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Tochter des Windes - Roman

Tochter des Windes - Roman

Titel: Tochter des Windes - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Blanvalet-Verlag <München>
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war mir Mia zumindest ebenbürtig.

    Â»Mich beschäftigt vielmehr die Frage, die sie sich auch stellt: ob ein Mensch, der offenbar vor Jahrhunderten lebte, in eine Epoche eingreifen kann, sodass die Geschichte ihrer Nachkommen eine ganz andere Dynamik entwickelt. Angenommen, es wäre möglich  – dann würde das aber sogleich die nächsten Fragen aufwerfen: Wer könnte dieses Wesen sein? Woher kommt es? Was macht es? Wo existiert es?«
    Â»In einer metahistorischen Zeit«, sagte ich feierlich.
    Â»Ja, und wo genau befindet sich die?«, fragte Mia.
    Â»Davon habe ich leider keine Ahnung!«
    Â»Das ist intellektueller Schiffbruch«, sagte sie streng. Worauf wir gemeinsam in nervöses Gelächter ausbrachen, weil wir beide so aufgewühlt waren und dies zu verbergen versuchten, indem wir prätentiös daherredeten.
    Â»Also, jetzt sage ich dir, was ich denke!« Mia wischte sich die Augen. »Ich denke, dass Tante Azais Träume eben nur Träume waren. Ein erträumter Realismus, wenn dir die Bezeichnung gefällt.«
    Â»Willst du ein Gleichnis?«, fragte ich.
    Â»Ich liebe Gleichnisse.«
    Â»Das Gleichnis erzählt von dem blinden Gärtner und von der Rose ohne Duft. Dieser Gärtner erfindet in seinem Kopf die allerschönste Rose und züchtet sie auch. Theoretisch ist diese Rose tatsächlich die vollkommenste der Welt. Aber sie ist ohne Duft. Kann der Gärtner jemals wissen, ob er wirklich eine Rose gezüchtet hat?«
    Â»Wenn das dein einziger Maßstab ist …«
    Â»Du vergisst eine Einzelheit: Ich habe hier, in diesem Haus, etwas gesehen, das ich mir nicht erklären kann. Ich würde es nach Azais Notizen nicht mehr als etwas total Absurdes bezeichnen.«
    Â»Warum nicht?«
    Â»Weil das Undenkbare nicht unbedingt unmöglich ist, verstehst
du? Weil ich nicht in das Schema passe. Ich bin keine Frau, habe mit dem Koga-Clan nicht das Geringste am Hut, und mein Geist ist nicht stark, sondern skeptisch. Die Frau mit den schwarzen Zähnen hat sich in der Person geirrt. Sie hätte dir erscheinen sollen, nicht mir.«
    Â»Aber du bist es, der hier wohnt!«, protestierte Mia. »Ich komme nur zu Besuch. Du lebst hier, du atmest hier, du schläfst hier.«
    Â»Und ich pinkele hier. Und anderes mehr …«
    Â»Das gehört dazu. Was ich damit sagen will: Hier hat sich eine ganze Menge Erinnerungsmaterial angehäuft, in der Luft, in den Wänden und meinetwegen auch in der Kanalisation ; die Latrinen waren ja früher am gleichen Ort. In diesem Haus besteht  – ob du es zugibst oder nicht  – die Manifestation einer Kraft. Und du hast diese Kraft  – ohne es zu wollen  – herbeigerufen und sichtbar gemacht. Du musst eine momentane Schwäche gefühlt haben, während es geschah. Tante Azai hat sie ja am eigenen Leib gespürt.«
    Â»Falls diese Kraft existiert«, sagte ich, »solltest du auch ein bisschen davon haben …«
    Ein Schatten glitt über Mias Gesicht.
    Â»Diese … diese Zustände, wenn du so willst, die habe ich dann und wann auch gespürt. Aber ich habe sie immer unterdrückt. Mich mit Händen und Füßen dagegen gewehrt. Du nicht?«
    Â»Nicht genug, offenbar. Ich war einfach zu verdutzt.«
    Â»Aha. Und sag mir jetzt bitte, was ich von dir halten soll?«
    Â»Dass ich absolut nicht bereit bin, vor jemandem aus dem Jenseits zu katzbuckeln.«
    Â»Wir verstehen uns«, sagte Mia. »Aber du wirst trotzdem katzbuckeln müssen.«
    Â»Ach, vor wem denn?«
    Â»Vor Tante Azai. Sie soll ihre Notizen zurückhaben. Sie gehörten
ja schließlich ihr. Was sie dann damit macht, ist ihre eigene Sache. Und da ist noch etwas anderes: Ich will unbedingt mit ihr über den Bauplan reden, den Jan Letzel meinem Urgroßvater gezeigt hat! Der interessiert mich viel mehr als dein Phantom!«
    Â»Das Phantom gehört Tante Azai, ich erinnere dich daran. Ich habe es mir nur ausgeliehen …«
    Â»Meinetwegen! Ich jedenfalls habe nichts gesehen, nichts gehört, nichts gerochen. Und ich werde alles tun, damit es so bleibt.«
    Â»Wie ich sehe, bist du hin- und hergerissen.«
    Sie schüttelte heftig den Kopf.
    Â»Nein, überhaupt nicht! Ich will aber wissen, was aus dem Bauplan geworden ist. Ob er noch vorhanden ist, ob sie ihn irgendwo versteckt hat.«
    Â»Das kann ich mir schlecht

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