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Tochter des Ratsherrn

Tochter des Ratsherrn

Titel: Tochter des Ratsherrn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Tan
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staubbedeckt.
    Obwohl Johannes froh darüber sein konnte, den wilden Plackern lebendigen Leibes entkommen zu sein, ärgerte er sich über sein so wenig glanzvolles Eintreffen in Plön. Würdevoll und mit einer scheinbar unbesiegbaren Schar von Bewaffneten hatte Johannes hier aufschlagen wollen, auf dass der Graf sich gerne mit ihm an seiner Seite schmückte. Diesen Gedanken konnte er nun getrost verwerfen, erinnerte sein kleines Trüppchen doch vielmehr an eine Horde schmählich verprügelter Knaben.
    Noch am selben Abend wurde Johannes zu Graf Gerhard II. vorgelassen. Man führte ihn die düsteren Gänge der Burg entlang, die meist nur spärlich beleuchtet waren durch die eine Fackel, die der Diener vor ihm trug. Johannes verstand, warum viele das Leben auf einer Burg verabscheuten. Ungeachtet der warmen Jahreszeit schien es drinnen stets kälter zu sein als draußen. Überall hing ein moderiger Geruch in der Luft, und die ständige Dunkelheit drückte einem aufs Gemüt. Das Einzige, was als Entschädigung zählte, war der weite Ausblick.
    Wäre nicht bereits die Nacht hereingebrochen, hätte Johannes durch eine der Luken in den dicken Mauern sicher den Plöner See und die Insel Olsborg sehen können, wo jener Ort seinen Anfang genommen hatte. Während Johannes hinter dem langsamen Diener herschritt, erinnerte er sich an die Rede, die nach der Verkündung der Erbaufteilung von einem gräflichen Gefolgsmann Gerhards II. auf dem Kunzenhof gehalten worden war.
    Nachdem klar war, dass der Erstgeborene Plön zugesprochen bekam, waren die Heldentaten des Mannes aufgezählt worden, der die Stadt zu dem gemacht hatte, was sie heute war. Gerhards Ururgroßvater Graf Adolf II. von Schauenburg war es vor fast hundertfünfzig Jahren gelungen, die Slawen von hier zu vertreiben und sich deren Burg auf der Insel Olsborg anzueignen. Einige Jahre später gab Adolf II. die Burg auf und ließ sie auf der Anhöhe neben dem See erneut errichten, auf der sie auch heute noch stand. Seither hatte die Festung viele Veränderungen miterlebt. Jeder neue Herrscher nahm Umbauten vor und erweiterte sie nach seinen Wünschen, um sie noch größer und prunkvoller erscheinen zu lassen. Gemeinsam mit der Burg war auch der Ort zu ihren Füßen gewachsen, und so erstreckte sich am Rande des Burgbergs heute ein geschäftiger Marktflecken, der bereits seit über fünfzig Jahren das Stadtrecht innehatte.
    Graf Gerhard II. hatte mit Plön ein wahrlich gutes Stück des väterlichen Erbes erhalten, denn zum einen war diese Burg eng mit der Geschichte seiner Familie verbunden, zum anderen war sie durch ihre günstige Lage zwischen dem Plöner See und dem Fluss Schwentine bestens vor Angreifern geschützt.
    »Wir sind da, Herr«, sprach der Diener mit der Fackel, als er den abwesenden Blick des Fremden auffing.
    Ohne dass Johannes es bemerkt hatte, hatten sie die mächtige Flügeltür des Saals erreicht, in dem der Graf seine Gäste zu empfangen beliebte. Der Diener steckte seine Fackel in eine schmiedeeiserne Halterung an der Wand, drückte die Tür mit beiden Armen auf und wies seinem edlen Begleiter tief gebeugt die Richtung, in der sich Gerhard II. befand.
    Wortlos schritt Johannes an ihm vorbei. Er kannte diese Halle von seinen vorherigen Besuchen, doch als er sie jetzt betrat, kam es ihm fast so vor, als wäre er noch niemals hier gewesen. Die einst so kahlen Wände waren über und über mit kostbaren Wandteppichen geschmückt, in denen sich das Nesselblatt des Schauenburger Wappens wiederfand. Fackeln erhellten den Saal und ließen einen Blick auf die neuerdings kunstvoll bemalte Holzdecke zu. Es roch nach Kräutern, die man in das lodernde Feuer des steinernen Kamins geworfen hatte. In der Mitte stand ein schwerer Holztisch mit glänzenden Leuchtern, an dem Ritter und andere Gefolgsleute des Grafen saßen.
    Der Erbe hatte nach dem Tode seines Vaters tatsächlich einiges verändert, um der Burg seinen eigenen Abdruck zu verleihen. Johannes’ Augen wanderten zur gegenüberliegenden Seite des Saals, wo Gerhard II. auf einem Stuhl mit übergroßer Lehne thronte. Fast wie ein König sah er aus – jedenfalls so lange, bis man näher herantrat.
    Sein Blick schien wie immer irgendetwas Unsichtbarem in der Luft zugewandt zu sein, doch als ihm ein Diener zu seiner Linken etwas ins Ohr flüsterte, drehte der Graf seinen Kopf zielsicher nach vorne und richtete seine trüben, fast gespenstisch weißen Augen auf Johannes.
    Dieser war bereits vor ihm auf ein Knie

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