Tod am Laacher See
ernüchtert.
»Ich hab nach dem Kennzeichen des Wagens geschaut. Das Modell konnte
ich leider nicht so genau bestimmen. Vielleicht ein Ford oder ein Franzose. Die
sehen ja heute fast alle gleich aus.«
»Wie lautete das Kennzeichen?«
»Ach so, ja, das fing mit MYK an, war
also ein Wagen aus dem Kreis Mayen-Koblenz. COC für Cochem hätte mich auch gewundert, denn die Angler, die aus der näheren
Umgebung stammen, kenne ich eigentlich alle. Aber wahrscheinlich gibt es auch
unter den Landratten auf dem Eifelplateau ein paar Anhänger der Moselfischerei.
Wer könnte es ihnen verdenken. Schließlich haben wir ja zum Beispiel auch viele
Niederländer hier, die gerne angeln.«
»Haben Sie sonst nichts erkannt auf dem Nummernschild?«
»Leider nein, da war Gras davor, weil er den Wagen neben den Weg
gestellt hat, um ihn nicht zu blockieren.«
»Und als Sie aufgebrochen und an dem Wagen vorbeigefahren sind?«
»Er war schon weg, als ich los bin.«
»Er ist vor Ihnen weggefahren?«, fragte Wärmland alarmiert.
»Oh ja, eine ganze Weile vor mir. Also, besonders viel Geduld hatte
der nicht mit seiner Angelei. Ist später gekommen als ich und viel früher
gefahren. Was erwarten solche Spezialisten wohl, wie man da zu Fisch kommen
soll, wenn man kaum zwei Stunden am Wasser ist?«
Wärmlands Spannung wuchs mit jedem Wort.
»Vielleicht hat ihn auch das Spektakel auf dem Campingplatz verscheucht.
Ich hatte selbst schon überlegt abzubrechen, weil es von da drüben so laut
herübergeschallt hat. Das war ja wirklich keine von diesen stillen, lauschigen
Angelnächten.«
»Verstehe«, sagte Wärmland. »Aber können Sie vielleicht etwas
genauer sagen, wann der Wagen weggefahren ist?«
»Na ja, das Feuer muss so gegen eins ausgebrochen sein. Weggefahren
ist er nicht allzu lange danach, jedenfalls noch vor halb zwei. Ich hatte, als
da drüben der Lärm so richtig losging, eigentlich eher zufällig noch mal zu seinem
Wagen geschaut. Und da war plötzlich wieder der Kofferraumdeckel oben. Kurz
darauf wurde er geschlossen, jemand stieg ein, und der Wagen fuhr langsam
rückwärts in Richtung Ort. Der war ja noch näher dran an dem ganzen Spektakel
als ich. Da wollte der wohl nicht länger dableiben.«
Wenn er wüsste, wie recht er hat, dachte Wärmland. Der wollte ganz
bestimmt nicht länger als nötig dableiben. Als zweifacher Mörder hatte er sogar
allergrößtes Interesse daran zu verschwinden.
»Was mich gewundert hat, war, dass er gar kein Licht angemacht hat,
als er losfuhr«, ergänzte der Alte noch.
Mich wundert das überhaupt nicht, dachte Wärmland. Er war inzwischen
sicher, dass es sich bei dem Fahrer des Wagens um den Täter gehandelt hatte.
»Anscheinend hat ihm das Licht ausgereicht, das vom Ort
herüberschien.«
»Wahrscheinlich. Vielen Dank, Herr …«
»Dembinski«, sagte der Alte.
»Herr Dembinski. Ich fand Ihre Aussagen sehr interessant. Alle, die
über die Fische und ganz besonders die über den Mann am Ufer.«
Der Alte stutzte einen Augenblick und musterte Wärmland genau. Dann
hatte er die richtige Idee.
»Ich bin zwar nur ein alter Angler mit knapp dreiundsiebzig Jahren
Lebenserfahrung. Aber könnte es sein, dass das ein ganz bestimmter Mann war?«
Wärmland erwiderte seinen Blick mit einem leichten Schmunzeln. »Ich
kann es nicht mit endgültiger Bestimmtheit sagen, aber Sie haben möglicherweise
denjenigen gesehen, der das Feuer gelegt hat.«
»Aber das war doch drüben auf der Insel. Wie soll er denn von seinem
Wagen aus dahin gekommen sein? Da hätte er ja einen großen Umweg über die
Brücke und das Campingplatzgelände machen müssen. Es sei denn, er wäre durchs
Wasser …«
Wärmland nickte. »Das ist genau der Punkt, Herr Dembinski.«
Er hatte sich Namen und Anschrift seines neuen Zeugen geben
lassen und sich dann auf den Rückweg gemacht. Im Büro angekommen, machte er
erst einen Abstecher zu Ruth Melchior, um ihr von den Ergebnissen seiner
Moseltour zu berichten. Sie kommentierte die neuesten Erkenntnisse mit einem
»Na, dann sind wir ja schon ganz dicht dran«. Sie hatte eben auch eine
ironische Ader.
Anschließend ging Wärmland in sein Büro und rief Trobisch an, um ihm
die Begegnung mit dem alten Herrn Dembinski zu schildern.
»Ich ruf gleich mal in der U-Haft an, dass sie für morgen ein Bett
richten sollen.«
»Wie kommst du denn darauf?«, wollte Wärmland wissen.
»Hast du nicht mit Melchior ausgemacht, dass du ihn spätestens
morgen hast?«
»Ich verlängere um
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