Tod am Kanal
warf Große Jäger einen Blick zu. Die gleiche
Farbe hatte das Boot, in dem Ina Wiechers gefunden wurde.
»Gibt es sonst noch Besonderheiten an dem Kanu?«
»Sicher«, sagte Trochowitz. »Am Bug war die Kennziffer
vierundsechzig aufgemalt.«
Der Oberkommissar nickte Christoph zu. Dann legte
Große Jäger dem Hausmeister vertraulich seine Hand auf die Schulter. Unmerklich
zuckte Trochowitz zusammen.
»Sag mal, Harry, mein Freund. Als Hausmeister hat man
doch ‘nen Scheiß-Job. Man wird für alles verantwortlich gemacht und hat oft das
Gefühl, die Leute halten einen für ‘nen Trottel. Dabei läuft ohne euch doch gar
nichts.«
Trochowitz nickte eilfertig. »Das hast du wohl recht.«
»Man ist für alles zuständig. Auch kleinere
Reparaturen muss der Hausmeister ausführen, für die jeder andere wie
selbstverständlich den Handwerker ruft.«
»Ich kann das aber«, protestierte der Mann im grauen
Kittel.
»Dann hast du doch sicher eine gut eingerichtete
Werkstatt?«
»Natürlich.«
»Können wir die mal sehen?«
Trochowitz machte einen seitlichen Ausfallschritt und
schüttelte damit die Hand des Oberkommissars ab. »Warum denn?«
»Mich interessiert das, weil ich selbst Heimwerker
bin.« Große Jäger lächelte dem Mann freundlich zu.
»Von mir aus«, brummte der Hausmeister und ging voran.
Im Schulgebäude zweigte vom Hauptflur des Erdgeschosses ein kleiner Gang ab.
»Dahinten geht’s zu meiner Wohnung«, zeigte er auf eine Tür. »Und hier ist
meine kleine Werkstatt.«
Umständlich zog Trochowitz ein dickes Schlüsselbund
aus der Hosentasche, das dort durch eine Kette gesichert war. Er fingerte einen
Schlüssel heraus und öffnete die stabile Metalltür, in deren Lack ganze
Schülergenerationen fröhliche und böse Botschaften eingeritzt hatten.
In dem Raum mit den ungeputzten Betonwänden roch es
muffig. Nach mehreren Startversuchen flackerte die Neonröhre an der Decke auf
und spendete ein kaltes Licht.
In einem roh gezimmerten Regal lagerte eine Reihe
elektrischer Geräte. Schachteln und Kartons vervollständigten das Sammelsurium.
In einer Ecke waren achtlos Rollen mit elektrischem Kabel gestapelt. Daneben
türmten sich verpackte Leuchtmittel. Eine Werkbank war mit einigen Werkzeugen,
zwei angesägten Metallrohren und einem ölverschmierten Putzlappen bedeckt. An
der Wand hingen mehrere Lochplatten für die Werkzeuge. Trochowitz hatte die
Silhouetten der Geräte mit einem Filzstift nachgezeichnet, sodass er nach
Gebrauch auf schnelle Weise den Platz für den gerade benutzten Gegenstand
wiederfand.
»Was fehlt denn da?«, fragte Große Jäger.
»Ein Kreuzschlitz, ein kleiner Hammer und ‘ne kleine
Metallsäge.«
»Und wo ist das Werkzeug?«
Der Hausmeister zeigte auf die Werkbank. »Die Säge ist
da. Der Hammer und der Schraubenzieher sind im Chemieraum. Dort hat jemand ein
Kabel von der Wand gezogen. Ich war gerade dabei, es wieder zu befestigen.«
»Und dies hier?«
Der Oberkommissar zeigte auf eine andere leere Stelle.
»Das ist eine Kabelzange.«
»Ist die auch im Chemieraum?«
»Nee, wozu denn?«
»Weil sie fehlt. Wo kann sie sein?«
Der Hausmeister zuckte ratlos mit den Schultern.
»Keine Ahnung. Ich hab sie nicht.«
»Wer hat Zugang zu diesem Raum?«, mischte sich
Christoph ein.
»Ich.«
»Sonst noch jemand?«
»Nein. Den Schlüssel habe ich immer bei mir. Meine
Frau könnte sich den greifen. Aber die hat nix am Hut mit Handwerkszeug.«
»Gibt es noch weitere Schlüssel?«
»Eigentlich nicht.« Trochowitz überlegte einen Moment.
»Doch. Natürlich. Im Sekretariat gibt es einen Schlüsselkasten. Dort müsste
noch einer hängen.«
»Und wer kann sich den unbemerkt ausleihen?«
»Keiner. Darauf passt doch die Sekretärin auf.«
»Hm«, sagte Große Jäger. »Aber die ist krank. Also ist
das Büro nicht besetzt.«
»Oh verdammt.« Der Hausmeister sah abwechselnd zu
Christoph und Große Jäger. »Daran habe ich nicht gedacht.«
»Das möchte ich mir ansehen«, sagte Christoph, und sie
gingen ins Sekretariat. Der Raum war jetzt abgeschlossen.
»Wer hat das gemacht?«
»Ich vermute, das war der Direx, als er gegangen ist.«
Große Jäger sah auf die Uhr. »So ‘n Job möchte ich
auch haben. Mittags Feierabend machen.«
»Wem gehören die Kanus, die wir draußen am Steg
gefunden haben?«, fragte Christoph, ohne auf die Zwischenbemerkung des Oberkommissars
einzugehen.
»Soweit ich weiß – dem Schulverein. Aber die Dinger
werden kaum noch genutzt.«
»Und wer
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