Tod am Chiemsee (German Edition)
Bootsrumpf
aus, als eine polternde Stimme rief: »Wage es nicht!«
Der verschreckte Tobias Tümmler riss seine Hand zurück. Er
schüttelte den Kopf, als hinge sein Leben davon ab, und hielt sein Holzkreuz
fest umklammert. Althea versuchte ihn zu beruhigen, sie strich ihm über den
Arm. »Es ist alles in Ordnung, wir haben nichts angestellt.« Wir, damit er sich
nicht allein fühlte.
Aber sie hatte schon etwas angestellt. Sie hatte es in Lukas’
Gesicht gesehen.
Tobi deutete mit großen Augen auf den alten Mann, der hinter ihnen
so unauffällig leise durch die Tür gekommen war. »O weh! Nichts getan,
Tobi hat nichts getan.«
»Tut mir leid, ich wollte ihn nicht so anfahren«, entschuldigte sich
Benedikt Lanz. »Diese Sache dauert mehrere Tage, und der Lack ist sehr
empfindlich.« Er zeigte auf das unfertige Gebilde, das einmal ein stolzes Boot
sein würde.
»Wenn Sie mir jetzt eine Zusage für unser Sommernachtsfest geben,
dann bin ich sogar bereit, für Ihren missratenen Enkel zu beten.«
Es war ein Scherz, obwohl … Lukas Lanz war ihr schon früher nicht
geheuer gewesen. Und Theresa hatte er regelrecht bedrängt. Licht und Dunkel;
Moritz war das Licht gewesen.
»Die können Sie haben – die Zusage. Nichts für ungut, Junge«, sagte
er und klopfte Tobias auf die Schulter.
Und zu Althea: »Gehen Sie mit Gott!« Jetzt lachte Benedikt Lanz so
angestrengt, dass Althea meinte, die empfindlichen Lackschichten müssten jeden
Augenblick abplatzen.
Sie verabschiedeten sich, und Tobi stolperte nach draußen.
Blieb noch Martin Sattler, der Glückspilz mit dem guten Fang. Er bot
außerdem wunderbare geräucherte Fische an. Doch Tobias zitterte, so sehr hatte
ihn Benedikt Lanz’ Gepolter erschreckt. »Tobi hat nichts getan«, wiederholte
er.
»Sollen wir nach Hause fahren, Tobi?« Althea wollte nicht einfach
über ihn und seine Zeit bestimmen. Sie strubbelte ihm durchs Haar und hängte
sich bei ihm ein. Sie wollte ihm die Angst nehmen und empfand sie doch längst
selbst.
»Noch mehr Fischers Fische?«, fragte Tobi, und auf seinem Gesicht
erschien schon wieder ein kleines Lächeln.
»Einer wäre da noch. Martin Sattler. Er hat prima Räucherware.«
»Du kaufst Verbranntes, Schwester Althea?«, zog er sie auf. Und sie
lachten zusammen. Aber sie glaubte nicht, dass Tobias den Schrecken schon
überwunden hatte.
Martin Sattler noch, und danach würden sie zurückfahren.
Doch der Fischer war nirgendwo zu entdecken. Die Haustür des
kleinen Bauernhauses war nicht abgesperrt.
Althea lugte vorsichtig in den Gang hinein und verkündete: »Der
Herrgott braucht Fische, und das Kloster Frauenwörth ist für die Vermehrung
zuständig. Wo steckst du, Fischer?« Antwort bekam sie keine.
Tobi deutete auf das Räucherhaus, aber dort drin hingen nur die
frisch gefangenen Fische, sonst war auch hier nichts zu entdecken.
»Wir haben kein Glück, Tobi. Also, kein Fischer, keine Fische und
auch keine Lügen zu erraten.« Dabei hätte sie gern gehört, was Sattler zu sagen
hatte. Um die Fische ging es nicht wirklich, die konnte sie auch telefonisch bestellen.
»Schaade«, meinte Tobi ernsthaft. »Er ist weg, weil sein Boot nicht
da ist.« Er deutete auf das leere Bootshaus.
Tobi hatte recht.
Und plötzlich sah Althea wieder dieses Bild vor sich.
Das einsam dümpelnde Boot auf dem Chiemsee.
21
Bockshornklee (Trigonella foenum-graecum)
Standort: Beheimatet ist der Bockshornklee insbesondere in Südwest-Asien (Indien und
China), aber auch in der Ukraine. In diesen Gegenden sowie in Südeuropa wird
Bockshornklee häufig als Heil-, Würz- und Futterpflanze angebaut.
Wirkungsweise: Traditionell werden Bockshornkleesamen als allgemeines Kräftigungsmittel zur
Rekonvaleszenz verwendet. Auch bei Husten ist er gebräuchlich. Es gibt
Hinweise, dass Bockshornklee zur Senkung der Blutzucker- und Blutfettwerte
beitragen kann.
Sie hatte den Namen erkannt. Als sie das handgetöpferte
Türschild gesehen hatte, wusste sie, die Frau war keine Unbekannte.
Gerlinde Dissler. Erinnerungen, denen Friederike nicht zu begegnen
wünschte, erst recht nicht auf Frauenchiemsee. Die Frau war pures Gift, und
würde es nur eine klitzekleine Möglichkeit geben, sie loszuwerden, würde
Friederike sie zu nutzen wissen.
»Wie leicht, das herauszufinden«, murmelte die ehemalige Richterin
und zückte ihr Handy, um einen alten Kontakt zu bemühen. Jemanden, der sie einmal
sehr gemocht hatte. Jemanden, der sie vielleicht immer noch mochte.
Warum fällt
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