Tod am Kanal
versammelten Klasse, der Unterricht würde ihrer Auffassung nach
nicht in der Schule, sondern in einem Kral stattfinden.«
»Warum haben Sie Ina
Wiechers getötet?«
»Sie hat mich wegen
meiner Hautfarbe verschmäht. ›Ich kann jeden anderen Mann bekommen und bin ich
nicht auf einen Mischling angewiesen. Und wenn du mich weiter bedrängst, dann
erzähle ich es deiner Frau und mache dich im ganzen Ort lächerlich.‹ So hat sie
mir gedroht. Dabei hatte ich Vertrauen zu ihr gefasst, nachdem wir sehr
konstruktiv und kollegial zusammengearbeitet hatten. Allerdings wollte ich sie
davon abbringen, das Gymnasium an den Pranger zu stellen.«
»Der Mord war aber
keine spontane Handlung.«
»Nein. Als ich den
Besen des Hausmeisters sah, dachte ich zuerst daran, Ina zu erschlagen. Ich
wusste ja nicht, wie man an eine Waffe kommt. Und Gift erschien mir zu grausam.
Sie sollte nicht leiden. Dann fiel mir ein, dass das Opfer beim Erdrosseln sehr
schnell besinnungslos wird. Deshalb habe ich diese Methode gewählt.«
»Und einen
Drosselknebel aus dem Besen des Hausmeisters gebastelt?«
»Ja«, gab Hauffe
kleinlaut zu.
»Dabei haben Sie
aber nicht bedacht, dass die moderne Kriminaltechnik Spuren Ihrer Jeans
nachweisen kann, als Sie den Besenstiel über Ihrem Knie zerbrachen.«
»In solchen Dingen
kenne ich mich nicht aus. Ich bin nie zuvor mit dem Gesetz in Konflikt
geraten.«
»Immerhin haben Sie
den Mord akribisch vorbereitet. Ihre Frau hat vorhin erzählt, dass Sie ein
brillanter Schachspieler sind. Deshalb haben Sie ein Stück Draht vor dem Haus
der Familie von der Hardt abgeknipst, um uns in die Irre zu leiten. Vielleicht
haben Sie nicht einmal gewusst, dass dieser zufällig identisch mit dem von der
Wiese am Bootsanleger ist.«
»In diesem Punkt
überschätzen sie mich. Es stimmt, dass ich den Draht in St. Peter-Ording
abgeknipst habe. Die Zange hatte ich zuvor beim Hausmeister ausgeliehen.«
»Wo ist die
übrigens?«
»Die habe ich
irgendwo in der Treene versenkt. Es war Nacht. An den genauen Ort kann ich mich
nicht mehr erinnern.«
Sie wurden
unterbrochen, weil aus dem Hintergrund der Wohnung Maike zu hören war, wie sie
sich übergab. Hauffe sprang auf.
»Ich muss mich um
meine Tochter kümmern«, rief er und rannte aus dem Zimmer.
Große Jäger wollte
hinterherlaufen. »Der haut uns sonst ab«, sagte er, aber Christoph hielt ihn
zurück.
»Da müssen wir uns
nicht sorgen. Hauffe wüsste nicht, wohin. Der hat keinen Platz auf dieser Welt,
wo er in Frieden leben könnte.«
»Wie bist du
eigentlich auf ihn gekommen?«
»Da gab es mehrere
Punkte, die mich nachdenklich gestimmt haben. Zum einen die Unstimmigkeit, wer
die Tote in der Gracht zuerst entdeckt hatte. Hauffe wollte es so aussehen
lassen, als hätte seine Frau das Kanu gesehen. Es hätte uns sonst nachdenklich
gemacht, warum er sich nicht früher darum gekümmert hat.«
»Das ist aber noch
kein Beweis.«
»Es war ein kleiner
Nadelstich. Allein für sich war das noch nicht entscheidend. Dann gab es eine
weitere Begebenheit, die mich irritiert hat. Von van Oy wissen wir, dass er ein
notorischer Lügner ist. Bei dem umfassen die Gebote Mose nur neun.«
»Acht«, warf Große
Jäger ein. »›Du sollst nicht ehebrechen‹ hast du vergessen.«
Christoph
schmunzelte. »Als Westfale hast du vielleicht einen besseren Draht zum lieben
Gott als wir Nordlichter. Jedenfalls war es nicht Hauffes Art, uns ständig die
Unwahrheit zu erzählen. Warum hat er uns aber weismachen wollen, er hätte vom
Pult in seiner Klasse Fouad al-Shara ums Haus schleichen sehen? Erinnerst du
dich? Das hat er damals ausgesagt, als wir nach dem Überfall auf Rebecca in der
Schule waren.«
Große Jäger nickte
zustimmend.
»Vorhin waren wir
noch einmal in der Schule, und ich habe Harry Trochowitz gebeten, Hauffes
Klassenraum zu öffnen. Der Blick geht nach hinten hinaus. Man sieht nur die
Marsch, und der Hausmeister hat bestätigt, dass sich in dem sumpfigen Areal
niemand aufhält. Also konnte Hauffe den Libanesen gar nicht bemerkt haben. Das
war nur eine Schutzbehauptung, um unsere Ermittlungen in die falsche Richtung
zu lenken.«
Sie wurden kurz
durch Renate Hauffe unterbrochen, die ihren Kopf bewegte und dabei einen tiefen
zufriedenen Seufzer von sich gab.
»Ich staune immer
wieder, was dir Kieler Schreibtischpolizisten alles auffällt. Schade, dass auch
du mit sechzig pensioniert wirst, sonst könnte aus dir im Laufe der Jahre noch
ein anständiger Kriminalist werden.« Der
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