Tod am Kanal
nee, mein
Süßer. Das warst du. Ich habe vielleicht ein’ Lütten im Timpen, aber so doof
bin ich doch nicht.«
Hauffe wandte sich
an Christoph. »Sie sehen doch selbst, in welchem Zustand sich meine Frau
befindet. Die ist doch nicht mehr zurechnungsfähig. Und so etwas muss ich
täglich durchmachen. Wundert es Sie, dass ich mich nicht mehr unter die Leute
wage? Wir leben hier in einer Kleinstadt. Da bleibt nichts vor den Augen der
Nachbarn verborgen.«
»Auch nicht Ihr
Verhältnis mit Ina Wiechers?«
Hauffe musterte
Christoph aus funkelnden Augen. »Das glauben Sie doch selbst nicht. Ich bin
verheiratet. Vielleicht nicht sonderlich glücklich. Aber ich mache mich doch
nicht an Kolleginnen heran.«
»Sie wären nicht der
Einzige. Wir haben inzwischen ermittelt, dass es jede Menge Männer gab, die
mehr oder weniger erfolgreich um die Gunst von Ina Wiechers gebuhlt haben.«
»Mein Vater macht ja
viel Mist, aber er ist ein Spießer. Das kann sich keiner vorstellen, dass er
Frau Wiechers angebaggert haben soll«, mischte sich Maike ein.
»Wer hat dich
gefragt?«, wies Hauffe seine Tochter zurecht. »Sieh zu, dass du den Raum
verlässt.«
»Nun aber sutsche«,
sagte Große Jäger. »Wir möchten, dass Maike bleibt. Seien Sie doch froh, dass
Ihre Tochter Sie in Schutz nimmt.«
Maike nickte eifrig.
»Die Wiechers hatte doch ganze andere Kerle als so einen wie dich. Du bist ja
nicht einmal ein richtiger Neger, von dem vielleicht manche Frauen träumen.«
Hauffe sprang auf
und wollte sich auf seine Tochter stürzen, aber Große Jäger packte ihn am Arm
und hielt ihn fest. »Ganz ruhig. Das hatten wir doch schon einmal. Sie wollen
doch weder Tochter noch Enkelkind schädigen? Das geziemt sich nicht für einen
werdenden Großvater.«
Hauffe bückte sich,
um den durch sein überhastetes Aufspringen umgekippten Stuhl
wiederaufzurichten. Schwer atmend nahm er Platz.
»Vielleicht hatten
Sie kein Verhältnis mit Ina Wiechers. Aber auch das könnte ein Motiv für Sie
gewesen sein. Es wäre nicht das erste Mal, dass ein Mensch aus verletztem Stolz
hat sterben müssen. Kann es sein, dass Ina Wiechers Ihren Werbeversuchen
widerstanden hat und dabei beleidigend geworden ist?«
»Quatsch«, war
Hauffes knapper Kommentar zu Christophs Frage.
»Es muss
frustrierend sein, wenn man sieht, wie eine Frau scheinbar leichtsinnig
Liebschaften mit anderen eingeht, denen man sich in jeder Hinsicht überlegen
fühlt.«
Hauffe sah Große
Jäger an. »Muss ich mich von Ihrem Kollegen beleidigen lassen? Das ist mehr als
grobe Ehrverletzung, was Ihr Mitarbeiter von sich gibt.«
Der Oberkommissar
lehnte sich entspannt zurück und verschränkte die Arme vor der Brust. »Das ist
nicht mein Mitarbeiter, sondern mein Boss.« Große Jäger bohrte sich im Ohr und
neigte den Kopf leicht zur Seite. Dann besah er sich die Fingerspitze.
»Komisch. Da ist nichts im Gehörgang. Trotzdem habe ich nichts gehört, was Sie
dem Ersten Hauptkommissar vorwerfen könnten.«
»Der hat doch recht,
der Herr Erster Dingsbums«, lallte Renate Hauffe dazwischen.
»Außerdem wissen
wir, dass Ina Wiechers gewisse Praktiken am Eidergymnasium nicht guthieß und
diese an die Schulaufsicht melden wollte.«
»Sie schenken diesem
absurden Geschwätz doch keinen Glauben. Ob wir Lehrer in Friedrichstadt oder an
einem anderen Ort vor einer Klasse stehen – das macht doch keinen Unterschied.«
»Ich denke, schon.
Ihre Frau hat vorhin ausgemalt, welchen Stellenwert diese kleine Stadt für Sie
hat. Das hier ist Ihr unverrückbarer Lebensmittelpunkt.«
Christoph legte eine
längere Pause ein. Er wollte seine Worte wirken lassen. Die Zeit nutzte Renate
Hauffe, um das Glas erneut zu füllen. Niemand aus der Runde machte Anstalten,
sie daran zu hindern.
»Ich habe eine
Zwischenfrage«, wechselte Christoph das Thema. »Waren Sie schon einmal in St.
Peter-Ording?«
»Sicher.«
»Auch im Hause der
Familie von der Hardt?«
»Kann sein«,
erwiderte Hauffe ausweichend.
»Beantworten Sie die
Frage bitte eindeutig.«
»Ja. Ich habe mit
der Mutter gesprochen. Es gab öfter Probleme mit Nico.«
»Haben Sie
Vorschläge für ein Arrangement unterbreitet? Ein oder gar zwei zugedrückte
Augen bei der Versetzung gegen eine weitere großzügige Spende für den
Schulverein?«
»Wo denken Sie hin«,
brauste der Lehrer auf. »Ich bin doch nicht bestechlich. Solche Machenschaften
hat einzig der Schulleiter verfolgt.«
»Aha«, schob Große
Jäger dazwischen.
Wulf Hauffe merkte,
dass er
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