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Tod am Chiemsee (German Edition)

Tod am Chiemsee (German Edition)

Titel: Tod am Chiemsee (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ina May
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Schleier und befestigte
ihn mit langen Nadeln. Gregors Nonne trug auch einen Schleier, doch den hatte
er sich anders gedacht; weiß und zart, mit Spitzenbesatz. Eine eitle Nonne.
    Altheas Erinnerungen an Theresa und Moritz waren nicht ausgelöscht,
sie hatte nur lange nicht mehr an die beiden gedacht.
    Sie galten damals als das absolute Traumpaar. Und als sie
verschwanden, war jeder bereit zu glauben, sie wären zusammen durchgebrannt. Da
war einerseits Theresa, die stille, hübsche mit den goldfarbenen Seelenaugen.
Nicht wenige Männer waren in sie verliebt. – Sie war ein armes reiches Mädchen.
Ihre Vorfahren hatten das Investment-Bankhaus Biedermann in Frankfurt am Main
begründet, Theresas Mutter war eine erfolgreiche Schauspielerin.
    Auf der anderen Seite stand Moritz, von dem erwartet wurde, dass er
die Tradition der Familie fortführte – Bootsbauer am Südufer des Chiemsees,
seit Generationen. Hier wie dort war das Geld zu Hause, nur lagen zwischen
Frankfurt und dem Chiemgau Welten.
    Knochen, der bloße blanke Rest. Es war eine schreckliche
Vorstellung.
    Alpträume bekam man davon, da war sich Althea sicher. Man möchte
doch die Menschen, die man gernhat, so in Erinnerung behalten, wie sie waren.
Man möchte das, was am Ende aus ihnen wird, nicht sehen.
    Der ungenießbare Eintopf. Theresa und Moritz, die fehlenden Zutaten.
    Eine Antwort gab es vom Kreuz herab auch dieses Mal keine für
Schwester Althea. Zumindest nicht in Worten.
    Sie würde also wie jeden Morgen ihre Füße in den Chiemsee hängen.
Währenddessen konnte sie alles an sich vorüberziehen lassen – in ihrem Kopf, in
Gedanken.
    Ihr Blick wanderte zu all dem Schönen, das sie umgab. Weit im
Hintergrund das Bergmassiv der felsigen Kampenwand, direkt vor ihren Füßen der
Ufersaum, der Übergang vom Land zum Wasser, die Sträucher und Bäume,
Schattenspender vor einem blauen Himmel und Heimat für so manches Tier.
    Das Wasser des Sees war kühl, und winzige Tropfen stürzten sich vom
Himmel hinein. Wie feine Nadelstiche.
    Ihre Erinnerung an diese Zeit war die schwärzeste, die Althea
anzubieten hatte. »Willst du mir das sagen? Dass aus einem schwarzen Schaf
niemals ein weißes wird? Dann sieh mich an, ich werde schwarz sein bis an mein
Ende, und es ist deine Schuld.« Althea lachte ihr einnehmendes Lachen.
    Mit einem Mal hörten die Nadelstiche auf, weil jemand einen Schirm
über ihren Kopf hielt. Sie wandte sich um und sah nur ein Paar Beine – die
Krautstampfer in Turnschuhen gehörten zu Friederike Villbrock.
Christenverfolgung.
    »Diesmal rette ich dich«, sagte die Dame
mit den dicken Beinen. Es klang grauenvoll gönnerhaft.
    Althea bewegte weiter ihre Füße im kühlen See hin und her, doch es
machte ihr plötzlich keinen Spaß mehr.
    »Ich war immer der Meinung, Nonnen haben einen sehr strengen
Tagesablauf. Scheint mir aber gar nicht so.« Peng, der Hieb hätte treffen
sollen, ging aber daneben. Althea war Friederikes Meinung vollkommen egal.
    »Zum Singen gezwungen, wie grausam wäre das denn?«, gab sie zurück.
    »Du warst intelligenter als wir alle, warum hast du nichts mit
deinem Grips angefangen?« Friederike ließ sich umständlich neben Althea auf dem
Steg nieder. Wie konnte man bloß reden und gleichzeitig so grässlich schnaufen.
    Worauf lief die Anspielung hinaus? Denn dass es auf etwas hinauslief,
war klar.
    »Zwei Komplimente in vier Tagen, Himmel, ich werde noch überheblich.
– Wo hast du denn den netten Maximilian versteckt?«
    Althea fand den Jungen wirklich nett. Nett und erfrischend. Was sie
darauf brachte, ihre Füße aus dem Wasser zu ziehen.
    Friederike stöhnte. »Maximilian ist eines sicher nicht: nett.
Genauso wenig wie diese Radioleute. Die sind einfach nur ekelhaft. Und so was
nennt sich dann Berichterstattung. Chiemseeknochen! Als ob man Moritz und
Theresa darauf reduzieren könnte.«
    Althea musste ihr zugestehen, dass sie recht hatte. Für alle, die
die beiden gekannt hatten, waren die Überreste in diesem Koffer nicht nur Knochen.
    Moritz und Theresa, nicht Theresa und Moritz. Was war ihr damals
entgangen?, fragte sich Althea. Friederike Villbrock hatte auch nicht immer so
füllig wie ein Wattebausch ausgesehen, irgendwann vor fünfunddreißig Jahren war
sie sogar mal ziemlich süß gewesen. Das würde ihr Althea aber nicht sagen.
    »Stefan Sanders übernimmt den Fall, wie ich gehört habe.« Jetzt
änderte Friederike die Richtung ein wenig.
    Althea kniff die Augen zusammen. Jede Wette, Friederike hatte

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