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Tod am Nil

Tod am Nil

Titel: Tod am Nil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anton Gill
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Zustand der Unschuld ?«
    »Der Baum wurde vernichtet, ehe er Früchte tragen konnte!« rief Surere erregt. Seine Hände umklammerten die Tischkante und er erhob sich halb. Gleich darauf hatte er sich wieder gefaßt, und mit ruhigerer Stimme fuhr er fort: »Deshalb habe ich dich gebeten, zu mir zu kommen. Du könntest mir helfen. Du könntest meine rechte Hand werden. Zusammen könnten wir Großes erreichen.«
    Huy antwortete nicht gleich; zu überraschend war Sureres Anliegen gekommen.
    »Du zögerst?« drängte Surere beharrlich. »Ich dachte, du wärest immer noch einer von uns.«
    »Ich weiß nicht mehr, was ich glaube«, sagte Huy. »Das Neue Denken hatte ohnehin nur die Elite erfaßt. Dem Volk war es egal. Jetzt ist das Nordreich verloren, und das Schwarze Land stürzte in ein Chaos, wie es seit Nebpehtyre Amosis vor zweihundert Jahren keines mehr gab.«
    »Glaubst du, dazu wäre es gekommen, wenn Echnatons Pläne nicht durchkreuzt worden wären? Wenn Haremheb nicht seine Ränke geschmiedet hätte... « Wütend brach Surere ab. Huy schaute sich instinktiv um. Sein ehemaliger Kollege hatte laut gesprochen, und seine Reden waren Hochverrat. Huy blieb keine Zeit, seine Gefühle zu ergründen, aber durch seinen Hinterkopf schoß der flüchtige Gedanke, daß er selbst schließlich kein Idealist war. Er mußte mit den Dingen leben, wie sie waren, und seine Arbeit bestand darin, daß er Leuten half, die sich wie er mit der bestehenden Ordnung arrangieren mußten. Die Vorstellung, in die Wüsten des Nordens zu ziehen, um dort eine religiöse Kolonie zu gründen, besaß keinerlei Reiz für ihn, und allmählich glaubte er, daß die Jahre der Gefangenschaft Surere trotz seiner glänzenden äußeren Erscheinung, die er sich wieder zugelegt hatte, um den Verstand gebracht hatten. Welche Leute mochten es sein, die ihn beschützten? Vielleicht ahnten sie nichts von seinen Plänen und brachten sich durch ihre Hilfeleistungen selbst in größte Gefahr. Oder waren es Leute, die Sureres Pläne kannten und vorhatten, ihm in die Wüste zu folgen?
    »Wann willst du fortgehen?«
    »Bald.«
    »Wann?«
    Surere sah ihn lange an. »Obwohl du ein Abtrünniger bist«, sagte er schließlich mit verzogenem Mund, »glaube ich nicht, daß du mich verraten wirst. Schon allein deshalb nicht, weil dir der Mut dazu fehlt. Ich will dir also vertrauen, weil es nur wenige gibt, mit denen ich sprechen kann wie mit dir. Und was ich dir zu erzählen habe, wird dich vielleicht doch noch bewegen, dir die Sache zu überlegen. Laß mich nicht im Stich, Huy.«
    Er sprach wie ein enttäuschter Vater, der gleichwohl immer noch bereit ist, zu vergeben. Huy sah, daß ihm nichts anderes übrig blieb, als mitzuspielen, wenn er noch weitere Informationen aus ihm herausholen wollte. Surere hatte jetzt so oft vom Zustand der Unschuld, dem zentralen Grundsatz seines Glaubens gesprochen, daß Huy allmählich begann, vage Zusammenhänge zu erkennen. Aber im nächsten Moment verwarf er das, was er kombiniert hatte, gleich wieder, weil es sich allzu glatt ineinanderfügte.
    »Erzähle es mir«, sagte er demütig.
    Surere betrachtete ihn forschend, so, als wolle er sich vergewissern, ob er wirklich Vertrauen in ihn setzen konnte. Aber er mußte sich einfach jemandem offenbaren.
    »Niemand weiß, was ich dir jetzt erzählen werde. Nicht einmal meine widerstrebenden Beschützer.« Er schwieg einen Augenblick. »Denke an unsere Große Königin, Nofretete.«
    Huy erinnerte sich an den prachtvollen Kopf, die herrliche Gestalt. Die sanften, freundlichen, intelligenten Augen, die nichts verrieten, aber jedem, der mit ihr sprach, den Eindruck vermittelten, er sei der klügste Mensch, dem sie je begegnet sei.
    »Sie segelte zu früh auf dem Boot der Nacht davon.«
    »Ja.« Die Königin war zweiundzwanzig gewesen. »Aber ihr Leben war erfüllt.«
    »Das kannst du nicht sagen! Ich kannte sie besser als jeder andere, außer dem König. Ich war ihr ergeben, und sie lohnte mir meine Ergebenheit mit ihrem Vertrauen.«
    Huy sah das vernachlässigte Grab im Tal vor sich und fragte sich, ob Surere auch daran dachte.
    »Sie hatte sieben Töchter vom König«, fuhr Surere fort. »Sieben Töchter und keinen Sohn. Und doch hat er sich nie eine andere Große Gemahlin gesucht. Er wußte, daß die Frucht ihres Schoßes von Aton bestimmt war. Sieben Gefäße der Reinheit, dazu ausersehen, großartige Kinder zu gebären, das Neue Denken durch die ganze Welt zu tragen, noch über das Große Grüne

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