Tod am Kanal
in einem ruhigerem
Ton an.
»Glauben Sie, dass Ihre Tochter am Eidergymnasium eine
optimale Bildung erfährt? Bei Ihren Möglichkeiten sollte man vermuten, dass es
da andere Schulen gibt.«
»Ich möchte Rebecca eine umfassende und qualifizierte
Ausbildung zukommen lassen, ohne dass sie dabei den Bezug zum tatsächlichen
Leben verliert. Deshalb besucht sie auch kein Internat. Meine Wahl dieser
Region kommt nicht von ungefähr. Ich wollte das Mädchen aus dem Sumpf Hamburgs
heraushalten.« Von Rantzau war aufgestanden. »Ich glaube, ich habe alles
gesagt. Ich werde die Angelegenheit im Auge behalten. Auch Sie, meine Herren.
Auf Wiedersehen.« Ohne eine Antwort abzuwarten, verließ er das Zimmer.
»Was war das für eine Veranstaltung?«, fragte Große
Jäger. »Ich habe nicht verstanden, was der Mann von uns wollte.«
»Das war doch deutlich. Er glaubt, uns unter Druck
setzen zu können, damit wir gegen Nicolaus von der Hardt vorgehen, ohne dass
von Rantzau dabei in Erscheinung tritt. Wasch mich, aber mach mich nicht nass,
heißt das Spiel.«
Große Jäger parkte seine Beine in der Schreibtischschublade,
zündete sich eine Zigarette an, blies den Rauch in die Luft und sah Christoph
an. »Und was willst du jetzt unternehmen?«
»Ich werde sogleich ein Bataillon in Bewegung setzen.
Harm und Hilke können nach dem Besenstiel suchen, von dem die Holzstücke
abgebrochen wurden, die für die Knebel an der Drahtschlinge verwendet wurden.«
»Das ist eine gute Idee«, pflichtete Große Jäger bei.
»Hilke ist dafür die ideale Besetzung. Als Hausfrau und Hexe müsste sie sich am
besten mit dem Besenstiel auskennen.«
»In der Zwischenzeit kannst du die Berichte
fertigstellen, auf die ich schon seit geraumer Zeit warte.«
Der Oberkommissar bemühte sich, die Augen weit
aufzureißen und einen entsetzten Gesichtsausdruck zu machen. »Das würde ich ja
gern machen, aber ich glaube, Hilke braucht einen erfahrenen Kollegen als
Begleitung für die Aufgabe. Ich werde in den sauren Apfel beißen und sie auf
der Suche nach dem Besenstiel begleiten.«
Die rotblonde Kommissarin mit dem wuscheligen Haar,
der Stupsnase und den Sommersprossen saß auf dem Beifahrersitz und hatte sich
vom Oberkommissar informieren lassen.
»Hast du auch solche Probleme mit deinen Kindern,
Tante Hilke?«, fragte Große Jäger und fluchte im Anschluss über einen anderen
Autofahrer, der sich korrekt an das vorgeschriebene Tempolimit hielt: »Dieser
Schusselmeier. Der hat seinen Führerschein wohl selbst geschnitzt. Merk dir das
Kennzeichen. Der bekommt eine Anzeige wegen zu schnellen Parkens.«
»Nun behalt die Nerven, Onkel Remmidemmi.« Hilke
spielte damit auf Große Jägers zweiten Vornamen Remigius an. »Meine beiden
Töchter versuchen zwar auch manchmal, ihren eigenen Weg zu gehen. Das ist ganz
natürlich. Aber wir finden letztlich immer einen Kompromiss. Auch das gehört
dazu.«
»Deine Deern sind nur deshalb so brav, weil ihr in der
Abgeschiedenheit von Treia haust. Da hast du ja keine Chance, aus der Art zu
schlagen. Das ist bei den Kids, die in der Metropole Friedrichstadt die Schule
besuchen oder gar im Sündenbabel St. Peter-Ording wohnen, schon anders.«
Hilke lachte herzerfrischend. »Deine Interpretationen
sind einmalig. Wie gut, dass du nicht als Marketingmanager für die
Touristenzentrale arbeitest.«
»Dann hätten wir diesen schönen Landstrich für uns
allein.« Er knuffte seiner Kollegin vorsichtig in die Seite. »Nur wir beide.
Das wäre doch was.«
»Ich bin glücklich verheiratet. Außerdem könnte ich
mir dich nicht als Stiefvater meiner Töchter vorstellen.«
Sie schwiegen eine Weile, bis Große Jäger vor dem
Schulgebäude hielt. Von Weitem sahen sie den Hausmeister, der im Eingang des
Gebäudes stand.
»Das ist mein Freund Harry«, stellte der Oberkommissar
Trochowitz vor. »Und dieses ist meine Lieblingskollegin. Wir brauchen noch
einmal deine Hilfe.«
Der Hausmeister sah die beiden Polizisten ungläubig
an. »Meine?«
»Ja. Hast du einen Besen?«
»Schöner Mist«, fluchte der Hausmeister. »Van Oy hat
mich fürchterlich angemacht, weil der Zugangsbereich nicht gefegt ist.« Er
zeigte auf den Platz vorm Eingang, auf dem Laub, Abfall und Schmutz durch den
sanften Wind hin und her bewegt wurden. »Ich bin ja einiges gewohnt an dieser
Penne, aber dass die mir auch noch den Besen klauen …«
»Seit wann vermisst du den?«
Trochowitz kratzte sich den Hinterkopf. »Wart mal.
Montag hab ich noch gefegt. Nach der
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