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Tod & Trüffel

Titel: Tod & Trüffel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carsten Sebastian Henn
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schlag dich nicht gern, Ernesto, alter Freund, aber das kann ich mir nicht von dir bieten lassen. Das verstehst du doch, oder?« Er nahm den Kopf des Geohrfeigten liebevoll in die Hände. »Also lach nicht so blöd! Sieh dich vor, dass ich dich nicht noch mal schlagen muss.«
    Er drehte sich um und ging, der Hund folgte ihm auf dem Fuß, als wäre er an das Bein des Menschen gekettet. Aurelius hatte genug gesehen und schlich sich durch das stechende Gebüsch weg, bis er wieder in einen Teil des Waldes kam, der noch keine glänzende Barriere aufwies.
    Dort trat er aus den schützenden Blättern.
    Und war nicht mehr allein.
    Drei Schatten lösten sich aus dem Grau des Waldes.
    »Schau an ... wer da zurückkehrt, obwohl er es nicht sollte.« Zwischen den Bäumen manifestierte sich das Wesen, welches den Namen ›Die Kralle‹ trug. Es kam langsam näher, wobei die Wege sich teilten, so dass einer der drei von vorne, die beiden anderen seitlich auf Aurelius zuschritten.
    »Ich habe meine Mission durchgeführt«, sagte Aurelius und duckte sich auf den Waldboden.
    »Wie gut ... dass wir hier auf der Lauer lagen ... zwar wegen der Menschen ... doch Arbeit ist Arbeit.« Wenn die Rede zwischen ihnen wechselte, geschah das so natürlich, wie bei einem Schwarm Vögel, der sich als ein Wesen fortbewegte und ansatzlos die Richtung änderte.
    »Wir hatten schon lange Zeit nichts zu tun ... und nichts zu fressen.« Sie legten den Kopf zur Seite, wie es junge Wölfe taten, wenn sie eine kleine Beute sahen, die versuchte zu fliehen, obwohl sie die Tatze schon auf deren Körper gelegt hatten.
    »Bringt mich zu Grarr, ich habe ihm etwas Wichtiges zu sagen!«
    »Dass du vor den Wölfen der Berge geflohen bist ... weiß er doch längst ... dein Bruder ist tief enttäuscht ... dein Anblick würde ihn nur noch mehr schmerzen.«
    »Es geht doch nicht um mein Treffen mit Schwarzreißer. Es ist etwas viel Bedeutenderes. Aber das sage ich nur meinem Bruder!«
    »Wie schade ... dann wird es niemand erfahren ... auf diesen Moment haben wir uns ... schon lange gefreut ... du wirst die gleiche Ehre erfahren ... wie alle vor dir.«
    Die Kralle sprang auf ihn, warf den alten Wolf erbarmungslos um, spreizte die Krallen und schlitzte ihm den Bauch auf. Dieser schmerzte nicht, wunderte sich Aurelius in Agonie, sondern fühlte sich jetzt kühl an, wunderbar kühl.
    So endete das Leben des alten Wolfes.
     
    In Niccolòs Kopf existierte keine Vorstellung davon, ob die Erde eine Kugel oder eine Scheibe war, oder was es überhaupt war, auf dem er lebte. Doch sein Gefühl sagte ihm nach den langen Tagen, in denen er gemeinsam mit Giacomo dem Lauf des Tanaro gefolgt war, dass die Welt einFluss war, der sich im Kreis drehte, sich wie eine Schlange selbst in den Schwanz biss und niemals endete. Giacomos Laune war miserabel. Vor allem schien ihn der Verlust seiner Barolo-Quelle in Alba zu schmerzen, denn wenn er einmal sprach, dann darüber.
    »Wenn die Kellerei in der Nähe von Rimella, von der du erzählt hast, keinen Barolo hat, dann bin ich sofort wieder weg. Verstanden? Die Autos der Menschen brauchen stinkenden Saft, damit sie rollen, ich brauche Wein. Kein Wein, keine Nase. Das hast du doch verstanden, oder?«
    Doch Niccolò hörte nicht hin, er war mit den Gedanken ganz woanders. Interessiert sah er sich die Kirche an, welche sich in dem Dorf erhob, das wie dutzende zuvor auf einem Hügel der Langhe balancierte. »Vielleicht ist die Welt doch eher wie eine Pizza. Vieles sieht auf ihr ähnlich aus, aber ist doch irgendwie anders.«
    »Jetzt fängst du auch noch von Pizza an! Wunderbar, wenn man seit ..., ich weiß nicht wie lang, von Fröschen und Mäusen lebt.«
    »Und einem Maulwurf!«
    »Genau. Einem Maulwurf. Wie konnte ich den nur vergessen?«
    Niccolòs Blick ruhte immer noch auf der Kirche. Neben dieser lag eine ehemals prachtvolle, nun aber verfallene Villa, deren Dach etliche Löcher aufwies. Aus dem größten strömten Tauben heraus und bedeckten den klaren Spätsommerhimmel.
    » Lagiorno! « Niccolò war, als stünde er plötzlich auf einer heißen Herdplatte, er musste springen und hüpfen und nochmals, immer höher. Rimella war nicht mehr weit! Bald war er wieder daheim, und er hätte Giacomo dabei. Los, er musste sofort los!
    »Wartest du vielleicht auf mich?«, rief Giacomo hinter ihm her. »Ich dachte, dein Dorf hieße Rimella?«
    »Komm schon! Komm endlich! «
    »Jaja, plötzlich muss es schnell gehen. Jetzt muss der alte Giacomo

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