Tochter des Ratsherrn
inmitten des dicht bewachsenen Laubwaldes sowie über idyllische, mit saftigem Gras bewachsene Lichtungen. Sie folgten einem der moorigen Wege, bis sie schon von Weitem das seichte Plätschern eines Flusses hörten.
Marquardus steuerte auf das Ufer zu und hob die Hand, um die Männer zum Anhalten aufzufordern. Dann schaute er mit angewiderter Miene auf das besudelte Pferd neben sich und sagte: »Eccard, treib deinen Gaul sofort ins Wasser, damit wir diesen Gestank loswerden.« Wieder brachen die Männer in lautstarkes Gelächter aus.
Der Ritter nahm es den Männern nicht übel. Wäre es ein anderer von ihnen gewesen, der unter Übelkeit litt, hätte er ebenso seine Späße mit ihm getrieben. So tat er, was ihr Anführer von ihm verlangte, und trieb sein Pferd ins Wasser, welches sich nicht lange bitten ließ.
Mittlerweile schien es sogar noch heißer geworden zu sein. Wäre Eccard in der Lage gewesen, sich seiner schweren Rüstung ohne Knappen zu entledigen, dann hätte ihn wohl nichts davon abgehalten, selbst ins kühle Nass zu springen. Voller Übermut begann sein Hengst im Wasser herumzustampfen, dass es nur so spritzte. Eccard ließ ihn gewähren – bekam er so doch auch ein paar Tropfen ab. Erst als der Apfelschimmel sich genügend abgekühlt hatte, begann er gierig zu trinken. Mittlerweile hatten auch die anderen Pferde ihre Köpfe zum Trinken am Flussufer gesenkt. Sie schlugen wild mit den Schweifen, um das bissige Ungeziefer zu verscheuchen. Die Luft stand geradezu still.
Mit einem Mal riss eines der Pferde erschrocken seinen Kopf nach oben. Es war Marquardus’ empfindlicher Hengst Dancrat, der ohnehin selten entspannt war.
Marquardus verstand es wohl, die Regungen seines Pferdes zu deuten. »Setzt die Helme auf!«, lautete sein barscher Befehl.
Dann konnten es auch die anderen hören. Reiter! Noch war durch das dichte Laubgeflecht auf der anderen Seite des Flusses nichts zu sehen, doch die Ritter vernahmen bereits das Hufgeklapper und die Stimmen einiger Männer. Alle Müdigkeit war augenblicklich vergessen, und auch die Bauernmädchen zählten nun nicht mehr. Die Ritter witterten Beute – eine Beute, die im Begriff war, ihnen geradewegs in die Arme zu laufen! Die Männer brauchten keine Befehle. Wie von selbst nahmen ihre Hände die ledernen Zügel auf und legten sich an die Knäufe ihrer Schwerter. So standen sie da, nebeneinander aufgereiht, regungslos, bedrohlich und jederzeit zum Kampf bereit.
Endlich erschienen ihre Opfer zwischen den Bäumen. Es handelte sich um eine Gruppe von bewaffneten Männern, die einen reichen Kaufmann schützten.
»Angriff!«
Johannes war tief in seine Gedanken versunken, als der Überfall erfolgte. Eben noch hatte er abwesend auf seinem Ross gesessen, den goldenen Fürspann in der Hand gewogen und ihn in den Fingern gedreht, als vollkommen unerwartet ein wildes Geschrei losgebrochen war.
Ritter kamen mit gezückten Waffen durch einen Fluss galoppiert und griffen die Gruppe der Reisenden ohne Vorwarnung an.
Blitzschnell zogen Johannes’ Wachen ihre Schwerter. Noch bevor der Kaufmann überhaupt verstand, was passierte, hatten seine Männer ihn bereits zurückgedrängt. Während die eine Hälfte der Bewaffneten nach vorne zu den Angreifern preschte, nahm die andere Hälfte Johannes in sicherer Entfernung schützend in die Mitte, von wo aus er die blutigen Zweikämpfe mit ansehen musste.
Obwohl Johannes’ Wachmannschaft den Rittern zahlenmäßig überlegen war, wurde sie immer weiter zurückgedrängt. Die Ritter waren kampferprobter und besaßen die besseren Pferde. Außerdem schützten die schweren Rüstungen sie fast vollständig vor den Schlägen der Wachmänner.
Es dauerte nicht lange, da fiel der erste von Johannes’ Männern. Mit einem gewaltigen Hieb trennte einer der Ritter seinem Gegner den Schwertarm oberhalb der Elle ab. Sofort schoss eine rote Fontäne heraus, doch noch bevor der Mann anfangen konnte zu schreien, wurde er von einem Schlag auf den Kopf getroffen. Wie ein nasser Mehlsack plumpste er blutend von seinem Pferd, das sofort angsterfüllt davongaloppierte. Nur wenig später fiel bereits der nächste von Johannes’ Gefolgsleuten und dann noch einer. Immer wieder verließ einer der Wachmänner um Johannes den schützenden Kreis und ritt zum Flussufer hinüber, wo der Kampf stattfand. Schon bald waren nur noch wenige Männer zu seinem Schutz da.
Johannes bekam es mit der Angst zu tun. Seine eigenen spärlichen Kampfkünste reichten nicht
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