Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Tod am Kanal

Tod am Kanal

Titel: Tod am Kanal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Nygaard
Vom Netzwerk:
finden wir ihn?«,
versuchte Hilke die Frau zu beruhigen.
    »Nur reden?«
    »Ja. Nicht mehr.«
    »Vielleicht ist Marktplatz. Fouad oft Marktplatz.«
    »Na schön«, stöhnte der Oberkommissar. »Auf ins
Zentrum.« Auf dem Weg zum Auto klopfte er sich gegen die Taschen seiner Jeans,
dann durchsuchte er seine Lederweste.
    »Ist dir deine gute Laune abhandengekommen?«, lästerte
Hilke Hauck.
    »Schlimmer. Ich habe keine Zigaretten mehr.«
    Sie fuhren zurück in die Stadtmitte und fanden einen
Parkplatz auf dem kopfsteingepflasterten Markt. Große Jäger zeigte auf eine
Gruppe junger Leute, die auf den Stufen des historischen Marktbrunnens hockte.
»Das ist er. Der Linke.«
    Sie stiegen aus.
    Während Hilke Hauck langsam auf die Gruppe zuging,
rief ihr der Oberkommissar hinterher: »Warte. Ich hole mir schnell Zigaretten.«
Er verschwand in Richtung Prinzenstraße.
    Hilke Hauck hatte sich den jungen Männern genähert.
»Hallo«, sagte sie und versuchte, ihre Stimme zwanglos klingen zu lassen. »Bist
du Fouad?«
    »Mensch, jetzt machen dich schon alte fette Weiber
an«, lästerte einer der Jugendlichen.
    Al-Shara warf sich in die Brust. »Ich bin der Größte.
Von mir wollen alle gevögelt werden. Hast du das nicht gewusst, Macker?«
    »Können wir normal miteinander reden?«, fragte Hilke
und blieb vor dem Jungen stehen. »Es klingt besser, wenn wir wie Erwachsene
miteinander umgehen.«
    »Mach mich nicht an. Ich hab dich nicht zum Quatschen
eingeladen.«
    Die Kommissarin ließ sich durch das Machogehabe des
Jungen nicht beeindrucken. Eines ihrer Schwerpunktthemen in der Husumer
Kripostelle war die Bearbeitung der Jungendkriminalität. Sie wusste, dass sich
Fouad vor seinen Kameraden produzieren wollte.
    »Ich bin von der Polizei. Ich möchte mit Ihnen reden.
Können wir ein paar Schritte gehen?«
    Einer der beiden anderen fing lauthals an zu lachen.
»Sieh mal. Fouad läuft einem Rock hinterher. Wie ein Schoßhund.«
    Der Stich saß. »Verpiss dich, Alte. Sonst kack ich
dich an«, warf sich der Libanese in Pose und stieß Hilke gegen die Brust.
    Das konnte die Kommissarin nicht mehr akzeptieren.
»Jetzt reicht’s«, sagte sie energisch und machte einen Schritt auf Fouad zu.
Ehe sie reagieren konnte, holte der Jugendliche aus und schlug ihr mit der
Faust mitten ins Gesicht. Es knackte laut und vernehmlich, dann schossen Hilke
die Tränen in die Augen. Benommen taumelte sie zurück. Eine Welle des Schmerzes
erfasste ihre Nase und breitete sich über den ganzen Kopf aus. Ihre Knie wurden
weich, und sie sackte zuerst in die Hocke, dann auf den Boden. Blut schoss aus
Nase und Mund.
    Durch einen Tränenschleier sah sie, wie der Jugendliche
ausholte und sie treten wollte, als er plötzlich zurückgerissen wurde.
    »Ich mach dich kalt, du Kanake«, sagte eine fremde
Stimme. »Jetzt bist du dran.«
    Fouads Stiefel verschwanden aus Hilkes Gesichtsfeld.
Sie hatte Mühe, den Worten um sich herum zu folgen, so sehr schmerzte es.
    »Mach kein’ Scheiß. Pack das Messer weg«, hörte sie
wie durch Watte die Stimme des Libanesen. »Was soll das, eh?«
    »Ich bring dich um, du blödes Schwein, wenn ich dich
noch einmal in Friedrichstadt sehe. Verpiss dich. Auf immer.«
    Von ferne hörte Hilke die vertraute Stimme Große
Jägers. »Halt. Polizei. Sofort aufhören«, drang die markige Stimme des
Oberkommissars über den Marktplatz. Schwere Schritte näherten sich. Dann sah
sie verschwommen das unrasierte Gesicht ihres Kollegen.
    »Hilke, Mädchen, was ist mir dir? Bist du okay?«,
fragte der Oberkommissar und presste vorsichtig ihr Gesicht an seine Brust. Mit
dem Ärmel seines Holzfällerhemds versuchte er behutsam, Blut abzutupfen, ohne
dabei an die aufgeplatzten Lippen zu kommen. »Ich habe kein anderes Tuch«,
entschuldigte er sich.
    »Verdammt noch mal! Kann mal jemand den Rettungswagen
rufen!«, fluchte Große Jäger in die Runde der Gaffer, die einen Kreis um die
beiden Beamten zu bilden begannen. »Und die Polizei!«
    Hilke schien es, als würde eine Ewigkeit verstreichen,
bis sie in der Ferne das Martinshorn des Rettungswagens hörte. Während der
ganzen Zeit hielt der Oberkommissar ihren Kopf, streichelte sanft über ihr Haar
und murmelte unentwegt: »Es wird alles wieder gut, mein Mädchen. Alles.«
    Christophs Beine baumelten in der Luft. Er saß auf der
Ecke von Große Jägers Schreibtisch. Mommsen, der den Arbeitsplatz gegenüber vom
Oberkommissar hatte, sah ebenfalls hinüber.
    »Nun mach dir keine Gedanken. Gegen

Weitere Kostenlose Bücher