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Tod am Kanal

Tod am Kanal

Titel: Tod am Kanal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Nygaard
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jemand den Draht an dieser Stelle gekappt.«
    »Diese Begrenzung ist ziemlich marode. Das Ding ist
immer wieder einmal unterbrochen.« Christoph zeigte auf eine andere Stelle,
etwa zwei Meter weiter, an der ebenfalls der Draht fehlte.
    »Schon«, antwortete Große Jäger. »Aber hier wurde der
Draht erst vor Kurzem gekappt. Die Schnittstelle ist frisch. Man sieht es an
den blanken Kanten. Außerdem glaube ich, Kratzer auf der Oberfläche zu
erkennen. So, als hätte jemand eine Zange angesetzt, wäre damit ein wenig auf
dem Draht entlanggerutscht und hätte dann zugedrückt und das Ding durchtrennt.«
    »Wenn du recht hast, Wilderich, dann haben wir nicht
nur den Tatort gefunden, sondern auch den Beweis dafür, dass es ein
heimtückischer und geplanter Mord war.«
    »Wie kommst du darauf?«, fragte Große Jäger.
    Christoph kratzte sich vorsichtig die Schläfe. Er
hatte den Kopf leicht geneigt.
    »Für Totschlag gilt die Voraussetzung, dass das
Tötungsdelikt nicht geplant war. Es muss sich aus der Situation heraus ergeben
haben. Wenn jemand sich aber eine Drahtzange beschafft, um das Tatwerkzeug
herzustellen, und dem Opfer dann auflauert, um es zu töten, liegen Vorsatz und
Heimtücke vor. Das ist unzweifelhaft Mord.«
    »Donnerlüttchen. Irgendwer hatte es gezielt auf Ina
Wiechers abgesehen.« Große Jäger lächelte und klopfte Christoph auf die
Schulter. »Dann ist es ja ganz einfach. Wir müssen nur noch den Täter finden.«
    »Der Täter hatte den Schlüssel fürs Boot und Werkzeug.
Das muss …«
    »… er irgendwo herhaben«, fiel der Oberkommissar
Christoph ins Wort. »Wir sollten uns umsehen, ob wir vielleicht an der Schule
fündig werden.«
    Sie gingen zum Schulgebäude zurück. Kurz bevor sie es
erreichten, schlug die Schulglocke an. Es schien, als hätten die Schüler auf
dieses Signal gewartet. Keine zwei Minuten waren vergangen, als die ersten mit
lautem Gejohle aus der Tür stürmten. Dabei wurde gestoßen und geschubst, an Ranzen
und Kleidung gezerrt und lautstark miteinander über alle wichtigen und
unwichtigen Dinge dieser Welt kommuniziert.
    Christoph schüttelte den Kopf. »Waren wir auch so?«
    »Nee«, griente Große Jäger. »Schlimmer.«
    Sie warteten, bis sich die Flut aus der Schule
hervorquellender Kinder gemäßigt hatte und die älteren Jahrgangsstufen
erschienen. Bei denen ging es wesentlich ruhiger und gelassener zu.
    Christoph war erstaunt, dass nicht wenige von ihnen
mit schon glimmender Zigarette das Schulgebäude verließen. In einem Pulk
tauchte Nicolaus von der Hardt auf. Neben ihm trottete der sommersprossige
Rothaarige. Der Junge gewahrte die beiden Polizisten, stieß Nico an und sagte
etwas. Jetzt sah auch der zu den Beamten herüber. Der Jugendliche hob die Hand
und zeigte unter dem Gelächter seiner Begleiter einen Stinkefinger.
    Große Jäger wäre auf Nico losgestürmt, hätte ihn
Christoph nicht vorsorglich hinten an der Lederweste festgehalten.
    »Bleib ruhig, Wilderich. Du stehst doch über den
Dingen.«
    »Dem bohre ich seinen Finger in die eigene Nase«,
zischte der Oberkommissar zornig. Christoph wusste, dass Große Jäger sich
ungern zum Gespött machen ließ.
    »Du wartest hier«, beschied Christoph ihn. »Mich
interessiert, wie die beiden nach St. Peter-Ording kommen.«
    Große Jäger wollte losstürmen. »Ich frage sie
einfach.«
    »Nein! Du bleibst hier. Ich möchte keine Eskalation.
Du bist ein vernunftbegabter Beamter.«
    Der Oberkommissar stampfte mit dem Fuß auf den Boden.
»Dann wäre ich der Erste dieser Spezies, auf den diese Aussage zutreffen
würde.« Zumindest zeigte er den Anflug eines Lächelns.
    »Zünde dir eine Zigarette an.«
    Erstaunen trat in Große Jägers Gesicht. »Was? Das
sagst ausgerechnet du ?«
    »Der Zweck heiligt die Mittel. Wenn ich dich damit
ruhigstellen kann – warum nicht?«
    Die Gruppe Jugendlicher um Nicolaus von der Hardt
beachtete Christoph nicht, der mit angemessenem Abstand folgte. Am Rande des
Schulgeländes blieben sie stehen und sprachen mit einem jungen Mann, der dort
gewartet hatte. Aus der Distanz machte der Mann einen fremdländischen Eindruck.
Es sah nicht aus, als würde die Gruppe um Nico Freundlichkeiten mit dem anderen
austauschen. Einer aus dem Pulk machte zwei Schritte auf den Neuen zu und
zeigte eine Drohgebärde. Gottlob eskalierte die Situation aber nicht weiter.
Lautstark schob die Truppe weiter, bis sie vor einem Suzuki Jimny der
Sonderedition »Rock am Ring« stehen blieb, dessen Verdeck offen war.

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