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Tod am Kanal

Tod am Kanal

Titel: Tod am Kanal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Nygaard
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verstehe ich nicht«, warf Große Jäger ein. »Woher
will er dann wissen, dass die Tat schon am Sonntag stattgefunden hat? Am
Montagabend oder in der Nacht zum Dienstag wurde Ina Wiechers ermordet. Wir
haben nun ein Luxusproblem. Was ist, wenn der Draht, mit dem die Frau getötet
wurde, mit einem bei Harms entwendeten Werkzeug abgeschnitten wurde?«
    »Das Ganze ist merkwürdig«, gab Christoph zu bedenken.
»In der Schule wird mit Sicherheit, bei Harms eventuell, Werkzeug entwendet.
Außerdem sind Drahtabschnitte an der Schule und bei von der Hardt auffällig.
Das sieht aus, als würde uns jemand komplett verwirren wollen.«
    »Ein ganz Schlauer, der glaubt, dadurch seine Spuren
verwischen zu können. Einer, der meint, das perfekte Verbrechen begehen zu
können. Das empfinde ich als persönliche Beleidigung. Aber was hat Christoph
schon festgestellt: Der Täter gehört zu den Intelligenten.« Große Jäger drehte
sich zu Mommsen um. »Was ist mit dir los, Harm? Wieso hast du keinen Kaffee
gekocht?«
    »Weil ich nicht vor dem Mittag mit deinem Erscheinen
gerechnet habe«, erwiderte der junge Kommissar und ging zur Kaffeemaschine auf
der Fensterbank.
    Bei Christoph meldete sich der Beamte vom Eingang und
kündigte einen Besucher an. Kurz darauf klopfte es an der Tür und ein
hochgewachsener Mann trat herein. Er mochte die sechzig erreicht haben, hatte
aber eine aufrechte, fast athletische Figur. Volles dunkles Haar, durchsetzt
mit grauen Strähnen, ein gepflegter Schnauzbart, die Brille aus hellem Horn und
ein ausdruckstarkes Kinn prägten das Gesicht des Mannes. Sein dunkler, dezent
gestreifter Anzug, das blütenweiße Hemd mit der dezenten silbernen Krawatte und
die vorschriftsmäßig geknöpfte Weste verliehen ihm ein Respekt heischendes
Aussehen.
    Er sah sich im Raum um und steuerte zielsicher auf
Christoph zu. »Sind Sie der leitende Beamte?«, fragte er.
    »In welcher Angelegenheit?«, gab Christoph zurück.
»Mein Name ist Johannes.«
    »Es geht um meine Tochter. Mein Name ist Rantzau.«
    »Nehmen Sie bitte Platz.« Christoph wies auf den
Besucherstuhl. Der Mann zog aus einer Innentasche seines Sakkos eine Karte
hervor. »Prof. Dr. jur. Benedikt Freiherr Ehrenberg zu Rantzau«, las Christoph.
Der Mann war Seniorpartner in einer Anwaltskanzlei für Wirtschaftsrecht in
Hamburg, die seinen Namen trug.
    »Ich bin der Vater von Rebecca Freiin Ehrenberg zu
Rantzau. Wie ich gehört habe, haben Sie meine Tochter bereits kennengelernt.«
    Christoph nickte, während Große Jäger mit seinem Stuhl
an den Schreibtisch heranrückte. Von Rantzau maß ihn mit einem abschätzenden
Blick. Dem Gesicht des Anwalts war anzusehen, dass das Urteil nicht positiv
ausfiel.
    »Sie haben davon Kenntnis erhalten, dass meine Tochter
diskriminierenden Anfeindungen ausgesetzt ist. Ich möchte wissen, was Sie
dagegen zu tun gedenken.«
    »Ist das nicht in erster Linie eine Aufgabe der
Schule? Oder möchten Sie Anzeige erstatten, Herr Rantzau?«, mischte sich Große
Jäger ein.
    »Dr. Ehrenberg zu Rantzau bitte, Herr, äh …«
    »Oberkommissar Große Jäger.«
    Der Anwalt sah Christoph an. »Sie sind – was?«
    »Hauptkommissar.«
    »Gibt es hier einen Ansprechpartner aus dem höheren
Dienst?«
    »Ich bedaure«, sagte Christoph. »Wir sind leider nicht
so besetzt, wie es der Stellenplan eigentlich vorsieht. Ich fürchte, Sie müssen
mit mir vorliebnehmen. Sie möchten also Anzeige erstatten.«
    Von Rantzau lehnte sich entspannt zurück. »Das habe
ich nicht gesagt. Ich kann nur nicht dulden, dass meine Tochter von diesem
Pöbel gemobbt wird.«
    »Wen meinen Sie mit Pöbel?«
    »Die Namen sind Ihnen bekannt, wie mir die Schule
vergewissert hat.«
    »Wir möchten sie aber von Ihnen hören.«
    »Dazu sehe ich keine Veranlassung. Wie bedeutsam mir
die Angelegenheit ist, erkennen Sie daran, dass ich die Zeit aufwende,
persönlich hierher nach Husum zu kommen. Ich bin ein viel beschäftigter Mann
und kann mir solche Exkursionen in die nordfriesische Provinz eigentlich nicht
leisten.«
    »Es geht aber um das Wohlergehen Ihrer Tochter. Das
sollte Ihnen der Besuch in dieser Stadt wert sein.«
    Durch ein Heben der Augenbrauen gab von Rantzau zu
verstehen, dass er Christophs Replik auf die von ihm vorgebrachte
»nordfriesische Provinz« verstanden hatte.
    »Ich investiere viel in die standesgemäße Unterkunft
und Erziehung des Mädchens. Das sehe ich als Verpflichtung gegenüber Rebecca.
Und das Mädchen dankt es auf ihre eigene Weise«, fügte er

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