Tod am Laacher See
dem
Campingplatz drüben passiert ist?«
»Da war ich auch hier, ein kleines Stück weiter flussaufwärts. Es
gibt hier viele gute Stellen. Und es ist wunderbar ruhig, weil es auf dieser
Seite ja keine richtige Durchgangsstraße gibt, sondern nur diesen einfachen
Waldweg. Ich wechsle also schon mal die Stellen. An dem Abend war ich vielleicht
hundert Meter weiter oben.«
»Und ab wie viel Uhr?«
»Ich bin so etwa gegen zehn hier gewesen. Hab zwei Angeln ausgelegt,
auf Wels und auf Aal.«
»Auch auf Wels?«, fragte Wärmland erstaunt.
»Ja, ja, die sind so seit rund zwanzig Jahren im Kommen.«
»Und ich dachte immer, die gebe es in Deutschland nur in der Donau
und ihren Zuflüssen.«
»Nein, nein, die gibt es auch im Rhein. Immer schon. Da werden die
richtig groß. Vor Jahren haben die bei Ludwigshafen mal einen Burschen von zwei
Meter zwölf Länge und hundertvierundsechzig Pfund aus dem Rhein gezogen. Hier
in der Mosel erreichen sie inzwischen so an die fünfundzwanzig Pfund. Auch
schon zu groß für eine normale Pfanne.«
»Und wie sieht es mit Hecht aus?«, wollte Wärmland wissen, dessen
jahrzehntelang verschüttete Angelbegeisterung sich ein wenig zurückmeldete.
»Hecht ist nicht mehr so gut an der Mosel. Das war früher mal so,
vor dem Ausbau mit den Staustufen. Da hatten die Ufer noch Gras und
Schilfbestände, wo die Hechte ablaichen konnten. Davon ist heute kaum noch was
da, auch wegen des stärkeren Wellenschlags durch die Schiffe. Das ist ungünstig
für den Hecht.«
»Schade, aber wo gibt es heutzutage keine Veränderungen mehr durch
unsere Eingriffe? Eigentlich sind die doch allgegenwärtig. Aber hat sich denn
nicht auch irgendwas gebessert?«
»Der Zander hat profitiert. Der kommt viel besser klar mit den
Gegebenheiten. Der laicht auch an Bäumen oder Ästen, die im Wasser liegen. Und
wenn es ein altes Fahrrad ist. Der Zander ist da unkomplizierter.«
»An den hatte ich gar nicht gedacht. Hab auch nie einen gefangen,
damals als Teenager an der Lahn. Wie groß werden die eigentlich?«
»Vorigen Winter hat hier einer einen mit sechsundzwanzig Pfund
erwischt. War schon ein ordentlicher Fisch.«
Wärmland staunte, bis er sich wieder bewusst wurde, warum er den
Mann eigentlich aufgesucht hatte.
»Wie lange waren Sie hier in dieser Nacht?«
»Bis das ganze Theater vorbei war. Ich hab das Feuer gesehen, also
zumindest den Flammenschein. Das war ja von hier aus etwas verdeckt durch die
Bäume.«
»Sie sind die ganze Zeit über hier gewesen?«
»Na ja, es war so etwa halb drei, als ich wieder gefahren bin. Sie
müssen wissen, dass ich es ziemlich lange aushalte in meinem Ansitzsack. Das
ist so ein Teil, wie es die Jäger verwenden, wenn sie über Nacht oder bei Kälte
draußen sind. Die wärmen wirklich gut.«
Wärmland kam zur entscheidenden Frage. »Ist Ihnen vor oder während
der Sache mit dem Feuer irgendetwas aufgefallen?« Erwartungsvoll musterte er
den Mann und hoffte auf ein Ja. Es wurde keins, aber die Antwort ließ ihn
dennoch hoffen.
»Kommt darauf an, wie Sie das interpretieren. Ich habe niemanden mit
einem Flammenwerfer herumlaufen sehen oder so. Aber etwas war schon
eigenartig.«
Wärmland wurde ungeduldig. Er hätte dem Mann eine Handvoll
Colafläschchen angeboten für eine schnellere Erzählweise, wenn er noch welche
gehabt hätte. »Und was war das?«, fragte er stattdessen mit gezwungener Ruhe,
während er die Antwort kaum erwarten konnte.
»So etwa eineinhalb Stunden nach mir ist noch ein anderer Wagen von
Treis aus hier in den Uferweg hineingefahren. Er kam aber nicht bis zu mir,
sondern ist so vielleicht hundertfünfzig Meter weiter flussabwärts stehen
geblieben.«
Der Alte machte eine völlig überflüssige Pause, die überhaupt nicht
in Wärmlands Wunschkatalog vorkam. Noch enttäuschender waren die genannten
hundertfünfzig Meter, eine ungünstige Distanz für eine präzise Beobachtung.
»Und dann?«, fragte er nach. Diesmal wurde er mit etwas Erfreulichem
überrascht.
»Ich hab so einen kleinen Feldstecher, müssen Sie wissen. Den hab
ich rausgenommen und mal geschaut.«
Das mit dem Feldstecher gefiel Wärmland sehr gut, nicht aber die
erneute Berichtspause. »Haben Sie was erkennen können?«
»Die Kofferraumklappe war hochgeklappt, und ich hab niemanden
gesehen. Der hat wahrscheinlich seine Sachen hinter dem Wagen vorbereitet. Dann
war die Klappe irgendwann wieder unten, es war aber niemand mehr am Auto.«
»Ist das alles?«, fragte Wärmland
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