Tod am Laacher See
fürs Wütendsein meine geschiedene
Frau.«
»War da nicht noch ein Sohn?«, fragte sie schmunzelnd.
»Oh, natürlich, Stefan. Der ist eine Herausforderung. Ich versuche,
ihn lebenstüchtig zu erziehen und ihm alles Wichtige beizubringen. Hanf-Anbau,
Autos knacken, alte Meister kopieren. Morgen versuchen wir einen Chagall. Wir
mögen beide Motive mit Kirchen und Eseln.«
Sie lachte wieder dieses Lachen, und Wärmland wurde es ganz warm ums
Herz. Ich sollte mit dem Unfug aufhören, sonst bin ich ihr bald verfallen,
dachte er. Aber er hatte einfach zu viel Freude an ihrem Lachen.
»Also wenn Sie meinen, dass das für seine Zukunft sinnvoll ist … Ich
hätte allerdings etwas mehr von Ihnen erwartet.«
»Sie haben recht. Ich hatte es auch schon mit Picasso versucht. Aber
ich konnte Stefan die Rosa Periode nicht verständlich machen. Ein echtes
Versagen.«
Sie plauderten noch eine Weile über die alltäglichen und besonderen
Aufgaben der Kindererziehung, ihre familiären Hintergründe und ihre Berufe. Wie
zwei alte Bekannte, die sich eine Weile nicht gesehen hatten. Als irgendwann
ihr Handy läutete, stellte Wärmland fest, dass die Zeit wie im Flug vergangen
war. Eine ihrer Töchter war am Apparat.
»Ich komme gleich und hole dich ab«, sagte sie ernst und schaute
Wärmland an, während sie das Telefon wieder einsteckte. »Anni hat sich beim
Tennis wehgetan. Sie ist wohl umgeknickt. Ich muss sie abholen.« Sie stand auf
und lächelte. »Danke für Ihren Überfall, Herr Hauptkommissar. Sie sind aber
eigentlich zu schade für einen schmierigen Türsteherposten. Sie sollten sich
ganz auf die Polizeiarbeit konzentrieren.«
»Ich überleg es mir. Danke für Ihr Vertrauen«, erwiderte Wärmland
und erhob sich ebenfalls. »Ich hoffe, alles wird gut bei Ihnen.« Er meinte es
so, ließ aber offen, was das Gute sein würde, denn er wollte sich aus dem Pool
der guten Lösungen wider besseres Wissen nicht ganz herausnehmen. Er reichte
ihr die Hand, ganz gespannt, ob sie im Hinblick auf ein Wiedersehen noch etwas
sagen würde, und wurde nicht enttäuscht.
»Wenn Sie wieder mal in Koblenz sind, rufen Sie mich doch an und
kommen Sie auf einen Kaffee vorbei, wenn Sie mögen. Den Namen Althoven gibt es
im Koblenzer Telefonbuch nur einmal.«
Wärmland hätte sie am liebsten umarmt, aber er beherrschte sich.
»Äh, gerne«, stammelte er etwas verlegen und nestelte eines seiner Kärtchen aus
der Jacketttasche. »Und wenn Sie mal in Mayen sind: Wir haben eine gemütliche
Arrestzelle, in der man ungestört plaudern kann.«
Das hättest du dir jetzt sparen können, dachte Wärmland. Aber sie
lächelte wieder, bezahlte am Tresen und verließ das Café.
***
Natürlich bat Ursula ihn nicht auf ein Stück Geburtstagskuchen
herein, als er an der Tür der Schwiegerelternvilla in der Mainzer Straße
klingelte. Das hatte er auch nicht erwartet. Aber er war doch enttäuscht, dass
sie Stefan nicht einmal ein Stück Kuchen für ihn mit auf den Weg gab.
Es war und blieb eben eine schwierige Situation mit ihm und seinen
ehemaligen Schwiegereltern. Er hatte sich nie besonders gut mit ihnen
verstanden. Und das Verhältnis war noch schwieriger geworden, seit Ursula ihn
verlassen hatte und mit Stefan bewusst von Mainz wieder in die Nähe ihrer
Eltern gezogen war. Er gehörte nun nicht mehr zum Team, und das ließen sie ihn
deutlich spüren. Daran änderte auch die Tatsache nichts, dass er seine Stelle
als Leiter der Mainzer Mordkommission aufgegeben und als Leiter des weniger
bedeutenden Kommissariates 1 bei der Kripo in Mayen angefangen hatte, um
in der Nähe seines Sohnes sein zu können.
Mit Stefan auf dem Beifahrersitz fuhr Wärmland diesmal zum anderen,
dem Hauptbahnhof näher liegenden Ende der Löhrstraße und parkte in der
Rizzastraße. Sie wollten sich im Odeon-Kino die Achtzehn-Uhr-Vorstellung eines
Filmes ansehen. Da sie aber etwas zu früh dort waren, gingen sie noch in die
große Buchhandlung, die nur ein paar Meter weiter in Richtung Bahnhof lag.
Stefan fand einen Fantasy-Roman, den er noch nicht kannte, und Wärmland
entdeckte einen Bildband mit dem vielversprechenden Namen »Traumland Eifel«.
Genau das richtige Geschenk für seine aus der Eifel stammende Mutter, die
Anfang November Geburtstag hatte.
Pünktlich zum Beginn der Werbung saßen sie auf ihren Plätzen im
Kinosaal und freuten sich auf zwei vergnügliche Stunden Kinoabenteuer. Obwohl
der Animationsfilm, den sie sich anschauten, kein Film übers Kochen war,
Weitere Kostenlose Bücher