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Tod am Nil

Tod am Nil

Titel: Tod am Nil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anton Gill
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wußte, daß er wahrscheinlich nur auf Kosten des Ruins vieler aufrichtiger Menschen ihm nun hier gegenübersaß, und diese Überlegung mäßigte Huys Sympathie ein wenig. Hoffentlich würde er auch Renis Frau kennenlernen, Neferuchebits Mutter; er fragte sich, ob sie auch Ähnlichkeit mit ihrer Tochter hatte.
    Wenn Reni sich von früher an Huy erinnerte, so gab er es nicht zu erkennen. Huy mußte zugestehen, daß der Empfang hier zwar bisher der herzlichste war, aber kein Wort darüber fiel, aus welchem Grund man Huy bisher nicht empfangen hatte. Huy spielte mit dem Gedanken, Reni deshalb zur Rede zu stellen, aber er kam zu dem Schluß, daß das seine Ermittlungen wahrscheinlich nur behindern würde.
    Reni deutete auf die Stühle; er selbst blieb stehen und rückte Taheb den ihren zurecht. Inzwischen waren Diener mit Weinkrügen und Essen erschienen: Honigkuchen, Feigen und Falkeneier. Um nicht gegen die Etikette der Gastfreundschaft zu verstoßen, ließ Huy sich einen Becher Wein einschenken, aber er hatte nicht vor, davon zu trinken. Er würde keine Blutopfer annehmen, und was auf Renis Tisch stand, waren Blutopfer. Er bemühte sich, seine Gedanken nicht durch seinen Blick zu verraten, aber er spürte, daß der alte Schreiber sie lesen konnte. Aber er ließ sich nichts anmerken. Vielleicht war Reni ja auch so von Schmerz überwältigt, daß für keinen anderen Gedanken mehr Raum blieb. Er war jedoch zu klug, um kein Gewissen zu haben. Ob er allerdings so abgefeimt war, nicht darauf zu achten, war eine andere Frage.
    »Ihr findet es hoffentlich nicht zu merkwürdig, daß ich hier sitze«, sagte Reni. »Genau hier hat Nephthys, meine mittlere Tochter, Nefi gefunden. Ich fühle mich ihr hier nahe - so als schwebe ihr Khou in meiner Nähe.« Er lächelte betrübt. Fiuy wußte nicht recht zu sagen, wieviel davon Theater war.
    »Was, glaubst du, ist passiert?«
    »Ich verstehe nicht... «
    »Aber meine Frage war doch sicher klar?«
    Renis Stirn verfinsterte sich fast unmerklich. »Meine Tochter wurde ermordet, hier, in meinem eigenen Garten. Niemand weiß, wie es geschehen ist und warum.«
    »Genau das ist die Frage«, konterte Huy gleichmütig; dieses langweilige Frage-und-Antwort-Spiel war ihm zuwider, aber er mußte sich ein Bild von der Persönlichkeit des Mannes machen, mit dem er es hier zu tun hatte. Er hatte den alten, verschlagenen Reni nicht vergessen, auch wenn Reni ihn vergessen hatte.
    »Du arbeitest jetzt für Kenamun?« fragte Reni mild.
    »Ja. Aber nur in dieser Angelegenheit«, sagte Huy. Er fühlte sich plötzlich unwohl, und es gefiel ihm nicht, wie ihm die Initiative entglitt.
    »Kenamun und ich, wir kennen uns. Wir besuchen uns gegenseitig«, fuhr Reni ungerührt fort.
    Huy ignorierte die Drohung. »Ich will dir nicht zu nahe treten. Ich tue hier nur meine Pflicht«, sagte er, und er haßte diesen von sich selbst überzeugten, schlauen Skorpion von einem Mann.
    »Nephthys fand Nefis Leichnam am Abend, als sie aus dem Haus ihres künftigen Gatten zurückkam. Meine Söhne waren noch nicht wieder da. Die Tore standen offen, und die Diener waren noch unterwegs.«
    »Im Garten?«
    »Das ist unwahrscheinlich. Das Haus ist groß, und es war zwar noch nicht spät, aber das Abendessen war abgeräumt; für die meisten von ihnen waren die Pflichten des Tages erledigt.«
    »Der Garten war also unbewacht?«
    Reni zuckte leicht die Achseln. »Das Haus liegt auf dem Palastgelände. Es hatte zwar einen Mord gegeben, aber niemand hatte Grund, einen zweiten zu erwarten.«
    »Aber du wußtest, daß Surere entflohen war. Daß er sich in der Stadt aufhielt.«
    Reni schaute Huy verächtlich an. »Ja. Der Medjay-Hauptmann hat das gleiche gesagt, und ich gebe dir jetzt die gleiche Antwort: Wie sollte ein entflohener Sträfling in den königlichen Bezirk hineingelangen? Alle Tore sind bewacht. Selbst du und deinesgleichen brauchen eine Sondergenehmigung, wenn sie hereinwollen.« Mit einer wegwerfenden, ungeduldigen Gebärde wandte er sich ab.
    »Läßt du eigene Leute an der Sache arbeiten?« fragte Taheb.
    Reni sah zu ihr hinüber. »Ipuky wollte, daß ich mich mit ihm zusammentue, aber ich habe beschlossen, die Angelegenheit den Behörden zu überlassen. Ich würde gar nicht wissen, welche Anweisungen ich meinen Leuten geben sollte. Aber meine Söhne... für sie kann ich mich nicht verbürgen.«
    »Wie haben sie reagiert?« Huy dachte an das, was er darüber bereits wußte.
    »Der Ältere war erbost - und er ist ein Mann

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