekotzt!«
    »Pass auf, dass du jetzt nicht in deiner Rüstung einrostest!«
    »Ich fasse es nicht«, prustete Marquardus kopfschüttelnd. »Wir reden von Weibern, und du musst kotzen. Soll ich die Bäuerin vielleicht fragen, ob sie ein Schwein für dich hat, das du ficken kannst? Für Frauen scheinst du ja nichts übrig zu haben.«
    Nach diesen Worten wurde das Grölen der Ritter nur noch lauter.
    Der Angesprochene erwiderte nichts. Bleich glitt er vom Rücken seines Hengstes und erbrach sich laut würgend am Wegesrand. Es war allen bekannt, dass Eccard Ribe keinen Wein und keinen Met vertrug, dennoch trank er jedes Mal kräftig mit. Er selbst hasste die Tage nach ihren Saufgelagen am meisten. Immer wieder versuchte er sich zusammenzureißen und gegen seine Übelkeit anzukämpfen; doch immer wieder musste er kotzen. Die anderen Ritter hatten augenscheinlich ihren Spaß dabei, denn ihre Sprüche wurden von Mal zu Mal derber. Eccard konnte sich einfach nicht erklären, warum es bloß ihm immer so schlecht ging und alle anderen am Tage darauf vielleicht einen brummenden Schädel hatten, sich aber längst nicht so elend fühlten wie er. Auf keinen Fall wäre er heute in der Lage, ein Weib zu nehmen, und auch der bloße Gedanke an etwas zu essen ließ ihn erneut würgen.
    Nachdem sich die Männer etwas beruhigt hatten, ritten sie weiter. Ihr Weg führte sie vorbei an kleinen Seen

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