Tod am Kanal
auch der Aufruf der
Polizei, dass sich mögliche Zeugen bei uns melden sollen.« Christoph blickte
auf den dritten Schreibtisch im Raum. »Wilderich kommt wie immer später. Hat er
dir etwas von seinen Bemühungen erzählt, einen Beitrag für die Verabschiedung
vom Chef zu liefern?«
Mommsen schüttelte stumm den Kopf.
Sie arbeiteten eine Weile schweigend an Vorgängen, die
auf ihren Schreibtischen lagen, bis Christoph durch das Klingeln seines
Telefons aufgeschreckt wurde.
»Hallo, Frau Dr. Braun«, begrüßte er die Leiterin der
wissenschaftlichen Kriminaltechnik im Landeskriminalamt Kiel.
»Sie waren doch selbst einmal hier im LKA ?«, fragte Dr. Braun. »Dann sollten
Sie doch wissen, dass hier ständig Personal abgebaut wird. Und wenn wir dann
auch noch als Boten missbraucht werden, kommen wir überhaupt nicht mehr zu
unserer eigentlichen Arbeit. Warum muss ich Ihnen das Untersuchungsergebnis der
Rechtsmedizin mitteilen? Sie hätten es sich doch direkt bei Dr. Diether abholen
können.«
»Damit wäre mir aber das Vergnügen entgangen, mit
einer der sympathischsten Kolleginnen der ganzen Polizei zu plaudern«, säuselte
Christoph in die Sprechmuschel. Jeder wusste, dass die Wissenschaftlerin
tödlich beleidigt war, wenn Informationen an ihr vorbeiliefen.
»Ich bin mir nie sicher, ob Sie es ernst meinen«, kam
es zweifelnd über die Leitung. »Jedenfalls liegt uns das Ergebnis der Autopsie
vor.« Sie wiederholte das, was Dr. Hinrichsen bereits am Vortag bei der ersten
Inaugenscheinnahme vermutet hatte. »Ich kenne auch schon Ihre nächste Frage.«
Sie legte eine Pause ein und fuhr erst fort, als Christoph fragte: »Und die
wäre?«
»Sie wollen wissen, ob die Frau einem Sexualdelikt zum
Opfer gefallen ist. Nein! Die Pathologen haben Spermaspuren gefunden, aber die
sind mindestens zwei Tage alt.«
»Also vom Sonntag.«
»Ich kann mir vorstellen, was jetzt in Ihrem
männlichen Gehirn vorgeht«, sagte Dr. Braun.
Christoph tat entrüstet. »Da muss ich Sie enttäuschen.
Ich habe an nichts gedacht.«
»Das entspricht dem männlichen Wesen«, sagte die
Kieler Wissenschaftlerin lachend und verabschiedete sich.
»Dann müssen wir nach einem anderen Motiv suchen«,
sagte Mommsen, nachdem Christoph ihm von dem Telefonat berichtet hatte. »Da
auch das Mordwerkzeug vorbereitet war, muss der Täter die Tat wohlüberlegt
geplant und durchgeführt haben.«
»Und wir müssen versuchen, herauszufinden, mit wem Ina
Wiechers am Wochenende zusammen war. Wenn wir den Kreis der Verdächtigen
eingrenzen können, könnten wir die Übereinstimmung durch eine DNA -Analyse feststellen.«
»Das muss aber nicht der Mörder sein«, gab Mommsen zu
bedenken.
»Das stimmt. Aber wir dürfen nicht unberücksichtigt
lassen, dass eventuell eine Beziehungstat vorliegt. Und da gehören nun einmal
Personen aus dem Umfeld des Opfers zum engsten Kreis der Verdächtigen.«
»Und wer gehört zu diesem erlauchten Kreis?«, fragte
Große Jäger, der in diesem Moment ins Büro gepoltert kam und eine Art
hochbeinigen Dackel hinter sich herzog.
Christoph musste lachen. »Du solltest deinem Hund
Rollschuhe verpassen, dann musst du ihn nicht gegen seinen Willen
hinterherschleifen.« Er hatte es aufgegeben, dem Oberkommissar das Mitbringen
des Tiers ins Büro zu untersagen. Große Jäger bestand darauf, dass der Hund
eines Polizisten ein Polizeihund sei. Und dieser gehöre nun einmal auf eine
Polizeistation. Basta.
»Hallo, Blödmann«, sprach Christoph die Dachsbracke
an. Beim Nennen seines Namens hob der Hund müde seinen Kopf und rollte sich
dann unter Große Jägers Schreibtisch zusammen.
Mommsen wedelte mit einem Blatt Papier. »Hier ist eine
Anzeige eingegangen. In der Nacht von Sonntag auf Montag gab es einen
Einbruchsversuch in St. Peter. Zuerst wurde eine Seitentür der Garage
aufgebrochen. Dann gab es einen Versuch, ins Haus einzudringen. Der ist aber
gescheitert.«
»Und wo war das?«
»›Zum Südstrand‹ heißt die Straße. Der Hauseigentümer
heißt Wilken F. Harms.«
»Was wurde gestohlen?«
»Harms gibt an, dass er das nicht sagen kann. Im
Protokoll steht, er habe auf mehrmalige Nachfrage immer wieder versichert, es
würde sich um ›Kleinkram‹ handeln. Einen Überblick habe er nicht. Dann ist noch
etwas merkwürdig. Der Einbruch soll in der Nacht zum Montag stattgefunden
haben. Er wurde aber erst gestern, am Dienstag, gemeldet. Hierzu merkt das
Protokoll an, dass Harms vorher nichts bemerkt haben will.«
»Das
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